Null Kompromissbereitschaft Fronten in Nahost unverrückt
15.09.2010, 09:38 Uhr
am 1. September hatte es so gut angefangen: Abbas (l) und Netanjahu stecken bei den direkten Verhandlungen in Washington die Köpfe zusammen.
(Foto: dpa)
Zwei Wochen nach der Wiederaufnahme der direkten Verhandlungen rücken weder Israelis noch Palästinenser einen Millimeter von ihren gegensätzlichen Standpunkten zum Baustopp für jüdische Siedlungen im Westjordanland ab. Derweil fordert die US-Regierung auf, nach "kreativen Wegen" für die Siedlungsfrage und andere Streitpunkte zu suchen.
Nach ihrem jüngsten Treffen in Ägypten wollen die Führungen Israels und der Palästinenser bereits in der kommenden Woche ihre Friedensgespräche fortsetzen. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hätten vereinbart, dass Unterhändler beider Seiten die Beratungen fortführen sollten, sagte der US-Nahostgesandte George Mitchell in Jerusalem. In der besonders umstrittenen Frage des Baus jüdischer Siedlungen im Westjordanland gebe es "Fortschritte", sagte Mitchell.
Mitchell äußerte sich am Rande eines Besuchs von US-Außenministerin Hillary Clinton in Jerusalem. Am Dienstag waren Clinton, Abbas und Netanjahu im ägyptischen Küstenort Scharm el Scheich zum ersten Mal seit Wiederaufnahme der direkten Friedensverhandlungen Anfang September zu einem Treffen zusammengekommen.
Knackpunkt Siedlungsbau
Am 26. September läuft ein vorläufiger Baustopp Israels für den Siedlungsbau aus. Abbas hat gedroht, die Verhandlungen abzubrechen, sollte der Baustopp nicht verlängert werden.
Ofir Gendelman, ein Berater Netanjahus, sagte vor Reportern in dem ägyptischen Ferienort: "Der Bau der Siedlungen ist seit (dem Beginn der Verhandlungen mit den Palästinensern) 1993 immer fortgesetzt worden, und trotzdem wurde verhandelt." Er verstehe deshalb nicht, weshalb Abbas nun mit dem Abbruch der neuen Verhandlungen drohe, falls Israel weiter Siedlungen bauen sollte. Ein Mitglied der Delegation von Abbas erklärte dagegen, der Siedlungsbau sei "das Schlüsselthema" dieser Verhandlungen. "Es ist ein Test, der uns zeigen wird, ob sie es mit dem Friedensprozess wirklich ernst meinen", sagte Mohammed Ischtiah.
USA fordern "kreative Wege"
US-Außenministerin Hillary Clinton und der ägyptische Präsident Husni Mubarak versuchten beide, den Graben zwischen den Verhandlungsparteien zu überbrücken. Allerdings brachte auch ein von Clinton vermitteltes Krisengespräch mit Netanjahu und Abbas nach dem Mittagessen nicht den erhofften Durchbruch.
US-Außenamtssprecher Philip Crowley sagte in Washington, Israelis und Palästinenser müssten in bisher "fest behaupteten und emotional besetzten Positionen" Kompromisse erzielen, um den Friedensprozess voranzubringen. Die Gespräche seien sowohl für Israels Ministerpräsident Netanjahu als auch für Palästinenserpräsident Abbas eine "politische Herausforderung". Die US-Regierung fordere beide Seiten auf, "kreative Wege" zu suchen.
Mitchell deutete derweil an, dass die US-Regierung nicht die Verantwortung übernehmen werde, falls die Verhandlungen scheitern sollten. Die Aufgabe der Vermittler sei es lediglich, "den Partnern zur Seite zu stehen, während diese schwierige Entscheidungen treffen", betonte Mitchell. Er will diese Woche in Damaskus auch mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad über die Chancen für einen umfassenden Nahost-Frieden sprechen.
Mitchell erklärte, Vertreter Israels und der Palästinenser wollten in den kommenden Tagen weiter beraten, um Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen. Clinton will zudem in Jerusalem, Ramallah im Westjordanland und Amman weitere Gespräche mit israelischen und arabischen Politikern führen.
Das öffentlich-rechtliche israelische Fernsehen berichtete, Netanjahu könne am Sonntag nach Washington reisen, um ranghohe US-Regierungsvertreter zu treffen. Ein Sprecher Netanjahus wollte zu dem Bericht keine Stellungnahme abgeben.
Islamisten hetzen und schießen weiter
Die radikale Islamisten-Bewegung Hamas, die den palästinensischen Gazastreifen kontrolliert, forderte Abbas auf, die Gespräche abzubrechen. Der Sprecher der Hamas in Gaza, Sami Abu Suhri, erklärte: "Wir warnen die Fatah-Partei von Abbas davor, diese katastrophalen und zerstörerischen Gespräche fortzusetzen, wir rufen dazu auf, diese Farce zu beenden."
Radikale Palästinenser aus dem Gazastreifen beschossen inzwischen den Süden Israels wieder mit einer Rakete. Das Geschoss schlug in einem Feld nahe der Stadt Aschkalon ein, wie die israelische Polizei mitteilte. Dabei sei niemand verletzt worden, auch Sachschaden sei nicht entstanden.
Braverman fordert Fehler-Korrektur
Ein israelisches Kabinettsmitglied sprach sich derweil dafür aus, das bereits 2002 vorgelegte Friedensangebot der arabischen Staaten anzunehmen. Es sieht eine Aussöhnung des jüdischen Staates mit den arabischen Staaten vor, falls sich Israel aus den 1967 besetzten Gebieten zurückziehen sollte. Das Angebot war von Israel bislang weitgehend ignoriert worden. Der zur Arbeitspartei gehörende Minister für die Angelegenheiten der Minderheiten, Avishai Braverman, sagte in einem Interview mit der arabischen Zeitung "Al-Sharq Al-Awsat": "Dass wir auf diesen Vorschlag nicht reagiert hatten, war ein Fehler, den wir korrigieren sollten."
Quelle: ntv.de, dpa/AFP