Politik

"Werden ihn überall loben" Für Stoiber wird es eng

In der CSU verdichten sich die Hinweise auf eine baldige Ablösung von Edmund Stoiber an der Spitze der Landesregierung und der CSU. In der Partei-Führung hieß es am Samstag, Stoibers Ablösung sei nur noch eine Frage von Wochen. Es laufe alles darauf zu, dass Parteivize Horst Seehofer den CSU-Vorsitz übernehme und der bayerische Innenminister Günther Beckstein Ministerpräsident werden solle. Dessen Rivale, Wirtschaftsminister Erwin Huber, habe bereits Bereitschaft signalisiert, auch unter Becksteins Führung im Kabinett zu bleiben. Die Machtübergabe solle nach dem Willen einflussreicher CSU-Spitzenpolitiker noch vor der Sommerpause über die Bühne gehen. Beckstein wies allerdings Berichte über einen Putsch gegen Stoiber zurück. CDU-Chefin Angela Merkel drängte die Schwesterpartei vor dem Hintergrund schlechter Umfrageergebnisse, den Führungskonflikt rasch zu lösen.

Der Vorstand der CSU-Landtagsfraktion soll den Angaben aus CSU-Kreisen zufolge am Montag in Wildbad Kreuth zusammenkommen, wo am Dienstag die traditionelle Winterklausur der Fraktion beginnt. Der Vorstand werde Wege für eine möglichst reibungslose Machtübergabe von Stoiber an seine Nachfolger ausloten, hieß es.

Brücke bauen

Das Magazin "Focus" berichtete, Landtagspräsident Alois Glück sei von CSU-Abgeordneten gebeten worden, Stoiber zum vorzeitigen Rücktritt zu bewegen. Die Münchner "Abendzeitung" meldete, bei der Sitzung des Fraktionsvorstandes am Montag solle dem 65-Jährigen eine Brücke gebaut werden, damit er sich zum Verzicht auf seine beiden Spitzenämter bereit erklärt. "Wenn er jetzt geht, werden wir ihn loben und überall erzählen, dass er der größte bayerische Ministerpräsident aller Zeiten war", zitierte das Blatt aus Parteikreisen.

Auch die "Süddeutsche Zeitung" schrieb, in der CSU-Spitze gebe es ernsthafte Bestrebungen, Stoiber vor der Sommerpause zur Aufgabe seiner Ämter zu bewegen. Einen schnellen Putsch gegen den CSU-Chef würden führende CSU-Politiker aber ausschließen. Das würde die Partei zerreißen. Der "Welt am Sonntag" sagte ein ehemaliges Mitglied der Landesregierung, Stoiber fehle es noch an Einsicht. "Das Problem ist, wie wir die Sache menschlich anständig über die Bühne kriegen."

Nach dem "Focus"-Bericht will Stoiber nun darauf verzichten, sich bei der Fraktions-Klausur kommenden Dienstag zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2008 nominieren zu lassen. Er habe den Plan aus Angst vor einem blamablen Ergebnis aufgegeben. Der Chef der Landtagsfraktion, Joachim Herrmann, habe zuvor Stoiber gewarnt, bei einer geheimen Abstimmung über die Spitzenkandidatur könnte er ein so schlechtes Ergebnis bekommen, dass dies einem Misstrauensvotum gleichkomme.

Umfrage sieht CSU bei 45 Prozent

"Es ist unüberhörbar, dass sich die Stimmen mehren, dass man vielleicht doch in einer anderen Formation in die Landtagswahl 2008 gehen will", sagte Herrmann dem Bayerischen Rundfunk. Nach einer neuen Umfrage kommt die CSU in Bayern nur noch auf 45 Prozent und wäre damit weit von einer absoluten Mehrheit entfernt.

In mehreren Interviews bezeichnete Innenminister Beckstein Berichte über einen Putsch gegen Stoiber als böse Gerüchte. Der "Berliner Zeitung" sagte er, dafür stehe er nicht zur Verfügung, forderte aber auch: "Das Durcheinander der vergangenen Tage können wir nicht über Monate hinweg brauchen." Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) wollte sich nicht auf die noch verbleibende Amtszeit Stoibers festlegen. "Edmund Stoiber wird so lange Parteivorsitzender und Ministerpräsident sein, wie ihm die Kraft reicht, diese schwere Aufgabe zu tragen", sagte er.

Die SPD sieht in der CSU-Führungskrise auch eine Belastung für die große Koalition in Berlin. "Partner, die unsicher sind und immer unsicherer werden, machen es in einer Dreierrunde nicht leichter", sagte SPD-Chef Kurt Beck dem "Spiegel". Vizekanzler Franz Müntefering sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", Stoiber habe nicht akzeptieren können, dass er nicht gleichrangig neben Kanzlerin Merkel stehe. Dies habe das Regieren in Berlin nicht leichter gemacht.

Quelle: ntv.de

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