Opposition weidet "Euro Hawk"-Skandal aus Für de Maizière wird es eng
03.06.2013, 07:00 Uhr
Da flog er noch: der "Euro Hawk" im Juli 2011 in Bayern.
(Foto: dpa)
Die Hängepartie um den geplatzten Kauf von "Euro Hawk"-Drohnen wird zunehmend zum persönlichen Problem von Verteidigungsminister de Maizière. Der CDU-Mann will sich erst in zwei Tagen dazu einlassen - genügend Zeit für die Opposition, ihn vor sich herzutreiben.
Nach langer Zurückhaltung deutet nun auch die rot-grüne Opposition an, dass Verteidigungsminister Thomas de Maizière im Zuge der "Euro Hawk"-Affäre zurücktreten sollte. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann bezeichnete gegenüber der "Passauer Neuen Presse" personelle Konsequenzen als unausweichlich. "Es handelt sich um einen Fall von Geldverschwendung ungeahnten Ausmaßes. Hierfür muss auch jemand die politische Verantwortung übernehmen", sagte er. "Ein Bauernopfer wird da nicht ausreichen."
Die Grünen drohten mit der Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses. "De Maizière muss erklären, warum er seit den schriftlich dokumentierten Bedenken von 2012 an dem Projekt festgehalten hat, offensichtlich wider besseres Wissen, und damit mögliche bestehende Schadensersatzansprüche nicht geltend gemacht hat", sagte Fraktionschef Jürgen Trittin der "Süddeutschen Zeitung". Wenn der Minister dies nicht eindeutig aufkläre, müsse es einen Untersuchungsausschuss geben.
Im Handelsblatt äußerte sich Linken-Vize Jan van Aken offen für eine solche parlamentarische Aufarbeitung. "Ich schließe im Moment nichts aus, auch nicht einen Untersuchungsausschuss", sagte er "Handelsblatt Online".
De Maizière hatte das Beschaffungsprogramm für die Aufklärungsdrohne "Euro Hawk" vor drei Wochen wegen massiver Probleme bei der Zulassung für den europäischen Luftraum gestoppt. Die Schwierigkeiten waren spätestens seit Ende 2011 bekannt, das Projekt hat bereits Kosten in dreistelliger Millionenhöhe verschlungen. Seinen Bericht dazu will er am Mittwoch dem Verteidigungsausschuss des Bundestages präsentieren.
Merkel hält sich zurück
Der Minister steht wegen seines Krisenmanagements schwer in der Kritik. Unionsfraktionschef Volker Kauder rechnet trotzdem nicht mit seinem Rücktritt. "Die Zukunft wird heißen: Er wird bleiben", sagte der CDU-Politiker der ARD. Es sei aber klar, dass es bei de Maizières Auftritt vor dem Verteidigungsausschuss des Bundestages um seine Zukunft gehe.
Kauder zeigte sich davon überzeugt, dass der Minister die Gründe für den späten Stopp des Projekts aufklären könne. "Ich bin mir ganz sicher, dass Thomas de Maizière eine umfassende Erklärung abgeben wird. Und dann wird man über die weiteren Dinge zu reden haben." Zudem habe de Maizière in seinem Ministerium bereits Reformen eingeleitet, etwa bei der Beschaffung von Ausrüstung.
Kanzlerin Angela Merkel hatte sich zuvor mit einer Bewertung zurückgehalten: "Thomas de Maizière nimmt sich die notwendige Zeit, um dem Bundestag eine möglichst umfassende Übersicht über den Sachverhalt geben zu können", sagte sie dem "Spiegel". "Es dauert ja auch nicht mehr lange, bis sein Bericht vorliegt."
Bundeswehr löscht Daten
Indessen sind in der Affäre neue Vorwürfe laut geworden. So soll die Bundeswehr einem Bericht des "Spiegel" zufolge versucht haben, wichtige Vorgänge zu vertuschen. In den vergangenen sieben Tagen habe die für die Zulassung der Aufklärungsdrohne zuständige Behörde in Koblenz Anweisungen erteilt, umfangreiche Aktensammlungen als geheim einzustufen. In der Wehrtechnischen Dienststelle am Militärflugplatz von Manching in Bayern sei zudem angeordnet worden, Unterlagen auf Computern und Festplatten, die den Euro Hawk betreffen, zu löschen.
Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr habe die Anweisung bestätigt und damit gerechtfertigt, dass Verschlusssachen auf Datenträgern, "die nicht entsprechend gesichert sind, gelöscht werden", hieß es in dem Bericht. Die Weisung soll am vergangenen Montag ausgesprochen und am folgenden Tag wieder aufgehoben worden sein.
Nach Angaben des "Spiegel" war die Leitungsebene des Verteidigungsministeriums seit Februar des vergangenen Jahres über das ganze Ausmaß der Probleme mit dem Euro Hawk informiert. In einem vertraulichen Vermerk vom 8. Februar 2012 habe die Rüstungsabteilung des Ministeriums in einem vertraulichen Vermerk über den Stand des Rüstungsprojektes informiert. Die Beamten hätten in allen Details geschildert, warum Änderungen in erheblichem Umfang erforderlich wären, um eine Zulassung zu erlangen.
Die Bundeswehr widersprach den Vorwürfen umgehend. "Diese Darstellung ist falsch", sagte Bundesamts-Sprecher Andreas Nett. Die Vorgänge stünden im Zusammenhang mit der Ankündigung von Verteidigungsminister Thomas de Maizière, dem Bundesrechnungshof die Unterlagen zu "Euro Hawk" komplett zur Verfügung zu stellen. Dafür müssten sie als geheim eingestuft werden, was bereits damals berichtet worden war. Solche Daten dürften nach gültiger Rechtslage nicht auf jedem Computer bearbeitet werden, erläuterte der Sprecher weiter. Sie würden deshalb auf speziell gesicherte Rechner übertragen und von den anderen gelöscht. "Die Arbeits- und Auskunftsfähigkeit wird hierdurch nicht beeinträchtigt."
Quelle: ntv.de, dpa/AFP