Wahlmarathon in Nigeria Furcht vor Eskalation der Gewalt wächst
27.03.2011, 14:32 UhrKurz vor den Wahlen in Nigeria wächst die Nervosität. Der Wahlkampf im bevölkerungsreichsten Land Afrikas wird von Gewalt überschattet. Beobachter befürchten eine Eskalation. Schwere Spannungen gibt es gleich in mehreren Teilen des Landes.
Im Wochenrhythmus werden die Nigerianer vom 2. April an zu Wahlen aufgerufen. Zunächst wird ein neues Parlament gewählt. Die größten Auswirkungen für das ölreiche westafrikanische Land dürften aber die Präsidentenwahlen am 9. April haben. Eine weitere Woche später werden die Gouverneure in den Bundesstaaten bestimmt. Über 70 Millionen Menschen sind zur Stimmabgabe aufgerufen.
Der Ausgang der Wahlen ist spannend, das Ergebnis offen - das spricht für Nigeria. Aber Streitigkeiten und Profilierungs-Versuche der Kandidaten sorgen im Wahlkampf schon seit Wochen für Konflikte. Angesichts von persönlichen Angriffen, Bombenexplosionen und Anschlagsdrohungen wächst die Furcht, dass auch die Wahlen selbst von Gewalttaten überschattet werden. In die Präsidentenwahl geht der seit knapp einem Jahr regierende Amtsinhaber Jonathan Goodluck als leichter Favorit, doch sicher ist sein Sieg noch lange nicht.
Mehr als 80 Menschen getötet
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wies bereits in einem Mitte März veröffentlichten Bericht darauf hin, dass besorgniserregend viele Menschen in den vergangenen Monaten bei ethnischer, religiöser und politischer Gewalt getötet wurden. Radikalislamische Gruppen wie die Sekte "Boko Haram" haben zwar keine Aussicht auf eine breite Wählerschaft, sorgen mit gezielten Anschlägen auf Polizisten aber in mehreren der islamischen Bundesstaaten im Norden Nigerias für ein Gefühl von Unsicherheit und Bedrohung.
Im zentralnigerianischen Bundesstaat Jos, in dem in den vergangenen Jahren hunderte Menschen der Gewalt zwischen muslimischen und christlichen Bevölkerungsgruppen zum Opfer fielen, gärt es seit Monaten. Weihnachten wurden bei Bombenanschlägen auf Kirchen mehr als 80 Menschen getötet, seitdem gibt es immer wieder Vergeltungsschläge. Erst vor wenigen Tagen starben in der Nähe einer Kirche zwei mutmaßliche Selbstmordattentäter, deren Sprengsatz vorzeitig explodiert war. Bei den zum Zeitpunkt der Explosion versammelten Kirchgängern brach Panik aus.
Gewalt droht auch aus dem ölreichen Nigerdelta, wo Rebellen seit Jahren gegen die Zerstörung der Lebensgrundlagen von Fischern und Bauern durch die Ölindustrie kämpfen. Mit Anschlägen gegen Ölfördereinrichtungen und Entführungen von Arbeitern der Ölfirmen haben sie in den vergangenen drei Jahren der nigerianischen Wirtschaft empfindliche Schläge versetzt. Vor den Wahlen drohte die größte Rebellengruppe des Deltas mit Bombenanschlägen in der Hauptstadt Abuja und anderen wichtigen Städten.
"Gewalt dient zur Vorbereitung von noch mehr Gewalt"
Die Sorge vor Gewalt und vor Unregelmäßigkeiten bei der Wahl, führten am Donnerstag zu einem Krisentreffen des Chefs der Sicherheitsbehörden und des Präsidenten der Unabhängigen Wahlkommission (INEC). Angesichts der bereits jetzt vorhandenen Spannungen müsse zu den Wahlen mit einer weiteren Eskalation gerechnet werden, räumte Sicherheitschef Ita Ekpeyong ein.
"Wir glauben, dass diese Gewalt nur zur Vorbereitung von noch mehr Gewalt dient. Wir wollen auf diese skrupellosen Leute vorbereitet sein", sagte Ekpeyong. INEC-Präsident Attahitu Jega appellierte an die Wähler, sich an die Sicherheitskreise zu wenden, wenn Kandidaten im Wahlkampf zu politischer Gewalt aufriefen. Die Stimmung im Wahlkampf bleibt jedoch hitzig: Am Tag des Treffens wurden bei einer Wahlveranstaltung mindestens zwölf Menschen bei einer Schlägerei politischer Gegner verletzt und mehrere Fahrzeuge zerstört.
Quelle: ntv.de, Eva Krafczyk, dpa