Edathy-Affäre belastet Große Koalition Gabriel schließt Rücktritte in der SPD aus
15.02.2014, 11:12 Uhr
Von seinen Parteifreunden war es keiner, sagt SPD-Chef Gabriel. Die CSU fordert deshalb jetzt eine eidesstattliche Erklärung.
(Foto: dpa)
Vor allem die CSU ist sauer und sucht bei der SPD nach einem Schuldigen für die Weitergabe der brisanten Informationen im Fall Edathy. Der SPD-Chef dagegen betont: von uns war es keiner - und meint damit sich, Außenminister Steinmeier und Fraktionschef Oppermann. Ein namhafter CSU-Politiker fordert jetzt eine eidesstaatliche Erklärung der SPD-Leute.
Die Affäre um die Kinderpornografie-Ermittlungen gegen den SPD-Politiker Sebastian Edathy wird zur Belastungsprobe für die große Koalition. Nach dem Rücktritt von Bundeslandwirtschaftsminister
Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel schloss personelle Konsequenzen in seiner Partei aus. Er sei absolut sicher, dass weder er selbst noch der heutige Außenminister Frank-Walter Steinmeier oder Fraktionschef Thomas Oppermann irgendwelche Informationen an Edathy weitergegeben hätten, sagte Gabriel der "Bild"-Zeitung. In der CSU wird dies bezweifelt: Innenpolitiker Hans-Peter Uhl verlangte im "Focus" eine eidesstattliche Erklärung der beteiligten SPD-Politiker zu der Frage, mit wem sie über den Fall Edathy gesprochen haben. Es könne "ja wohl nicht wahr sein, dass ein SPD-Abgeordneter mutmaßlich kinderpornographische Schriften kauft und die einzige Konsequenz darin besteht, dass ein CSU-Minister zurücktritt".
Als Bundesinnenminister hatte Friedrich Gabriel im Oktober am Rande der Koalitionsverhandlungen darüber informiert, dass der Name Edathy bei internationalen Ermittlungen aufgetaucht sei. Diesen Vorgang hatte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann am Donnerstag öffentlich gemacht. Friedrich wurde daraufhin vorgeworfen, er habe möglicherweise Dienstgeheimnisse verraten. Als er politisch die Rückendeckung verlor, trat er einen Tag später zurück.
CSU benennt Nachfolger
Oppermann betonte, er habe seine Erklärung v orab mit Friedrich abgestimmt. "Minister Friedrich war mit der Erklärung an sich und mit deren Inhalt ausdrücklich einverstanden", sagte der SPD-Fraktionschef der "Süddeutschen Zeitung". Gabriel betonte, das Vertrauensverhältnis zu Kanzlerin Angela Merkel sei durch die Vorgänge nicht beschädigt. Er sei sicher, dass man schnell wieder zum bisherigen Arbeitsklima zurückfinde, sagte er in der ARD.
Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft sieht in den Vorgängen hingegen durchaus eine Belastung für die große Koalition. "Dass ein Minister nach so kurzer Zeit zurücktritt, ist eine schwierige Situation", sagte die NRW-Ministerpräsidentin der "Bild am Sonntag". Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte Merkel im Deutschlandradio Kultur auf, selbst für Klarheit in der Affäre zu sorgen.
Merkel hat die Nachfolge Friedrichs bislang offengelassen. Die Entscheidung liegt bei Seehofer, da das Agrarressort der CSU zusteht. Die Frage dürfte beim kleinen Parteitag der CSU an diesem Wochenende in Bamberg zur Sprache kommen. Als mögliche Nachfolgerinnen Friedrichs gelten Verkehrsstaatssekretärin Dorothee Bär und die Bundesdrogenbeauftragte und Agrarexpertin Marlene Mortler.
An der Grenze zur Kinderpornografie
Inzwischen ist bekannt, dass Edathy in Kanada Filme und Fotosets nackter Jungen gekauft haben soll. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft dürfte sich das im Grenzbereich zum Erwerb von Kinderpornografie bewegen. Bei der Durchsuchung der Privat- und Büroräume Edathys hatte die Staatsanwaltschaft nur wenig Beweismaterial gefunden. Einige Festplatten waren zerstört. Das deutet darauf hin, dass Edathy vorgewarnt gewesen sein könnte.
Die Opposition bezeichnete es als ungewöhnlich, dass Oppermann im Oktober - damals noch als SPD-Fraktionsgeschäftsführer - beim Präsidenten des Bundeskriminalamtes angerufen hatte, um sich über Edathy zu erkundigen. Linke-Chefin Katja Kipping warf Oppermann vor, damit die Befugnisse seines Amtes überschritten zu haben. "Das ist eine politische Haltung, die mit der Ausfüllung eines Spitzenamtes nicht vereinbar ist", sagte sie dem "Kölner Stadt-Anzeiger".
Gabriel: "Friedrich ist ein anständiger Kollege"
Friedrich selbst äußerte sich inzwischen versöhnlich zur Rolle Gabriels in der Affäre. Er hege keinen Groll gegen den SPD-Chef. "Ich glaube, dass es Gabriel sehr leid tut, wie es mir ergangen ist", sagte Friedrich dem "Focus". "Gabriel weiß, dass ich dazu beitragen wollte, das Zustandekommen der neuen Koalition nicht zu erschweren. Er weiß auch, dass ich nie Recht brechen wollte."
Gabriel hatte Friedrich nach dessen Rücktritt in der ARD verteidigt. Dieser habe mit seiner Information an die SPD im Oktober 2013 über Edathy seinen Ermessensspielraum als Innenminister ausgenutzt. "Herr Friedrich ist ein sehr anständiger Kollege", betonte der Vizekanzler. "Der hat versucht, Schaden abzuwenden. Und wenn wir es von hinten betrachten, ist ihm das übrigens auch gelungen."
Der Fall Edathy und die umstrittene Weitergabe von Informationen kommt am Mittwoch im Innenausschuss des Bundestages zur Sprache. Dabei soll nach den Worten des Ausschussvorsitzenden Wolfgang Bosbach auch die Rolle des BKA-Chefs Jörg Ziercke hinterfragt werden. "Ich hoffe, dass der Präsident des Bundeskriminalamtes selber kommen wird und dann zumindest über das Gespräch, das Oppermann mit ihm geführt hat, Auskunft geben kann", sagte der CDU-Politiker in der ARD.
Quelle: ntv.de, nsc/dpa