Edathy und der Knatsch in der Großen Koalition Gabriel stellt sich hinter Oppermann
17.02.2014, 15:15 Uhr
Gabriel steht zu Oppermann - das machte der SPD-Chef bei seiner Pressekonferenz am Mittag unmissverständlich deutlich. Scharfe Kritik übte er allerdings an Sebastian Edathy.
(Foto: dpa)
Die SPD-Spitze rückt zusammen. Bei seiner mit Spannung erwarteten Pressekonferenz hat Parteichef Gabriel Fraktionschef Oppermann sein Vertrauen ausgesprochen. Dessen Verhalten sei "absolut korrekt" gewesen sagt er. Scharfe Kritik äußerte er an Edathy.
SPD-Chef Sigmar Gabriel hat in der Edathy-Affäre dem umstrittenen Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sein Vertrauen ausgesprochen. Oppermann habe sich "absolut korrekt" verhalten, betonte Gabriel. Alle Verantwortungsträger in der SPD hätten nach bestem Wissen und Gewissen agiert.
Weder er, noch Außenminister Frank-Walter Steinmeier oder Oppermann hätten dem SPD-Politiker Sebastian Edathy oder dessen Umfeld Informationen weitergegeben, erklärte Gabriel. Nach dem Rücktritt des CSU-Ministers Hans-Peter Friedrich am Freitag verstehe er aber jeden in der Union, der enttäuscht, erzürnt und verärgert sei.
Gabriel kritisierte überdies den SPD-Innenpolitiker Sebastian Edathy für sein privates Handeln scharf. Edathy habe eingeräumt, sich Bilder unbekleideter Jugendlicher bestellt zu haben, sagte Gabriel. Es handele sich um "seltsames und nicht zu rechtfertigendes Material". SPD-Präsidium und Vorstand hätten sich "entsetzt und fassungslos über diese Handlungen" gezeigt. "Sein Ausscheiden aus dem Deutschen Bundestag war daher mehr als gerechtfertigt", sagte Gabriel mit Blick auf die Aufgabe des Mandats.
Merkel hat Vertrauen
Bundeskanzlerin Angela Merkel bemüht sich derweil, die Wogen zu glätten. Merkel habe "das Vertrauen, dass diese Koalition, diese Regierung in der Lage sein wird, sich den großen Themen anzunehmen im Interesse der Bürger", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Außerdem habe Merkel "volles Vertrauen" in Vizekanzler und SPD-Chef Sigmar Gabriel.
Kurz zuvor war das für diesen Dienstag geplante Koalitionstreffen in großer Runde abgesagt worden. Stattdessen werden sich nur die drei Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD in Berlin treffen und vor allem den Streit um den Fall Edathy besprechen.
Seibert machte deutlich, dass Merkel bei den Vorgängen um Edathy noch Klärungsbedarf sieht: "Für die Bundeskanzlerin ist es wichtig, dass alle im Raum stehenden Fragen in überzeugender Form geklärt werden." Hier müsse "ein jeder sehen, was er zur Aufklärung beitragen kann".
Seibert ließ auf Nachfrage offen, um welche Fragen es sich dabei handele. Unionspolitiker hatten zuvor vor allem die Frage aufgeworfen, ob der damalige SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy im Herbst von Parteifreunden informiert worden sei, dass möglicherweise Ermittlungen wegen des Verdachts auf Kinderpornographie auf ihn zukämen. Außerdem will die Unionsseite wissen, warum SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann in dieser Angelegenheit den Chef des Bundeskriminalamts um Informationen gebeten hat.
Der CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich war am Freitag von seinem Amt als Agrarminister zurückgetreten, weil er im Oktober als Innenminister den SPD-Chef Gabriel darüber informiert hatte, dass Edathys Name im Zusammenhang mit Ermittlungen im Ausland aufgetaucht sei. Dieses Vorgehen brachte Friedrich den Verdacht des Geheimnisverrats ein.
Jeder Minister "ein Diener des Rechtsstaats"
Seibert machte mit Blick auf die Vorgänge um den Fall Edathy deutlich, dass die Bundeskanzlerin strenge Maßstäbe an das Verhalten ihrer Minister anlege. Jedes Minister sei "ein Diener des Rechtsstaats", sagte Seibert. Es sei wichtig, "das den Bürgern das Vertrauen gegeben wird, dass im Sinne des Rechtsstaats gehandelt und gearbeitet wird".
Auch CSU-Chef Horst Seehofer machte auf Nachfrage deutlich, dass er die Koalition an sich nicht in Gefahr sehe. "Es geht um die vertrauensvolle Zusammenarbeit in der Koalition und nicht um das Zerbrechen der Koalition."
Seehofer betonte aber, bisher habe die SPD viele offene Fragen nicht zufriedenstellend beantwortet. Es gehe darum, wer in der SPD wann über den Fall Edathy Bescheid gewusst habe, wer was an wen weitergegeben und was der Anruf Oppermanns beim BKA-Präsidenten zu bedeuten habe. Es sei schon "ein kleines Schneeballsystem, das da stattgefunden hat", sagte Seehofer.
Rücktrittsforderungen an die Adresse Oppermanns oder anderer SPD-Politiker vermied er. Er verwies zum einen auf die Runde der drei Parteivorsitzenden, zum anderen müsse die SPD in den Gremien des Bundestages für Aufklärung sorgen.
Druck auf Oppermann wächst
Die Stimmung in der Großen Koalition ist wegen der Edathy-Affäre derzeit denkbar schlecht. Im Gegensatz zu Seehofer legte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer Oppermann am Sonntagabend den Rücktritt nahe. "Neben dem juristischen Hin und Her gibt es eine klare politische Verantwortung. Die muss Oppermann übernehmen", sagte Scheuer.
Doch die CSU ist nicht nur wütend auf die SPD, sondern offenbar auch auf Kanzlerin Angela Merkel: "Frau Merkel hat überflüssigerweise Herrn Friedrich auch noch unter Druck gesetzt. Ich habe das für völlig unnötig gehalten", sagt der stellvertretende Parteivorsitzende Peter Gauweiler im ZDF.
Und auch in der CDU herrscht Unmut. Das Klima sei stark belastet, klagt der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach. "Die SPD legt sich jetzt in eine Ackerfurche und hofft, dass der Wind über sie hinwegweht."
Gegen den SPD-Politiker Sebastian Edathy wird wegen des Verdachts auf Besitz von Kinderpornografie ermittelt. Es steht der Vorwurf im Raum, dass er frühzeitig informiert worden war und Beweismittel beseiteschaffen konnte. Der frühere SPD-Abgeordnete bestreitet dies ebenso wie den Besitz von Kinderpornografie. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" und des Norddeutschen Rundfunks will er Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Staatsanwaltschaft Hannover einlegen.
Quelle: ntv.de, vpe/ghö/dpa/AFP