Wirtschaft und Diplomatie Gabriels doppelter Iran-Dialog
04.10.2016, 20:46 Uhr
Syrien war nahezu bei allen Gesprächen Gabriels Thema - allerdings eines, das eisiges Schweigen auslöste.
(Foto: dpa)
Der Umgang mit dem Iran ist ein Balanceakt. Wirtschaftsminister Gabriel verbindet die Pflege von Wirtschaftskontakten mit Kritik an Teherans Politik gegenüber Syrien und Israel. Wer dabei Erfolge erwartet, muss viel Geduld haben.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel will Irans Präsident Hassan Rohani mit seinem Besuch in dem Land unterstützen. Denn, so die These des Vizekanzlers, man wisse ja nicht was danach komme: Möglicherweise droht nach den Wahlen im kommenden Mai ein immenser Rückschritt nicht nur für das Land. Gabriels diplomatische Strategie Nummer eins also: Wirtschaftskontakte ermöglichen.
Deutsche Firmen sind interessiert, die iranische Wirtschaft und vor allem Präsident Rohani noch mehr. Er war angetreten mit dem Versprechen, das Atomabkommen bringe das Ende der Sanktionen und damit wirtschaftlichen Aufschwung für das ganze Land. Nur klappt das derzeit noch nicht so recht. Die Wirtschaft wuchs zuletzt zwar um knapp zwei Prozent. Doch die Bürger spüren davon nur wenig. Die Arbeitslosigkeit vor allem auch unter Jugendlichen ist weiter sehr hoch. Der unsichere rechtliche Rahmen lässt Firmen aus dem Ausland nur zögerlich investieren.
Außerdem sind noch nicht alle Sanktionen von den USA aufgehoben. Das erschwert die Finanzierung. Auch deutsche Banken die an Geschäften mit den USA beteiligt sind, befürchten Strafen aus Übersee, wenn sie sich mit dem Iran einlassen. Staatssekretär Machnig aus dem Wirtschaftsministerium ist derzeit in den USA, um hier zu verhandeln. All das - und die immer noch grassierende Korruption - lässt viele deutsche Unternehmensvertreter, die Gabriel in den Iran begleiteten, weniger optimistisch wieder nach Hause fahren. Es gibt zwar auch Verträge und Partnerschaftsabkommen. Nur hofften eben beide Seiten noch vor ein paar Monaten, schon weiter zu sein.
Tabu-Themen Syrien und Israel
Gabriel hält an seiner Unterstützung für Rohani fest, denn er befürchtet, dass dessen Einfluss sinkt. Sollte Rohani im Mai die Wahlen nicht gewinnen und die Hardliner an die Macht kommen, wäre das nicht nur für die Wirtschaft, sondern vor allem für die Stabilität in der Region verheerend.
Diplomatische Strategie Nummer zwei: Bei allem Interesse an Wirtschaftskontakten - ohne dass Irans Unterstützung für Syriens Machthaber Assad zur Sprache komme, funktionierten solche bilateralen Gespräche nicht, so Gabriel.
In nahezu allen Gesprächen geht es also um die Situation in Syrien. Und die zahlreichen Minister in Teheran und der Vize-Präsident, die Gabriel trifft? Hören zu und schweigen. Das Thema ist nicht verhandelbar, es besteht noch nicht mal Interesse an Gesprächen darüber. Ähnlich verhält es sich mit dem Thema Israel.
Laridschani unter Hardliner-Einfluss
Hinter der kurzfristigen Absage eines Treffen mit Parlamentspräsident Ali Laridschani vermutet Gabriel den Einfluss der Hardliner. Ein Bruder Laridschanis, der Chef der iranischen Justiz ist, kritisiert Gabriel schon vor dessen Ankunft stark wegen der Israelpolitik der Bundesregierung. Mit einem "Judenfreund" dürfe man nicht reden. Die israelischen Medien hängten das ziemlich hoch. Laridschani sagte letztlich aus innenpolitischen Gründen deswegen wohl ab. Für Iran ist die Anerkennung Israels das absolute Tabu-Thema. Die Diskussion darum überschattete immer wieder die Gespräche in Teheran.
Gabriel ist dennoch recht optimistisch, dass die Wirtschaftsbeziehungen zwischen dem Iran und Deutschland besser werden. Klar wolle auch die deutsche Industrie den neuen Markt nach den Sanktionen erschließen, so der Minister. Doch das größere Interesse läge eindeutig bei den Iranern.
Das Vorhaben des doppelten Dialogs bei seinem Besuch im Iran sei nicht gescheitert, so der Vizekanzler. Wolle man etwas erreichen, sei Geduld gefragt. Und davon habe er jede Menge - sagt zumindest Gabriel über sich selbst.
Quelle: ntv.de