Politik

EU uneins über Libyen-Kurs Gaddafi erobert Gebiete zurück

Die Staats- und Regierungschefs der EU kommen in Brüssel zu einem Sondergipfel zusammen, um über die Situation in Libyen zu beraten. Die 27 Mitgliedsstaaten werden Machthaber Gaddafi vermutlich zum Rücktritt auffordern. Ein Militäreinsatz oder ein Flugverbot sind bislang nicht vorgesehen. Doch Gaddafi scheint wieder Boden gut zu machen.

Ein Auto der Aufständischen wird getroffen.

Ein Auto der Aufständischen wird getroffen.

(Foto: REUTERS)

Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder beraten heute in Brüssel auf einem Sondergipfel über die Unruhen in Libyen. Dem Vernehmen nach will Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy gezielte Luftangriffe auf Ziele in Libyen vorschlagen, um   zu stoppen. Nach UN-Angaben flohen seit Beginn des Volksaufstandes in Libyen bereits mehr als 250.000 Menschen aus dem nordafrikanischen Land.

Die Afrikanische Union (AU) lehnte jedwede Militärintervention des Auslands ab. Der für Sicherheitsfragen zuständige AU-Kommissar Ramtane Lamamra sagte in Addis Abeba, die Afrikanische Union sei der "Einheit und territorialen Integrität Libyens" verpflichtet. Derzeit wird international über die Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen debattiert, um die Luftangriffe der Gaddafi-treuen Truppen auf die Aufständischen zu verhindern.

Der Golf-Kooperationsrat hatte am Montag einer solchen Zone, die militärisch durchgesetzt werden müsste, durch die UNO zugestimmt. Die Außenminister der Arabischen Liga wollen am Samstag in Kairo darüber beraten. US-Außenministerin Hillary Clinton sagte in Washington, ein Plan für eine mögliche Flugverbotszone werde der NATO am 15. März vorgelegt.

Aufständische bitten verzweifelt um Hilfe

Der Gaddafi-Sohn hat die Propaganda-Auftritte übernommen.

Der Gaddafi-Sohn hat die Propaganda-Auftritte übernommen.

(Foto: REUTERS)

Der Vorsitzende des von den Aufständischen gegründeten Nationalrates, Mustafa Abdel Dschalil, sagte dem britischen Sender BBC, die Libyer würden von Gaddafis Luftwaffe vernichtet. "Wir haben vom ersten Tag an eine Flugverbotszone gefordert. Wir brauchen dringend Waffen, und wir brauchen humanitäre Hilfe sowie Ärzte in den von Gaddafis Anhängern belagerten Städten", sagte Dschalil.

Etwa drei Viertel Libyens seien von humanitärer Hilfe abgeschnitten, sagte ein UN-Vertreter in New York. "Wir erhalten Informationen, wonach gerade jetzt, da die Menschen dringend auf Hilfe angewiesen sind, Krankenhäuser geschlossen werden." Nach Angaben von Ärzten starben bei den Gefechten im Osten Libyens seit Mitte Februar bereits rund 400 Menschen, 2000 weitere wurden verletzt.

Nach Informationen aus seinem Umfeld will Frankreichs Präsident Sarkozy den EU-Partnern gezielte Luftangriffe vorschlagen, um die Kommandostrukturen Gaddafis außer Kraft zu setzen. Als erstes Land hatte Frankreich den Nationalrat als "rechtmäßigen Vertreter" Libyens anerkannt.

"Gaddafi hat beste Chancen"

Die Niederländer waren in Libyen festgesetzt worden.

Die Niederländer waren in Libyen festgesetzt worden.

(Foto: dpa)

Die USA wollen "bald" Teams zur humanitären Hilfe in den von Gaddafi-Gegnern kontrollierten Osten Libyens schicken. Sie sind auch bereit, Diplomaten zu Gesprächen mit Rebellenführern dorthin zu entsenden, teilte der Sicherheitsberater von Präsident Barack Obama, Tom Donilon, mit. Er betonte ausdrücklich, dass kein militärisches US-Personal beteiligt werde.  Die Aktion könne "in keiner Weise oder Form als eine militärische Intervention gesehen werden."

Er spielte zugleich die jüngste aufsehenerregende Einschätzung von US-Geheimdienstchef James Clapper herunter, nach der Libyens Machthaber Gaddafi beste Chancen hat, im Kampf gegen die Rebellen die Oberhand zu behalten. Donilon sprach von einer "eindimensionalen Analyse", die eine Reihe von Faktoren wie den internationalen Druck auf Gaddafi etwa durch Sanktionen außer Acht lasse.

Zuvor hatten die USA ihren diplomatischen Draht zu Gaddafis Regime gekappt: Die Regierung setzte "bestehende Verbindungen mit der libyschen Botschaft" in Washington aus, wie es Außenministerin Hillary Clinton formulierte. "Wir werden keinen (diplomatischen) Vertreter akzeptieren, der von Gaddafi geschickt wird", sagte auch der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney.

Seit Tagen Siegesmeldungen

Gaddafis Sohn Seif el Islam gab sich unterdessen siegesgewiss. "Wir kommen", sagte er vor jungen Anhängern in Tripolis mit Blick auf die Richtung Bengasi vorrückenden Gaddafi-treuen Truppen. Die zweitgrößte Stadt des Landes war gleich zu Beginn des Volksaufstandes von den Rebellen eingenommen worden. Aus der ebenfalls strategisch wichtigen Hafenstadt Ras Lanuf waren am Donnerstag zahlreiche Aufständische vor den Gaddafi-Truppen geflohen.

Niederländer frei

Drei vor knapp zwei Wochen in Libyen festgenommene niederländische Soldaten kamen inzwischen wieder frei. Nach Angaben eines Sprechers des Verteidigungsministeriums in Den Haag konnten die Soldaten Tripolis mit einer griechischen Militärmaschine Richtung Athen verlassen, wo sie am Morgen wohlbehalten eintrafen. Die beiden Männer und eine Frau waren am 27. Februar während einer Rettungsaktion für zwei ausländische Zivilisten in der nordlibyschen Stadt Sirte festgenommen worden.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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