Politik

Exklusiv-Interview mit Libyens Herrscher Gaddafi leugnet alle Proteste

Die ganz persönliche Sicht des Herrschers: Gaddafi präsentierte sich gegenüber Rados als unangefochtener Machthaber.

Die ganz persönliche Sicht des Herrschers: Gaddafi präsentierte sich gegenüber Rados als unangefochtener Machthaber.

Libyens Machthaber Gaddafi erklärt in einem exklusiven Interview mit n-tv die Unruhen in seinem Land zur Erfindung des Westens. "Das sind alles Lügen", sagt Gaddafi n-tv-Reporterin Rados und fordert die Entsendung einer Kommission. Frankreichs Präsidenten Sarkozy bezeichent er als "psychisch krank", Deutschland nimmt er in Schutz.

Libyens Diktator Muammar Gaddafi bezeichnete die Unruhen als "kleines Ereignis", das bald enden werde. "Es gab keine Demonstrationen in Libyen. Al-Kaida macht keine Demonstrationen, sie machen es nie. Die bewaffneten Banden von Bin Laden und seine Söldner, die er im Osten des Landes hat, wird man zerstören und alles wird wieder normal werden. In der Mehrheit des Landes ist alles normal. Alles ist da ruhig." Gaddafi hatte die Aufstände von Anfang an als Werk Al-Kaidas bezeichnet.

Auf die internationalen Proteste und die harsche Kritik seitens der USA und der EU angesprochen, fragte Gaddafi zurück: "Was habe ich getan, um sie zu enttäuschen?" Als ihn Rados daran erinnerte, er habe friedliche Demonstranten niedergeschlagen, entgegnete Gaddafi: "Das sind Lügen." Der libysche Machthaber forderte gar die Entsendung einer Kommission, um die Vorkommnisse der vergangenen Wochen in seinem Land zu untersuchen. "Es gab nur 150 bis 200 Tote", behauptete Gaddafi, "und die Hälfte davon waren Sicherheitskräfte. Die kamen um, als die Polizeistationen gestürmt wurden. Zeigen Sie uns die tausenden Toten, die angeblich umgekommen sind."

"Kritisiert jemand die Königin?"

Als Rados den Diktator damit konfrontierte, dass sie in Tripolis viele Menschen treffe, die Angst vor dem Regime hätten und gegen Gaddafi wären, erwiderte dieser: "Ich habe kein Amt, kann also nicht für etwas kritisiert werden. Kritisiert denn jemand Königin Elisabeth II von England wegen ihrer Politik?" Gaddafi sagte weiter, dass er dem Westen nicht mehr traue. "Wir trauen ihren Botschaftern nicht, die haben gegen uns konspiriert. Wir trauen nicht ihren Firmen." Als Konsequenz daraus kündigt er an: "Wir werden nun in Russland, Indien und China investieren. Unser Geld wird dort investiert werden. Unsere Ölaufträge gehen an russische, chinesische und indische Firmen. Der Westen ist zu vergessen!"

"Ich habe kein Amt": Gaddafi verbittet sich jede Kritik.

"Ich habe kein Amt": Gaddafi verbittet sich jede Kritik.

Ausdrücklich nahm Gaddafi allerdings Deutschland von der Kritik am Westen aus. "Die Deutschen haben uns gegenüber eine sehr gute Position eingenommen, ganz anders als viele wichtige Länder im Westen." Er könne sich deshalb vorstellen, dass Deutschland möglicherweise weiter Aufträge bekomme: "Die Deutschen haben eine verantwortliche Position eingenommen und die Deutschen sollten einen permanenten Sitz im UN-Sicherheitsrat haben, nicht Frankreich", so Gaddafi.

"Sarkozy ist verrückt geworden"

Äußerst scharf kritisiert er dabei den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy: "Er ist mein Freund, aber ich glaube, er ist verrückt geworden. Er leidet unter einer psychischen Krankheit. Das sagen die Leute, die ihm nahestehen. Seine Mitarbeiter sagen, er leide unter einer psychischen Krankheit." Sarkozy hatte sich massiv für eine Flugverbotszone über Libyen eingesetzt.

Für ihr Exklusiv-Interview hatte Antonia Rados den libyschen Machthaber in einem Zelt im Bab al Azizia-Militärlager in Tripolis getroffen. Das Lager war 1986 unter dem damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan bombardiert worden. Gaddafi hatte diesen Angriff überlebt. Für das 40-minütige Exklusiv-Interview kam Gaddafi allein in einem Golf-Mobil angefahren – ohne einen einzigen Leibwächter an der Seite. "Er wirkte auf mich sehr selbstsicher und ohne jede Selbstzweifel", so Rados. Es gab keinerlei Anzeichen von Nervosität, vielmehr vermittelte er das Bild eines Machthabers, der fest im Sattel sitzt."

n-tv zeigte als erster Sender das Interview. Zu sehen ist es außerdem in "RTL Aktuell" um 18.45 Uhr und am späteren Abend das "RTL Nachtjournal".

Quelle: ntv.de, tis

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