Deutschland blockiert Militär-Einsatz Gaddafi bombt Rebellen klein
15.03.2011, 19:07 Uhr
Die Straße nach Benghasi scheint nicht mehr lange von den Rebellen zu halten sein.
(Foto: REUTERS)
Während die Truppen des Gaddafi-Regimes im Osten Libyens die Aufständischen weiter unter Druck setzen, beraten die Außenminister der G8 in Paris über mögliche Sanktionen. Deutschland blockiert dabei die Errichtung einer Flugverbotszone, wie sie von anderen gefordert wird.
In Libyen zieht Machthaber Muammar al-Gaddafi die Schlinge um die Aufständischen immer enger während sich die internationale Gemeinschaft in Paris nicht auf eine Flugverbotszone in Libyen einigen kann. Die G8-Außenminister verständigten sich lediglich auf die Forderung an den UN-Sicherheitsrat, den Druck auf Gaddafi weiter zu erhöhen - ein Rückschlag für den Versuch, dessen Truppen mit einem Einsatz zu stoppen.
Am Dienstag eroberten Gaddafis Soldaten die strategisch wichtigen Städte Adschdabija und Brega. "Wir konnten uns gegen Gaddafis Truppen nicht halten", sagte ein Aufständischer. Damit ist die Straße in die Rebellenhochburg Benghasi frei. Gaddafi selbst geht von einer baldigen Niederschlagung der Protest aus. "Die bewaffneten Banden von Bin Laden und seine Söldner, die er im Osten des Landes hat, wird man zerstören und alles wird wieder normal werden", sagte er in einem Interview mit n-tv.
Gaddafi lobte darin die deutsche Haltung während der Unruhen: "Die Deutschen haben uns gegenüber eine sehr gute Position eingenommen, ganz anders als viele wichtige Länder im Westen." Den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, der sich für eine Flugverbotszone eingesetzt hat, kritisierte er dagegen scharf. "Er ist mein Freund, aber ich glaube, er ist verrückt geworden. Er leidet unter einer psychischen Krankheit. Das sagen die Leute, die ihm nahestehen. Seine Mitarbeiter sagen, er leide unter einer psychischen Krankheit", sagte Gaddafi im Gespräch mit n-tv Reporterin Antonia Rados.
Frankreich scheitert
Die französische Regierung hält die Forderung nach einer Flugverbotszone aber inzwischen für nicht mehr sinnvoll. "Wir halten dies nun für überholt", sagte der französische Außenminister Alain Juppé vor dem Auswärtigen Ausschuss der Nationalversammlung in Paris. "Das ist nicht das, was jetzt den Vormarsch Gaddafis stoppen kann." Dennoch müsse über eine solche Möglichkeit weiter diskutiert und gegebenenfalls darauf zurückgegriffen werden.
Frankreich war beim Versuch gescheitert, die G8-Außenminister bei der Flugverbotszone auf eine gemeinsame Linie zu bringen. "Ich habe sie bislang nicht überzeugen können", sagte Juppé dem Radiosender Europe 1. In der Abschlusserklärung wurde eine solche Zone nicht erwähnt. Der Vorstoß für den militärischen Schritt, dem sich auch Großbritannien angeschlossen hatte, sei von Deutschland und Russland blockiert worden, hieß es in Delegationskreisen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte, eine militärische Intervention sei keine Lösung und aus deutscher Sicht schwierig und gefährlich. Deutschland wolle nicht in einen Krieg in Nordafrika gezogen werden, sagte Westerwelle. Die Außenminister einigten in der Abschlusserklärung auf die Formulierung, Gaddafi müsse mit "ernsten Konsequenzen" rechnen, sollte er die Rechte seines Volkes missachten. Jetzt soll sich der UN-Sicherheitsrat in New York wieder mit dem Thema befassen.
Bomben auf den Osten
Die Aufständischen wehren sich derweil mit schwindendem Erfolg gegen den Vormarsch der Regierungssoldaten durch die karge Wüstenlandschaft der Küste. Beobachter halten es für möglich, dass Gaddafi die Aufständischen längst besiegt hat, bis sich die internationale Gemeinschaft auf eine Reaktion geeinigt hat. Hätte das Ausland bereits in der vergangenen Woche militärisch eingegriffen, wäre die Wende in den Kämpfen vielleicht nicht eingetreten, sagte Frankreichs Juppé. Die libysche Liga für Menschenrechte warnte vor schwerem Blutvergießen, sollten die Soldaten der Regierung Benghasi mit seinen rund 670.000 Einwohnern erreichen.
Beim Angriff mit Kampfflugzeugen und Hubschraubern auf Adschdabija traf mindestens eine Rakete ein Wohnviertel. Anwohner drängten sich in Autos und flohen in Richtung von Städten, die weiter von Gaddafi-Gegnern kontrolliert wurden. Die Regierungssoldaten schossen Anwohnern zufolge auch auf Zivilisten. Auf der Flucht vor den Soldaten überquerten Libyer die Grenze nach Ägypten, wie die Vereinten Nationen berichteten. In der vergangenen Woche seien fast ausschließlich Gastarbeiter an die Grenze gekommen, teilte eine Sprecherin des Hohen Flüchtlingskommissars mit. Am Montag dagegen seien die Hälfte der 2300 Flüchtlinge Libyer gewesen, darunter viele Eltern mit Kindern.
"Wir sind besorgt"
Mit der Bombardierung von Adschdabija rückte der Krieg näher an die nur 160 Kilometer nördlich gelegene Rebellen-Metropole Bengasi heran. "Die Situation hier ist unverändert", sagte ein Kämpfer der Aufständischen. "Wir sind nicht verängstigt, aber besorgt." Die Regimegegner sind den Gaddafi-Truppen an Bewaffnung unterlegen. Diesen fehlen aber wiederum oft die nötigen Mannstärken, um Terraingewinne dauerhaft abzusichern - zumal, wenn sie sich in Gebiete vorbewegen, in denen ihnen die Bevölkerung feindselig gegenübersteht.
Soldaten unter dem Kommando von Gaddafis Söhnen waren einem Bericht des TV-Senders Al-Dschasira zufolge auf dem Weg nach Brega. Damit schickt Gaddafi offenbar seine am besten ausgerüsteten und ausgebildeten Truppen in den Osten. Die Gewerkschaft der Öl-Arbeiter berichtete, bis auf eine Ausnahme seien alle Terminals für den Öl-Export wieder in Regierungshand.
Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP