"Empörender Umgang mit Wahrheit" Gauck wehrt sich gegen Linke
27.06.2010, 16:20 Uhr
Joachim Gauck geht für Rot-Grün ins Rennen.
(Foto: dpa)
Präsidentschaftskandidat Gauck ist für viele Linke ein rotes Tuch. Und er selbst hält seine Kritik an deren Positionen auch nicht zurück. Dabei wächst seine Beliebtheit in der Bevölkerung immer weiter.
Der rot-grüne Präsidentschaftskandidat Joachim Gauck hat seine Haltung zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr konkretisiert und die Linkspartei in diesem Zusammenhang scharf angegriffen. "Um es klar zu sagen, ich finde den Einsatz nicht gut, aber erträglich und gerechtfertigt", sagte der ehemalige DDR-Bürgerrechtler der "Saarbrücker Zeitung". Mehrere Vertreter der Linkspartei hatten zuvor erklärt, Gauck sei auch deshalb nicht wählbar für ihre Partei, weil er den Krieg in Afghanistan unterstütze.
Gauck sagte, es sei schon sehr merkwürdig, dass eine politische Richtung, die Jahrzehnte lang den bewaffneten Befreiungskampf in Afrika und anderswo bejubelt habe, nun einen Radikalpazifismus pflege. "Das ist ein taktischer, aber kein ethischer Pazifismus."
Gauck wies auch den Vorwurf aus der Linken zurück, er habe als Pfarrer zu DDR-Zeiten gehabt. "Das ist ein trauriger, ein empörender Umgang mit der Wahrheit." Seine Söhne hätten außer Landes gehen müssen, um die Berufe erlernen zu können, die sie heute ausübten, sagte er. "Wenn jetzt die verwöhnten Kinder der roten Bourgeoisie von einst so über mich urteilen, dann ist dies erbärmlich und hat mit politischer Aufklärung nichts zu tun."
Gauck immer beliebter
Wenige Tage vor der Wahl des Bundespräsidenten gewinnt Gauck indes noch einmal an Zustimmung bei den Deutschen. Nach einer repräsentativen Emnid-Umfrage im Auftrag der "Bild am Sonntag" halten 42 Prozent der Bundesbürger Gauck für den besseren Bundespräsidenten. 36 Prozent sind für den Kandidaten von Union und FDP, Christian Wulff. Damit legte Gauck seit seiner Nominierung vor gut drei Wochen zehn Prozentpunkte zu. Im Vergleich zur Vorwoche gewann er drei Punkte hinzu, Wulff verlor einen Prozentpunkt.

Christian Wulff ist der schwarz-gelbe Kandidat.
(Foto: APN)
Bei den Frauen liegt der schwarz-gelbe Bewerber Wulff mit 41 zu 32 Prozent deutlich vor Gauck. Bei den Männern halten dagegen 53 Prozent den früheren DDR-Bürgerrechtler und nur 31 Prozent den niedersächsischen Ministerpräsidenten für die bessere Wahl.
Allerdings rechnet jeder zweite Deutsche der Umfrage zufolge damit, dass Wulff in der Bundesversammlung am Mittwoch zum Nachfolger von Horst Köhler gewählt wird, 40 Prozent erwarten einen Sieg Gaucks. Die Bundesversammlung besteht aus den 622 Bundestagsabgeordneten und ebenso vielen Mitgliedern, die von den Parlamenten der 16 Bundesländer entsandt werden.
Wulff plant im Falle seines Wahlsieges den Aufbau einer "Denkfabrik". "Im neuen Amt wird es um Anstöße zu großen Fragen unserer Zeit gehen wie die Bewältigung der demografischen Entwicklung, die Verhinderung einer Überforderung der jungen Generation sowie die Integration von Migranten", sagte Wulff. Deswegen würde er das Schloss Bellevue zu einer Denkfabrik für Deutschland machen. Wissenschaftler, Politiker, Künstler, kluge Köpfe könnten dabei helfen, Anregungen zu geben, das Land modern und zukunftsfest zu machen. Auch die Unterstützung des Kandidaten von Grünen und SPD sei denkbar: "Selbstverständlich. Ich halte sehr viel von Joachim Gauck."
Den Sohn integrieren
Zudem will Wulff in seinem Amtszimmer eine Spielecke für seinen zweijährigen Sohn Linus. "Mein kleiner Sohn ist häufig in meinem Amtszimmer in Hannover und hat dort eine Spielecke. Die würde er auch im Schloss Bellevue haben", so der Niedersachse. "Kinderlärm ist Zukunftsmusik, und wo Menschen arbeiten, muss auch Platz für Kinder sein."
Auf den Besuch von Popkonzerten will Wulff auch als möglicher Bundespräsident nur ungern verzichten. Er habe seiner Frau Bettina zu Weihnachten Karten für Stehplätze beim Konzert der irischen Band U2 im August in Hannover geschenkt, sagte er. "Ich habe Karten für den Innenraum genommen, weil meine Frau nicht so gern auf der Tribüne sitzt. Ob das als Bundespräsident geht, weiß ich natürlich nicht genau", ergänzte Wulff.
Quelle: ntv.de, AFP/rts