"Grün pur" gibt es nicht Gegen Kurs der Führung
08.02.2008, 12:29 UhrEntgegen allen Warnungen der Parteispitze ist bei den Grünen die Diskussion über künftige Bündnisse mit den Linken voll im Gange. Nach den Vizevorsitzenden der Grünen-Bundestagsfraktion Jürgen Trittin und Christian hat auch die außenpolitische Sprecherin Kerstin Müller das Nein der Grünen-Führung zu einer Koalition aus SPD, Linken und Grünen in Hessen scharf kritisiert.
"Als Partei mit Gestaltungsanspruch können wir doch nicht nur Inhalte definieren, sondern wir müssen auch die Machtfrage stellen", sagte die Bundestagsabgeordnete dem "Kölner Stadt-Anzeiger". In allen Grünen-Versammlungen und Hinterzimmern werde darüber diskutiert, dass mögliche Partnerschaften geprüft werden müssten, weil es "Grün pur" nicht gebe. "Nur unsere Führung sagt, man dürfe das nicht. Das ist absurd." Rot-Rot-Grün in Hessen wäre konsequent, sagte Müller. Für den Bund schloss sie eine Koalition mit den Linken 2009 aus außenpolitischen Gründen aus.
Fraktionschef Fritz Kuhn sagte der "Landeszeitung Lüneburg" mit Blick auf die Linken: "Es gibt massive Differenzen in der Wirtschafts- und Außenpolitik." Die Parteispitze sieht in Bündnisspekulationen eine Gefahr für die anstehende Bürgerschaftswahl in Hamburg und die Kommunalwahlen in Bayern, wo es möglichst oft mit Rot-Grün klappen soll. Die Vorsitzende Claudia Roth hatte deshalb "Farbspielchen" kritisiert, zugleich aber gesagt, niemand wisse, was die Zukunft bringe.
Der Vizechef der Grünen-Fraktion, Jürgen Trittin, vertritt seit einigen Tagen öffentlich die Position, dass die SPD künftig auch im Westen Koalitionsgespräche mit den Linken aufnehmen werde und die Grünen dann nicht abseits stehen sollten. Eine Ausgrenzung der Linken diene nur "der Konservierung der Machtbeteiligung der Konservativen", sagte er in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Im Saarland könne 2009 CDU-Ministerpräsident Peter Müller nur mit einem Dreierbündnis abgelöst werden, sagte Trittin mit Blick auf eine mögliche rot-rot-grüne Koalition. Der Vizefraktionschef hatte zuvor bereits der "Rheinischen Post" gesagt: "Ich glaube, dass die Linkspartei spätestens im Saarland auch im Westen nach Regierungsverantwortung streben und mit der SPD koalieren wird." Sollte seine Partei zu einer solchen Regierungsbildung notwendig sein, "wird sie mitverhandeln". Die saarländischen Grünen wiesen den Vorstoß allerdings zurück.
Auch Fraktionsvize Ströbele forderte in der "Berliner Zeitung": "Rot-Rot-Grün darf nicht auf ewig ein Tabu sein." Die Grünen stünden den Linken oft näher als Union oder FDP. Dies gelte zum Beispiel für die soziale Gerechtigkeit und ökologische Fragen. "Die linke Mehrheit bei Wahlen sollte perspektivisch auch zu einer linken Regierungsmehrheit führen", sagte Ströbele. Er plädierte dafür, Bündnisse mit den Linken in Wahlkämpfen nicht mehr von vornherein auszuschließen. "Und dann wird sich in Gesprächen zeigen, was geht und was nicht geht", so Ströbele. Er habe den Eindruck, dass bei den Grünen die Bereitschaft wachse, auf die Linken zuzugehen.
Fraktionsvize Krista Sager sagte im rbb-Inforadio, niemand dürfe aus Prinzip ausgegrenzt werden. Die Linken seien ebenso ungefährlich wie ein SPD-Landesverband, der in den 70er Jahren stehen geblieben sei, sagte der Bundestagsabgeordnete Anton Hofreiter.
"Ich würd’s glatt riskieren", kommentierte der Linke-Vorsitzende Lothar Bisky bei n-tv rot-rot-grüne Spekulationen. "Selbstverständlich wollen die uns umarmen, um uns zu ersticken. Ich bitte darum: man soll uns entzaubern."
Quelle: ntv.de