"Fahren alle Kapazitäten hoch" Deutlich mehr Menschen melden sich zum Wehrdienst
20.09.2025, 12:40 Uhr Artikel anhören
Mit 13.000 neu registrierten Soldaten bis August ist das Ziel von 15.000 Soldaten für 2025 schon fast erreicht, so Pistorius (Archivbild).
(Foto: picture alliance / epd-bild)
Mit dem neuen Wehrdienstgesetz sollen bei der Bundeswehr deutlich mehr Soldaten ausgebildet und beibehalten werden. Die Anmeldungen schnellen schon jetzt in die Höhe, wie Generalinspekteur Breuer sagt. Die Linke will derweil ehemalige NVA-Soldaten aktivieren.
Die Bundeswehr verzeichnet nach Angaben von Generalinspekteur Carsten Breuer ein gestiegenes Interesse am Wehrdienst. "Wir haben einen deutlichen Sprung nach vorne gemacht. Im Vergleich zum Vorjahr haben sich 15 Prozent mehr junge Menschen für den freiwilligen Wehrdienst entschieden", sagte Breuer in Berlin.
Das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf zur Einführung eines neuen Wehrdienstes beschlossen. Wenn der Bundestag zustimmt, soll das Gesetz zum 1. Januar 2026 in Kraft treten. Vor allem aus der Union wurden wiederholt Zweifel laut, ob sich mit der Kombination aus Wehrerfassung, Musterpflicht und Freiwilligkeit eine ausreichende Zahl an künftigen Soldaten gewinnen lässt. Dagegen sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius jüngst: "Wir haben für dieses Jahr 15.000 angepeilt und sind jetzt im August schon bei knapp 13.000 angelangt." Ziel sei es, bis 2029 auf jährlich 30.000 zu kommen und dann 110.000 Wehrdienstleistende ausgebildet zu haben.
"Wir fahren alle Kapazitäten hoch, die man hochfahren kann. Jedem ist klar, dass wir die jungen Männer und Frauen, die durch den neuen Wehrdienst zu uns kommen, dringend brauchen", sagte Breuer. "Wir stehen einer Bedrohung gegenüber, der wir etwas entgegensetzen müssen."
Die Bundeswehr habe derzeit insgesamt 20.000 Plätze für den bestehenden, freiwilligen Wehrdienst, die genutzt werden könnten. Er gehe davon aus, dass Wehrdienstleistende auch im kommenden Jahr noch ausreichend in den bestehenden Strukturen ausgebildet werden könnten. "Und ob wir in den Folgejahren beispielsweise auch Reservisten zusätzlich als Ausbilder mit heranziehen, werden wir in den nächsten Wochen bewerten", sagte er.
"Einstiegstor" für längerfristigen Dienst
Die Bedrohungslage mache es nötig, die Einsatzbereitschaft hochzuhalten. Darauf achte er. "Ein Kommandant eines Kampfpanzers ist mit seinem Panzer entweder in der Vorbereitung für das Gefecht an der Nato-Ostflanke und bildet seine Besatzung aus. Oder er ist Gruppenführer in der Basisausbildung und bildet Wehrdienstleistende aus", sagte Breuer. Und: "Beides zeitgleich geht nicht. Die richtige Balance zu finden, ist, worauf es jetzt ankommt."
Er gehe davon aus, dass sich mit dem neuen Wehrdienst auch mehr Männer und Frauen als Zeit- und Berufssoldaten verpflichten werden: "Das Einstiegstor war für viele früher auch der Wehrdienst. Darüber sind viele zur Bundeswehr gekommen und haben sich dann auch länger verpflichtet, obwohl sie sich das zu Beginn ihres Wehrdienstes selbst nicht gedacht hätten. Warum sollte das heute anders sein?"
Linke: Reservisten mit alten NVA-Soldaten aufstocken
Neben dem Ziel von insgesamt 260.000 aktiven Soldaten sollen auch 200.000 beorderte Reservisten künftig der Bundeswehr dienen. Reservist ist jeder, der in der Bundeswehr gedient und seinen Dienstgrad nicht verloren hat - rechnerisch sind das 860.000 Menschen. Beordert sind bisher allerdings nur etwa 40.000 Menschen.
Um diese Zahlen zu erreichen, hat der Linken-Politiker Dietmar Bartsch vorgeschlagen, auch frühere Soldaten der Nationalen Volksarmee der DDR als Reservisten heranzuziehen. "Auch wenn alle früheren NVA-Soldaten inzwischen über 50 Jahre alt sind, sollte man überdenken, ob ihr kompletter Ausschluss aufrechterhalten werden soll", sagte Bartsch der "Süddeutschen Zeitung". Es könnte unter anderem im Heimatschutz viele Aufgaben geben.
Bartsch selbst hatte seinen Grundwehrdienst in einem Fallschirmjägerbataillon der NVA absolviert. Die Armee, die nach der Wiedervereinigung aufgelöst wurde, war dem Schutz der sozialistischen Staatsform verpflichtet.
Die Heimatschutzregimenter der Bundeswehr bestehen zum Großteil aus Reservisten, sie stellen im Krisen- und Verteidigungsfall sicher, dass Truppen schnell und sicher zu ihrem Einsatzort kommen und die Infrastruktur geschützt wird. Manche Heimatschutzregimenter haben zuletzt auch "Ungediente" ausgebildet, also Interessierte ohne Berührungspunkte zur Bundeswehr.
Quelle: ntv.de, gri/dpa