Tiefschlag für rot-grüne Regierung Gericht dreht NRW den Geldhahn ab
18.01.2011, 15:34 Uhr
(Foto: dapd)
In Nordrhein-Westfalen steht die Landesregierung auf wackeligen Füßen, eine absolute Mehrheit hat Rot-Grün nicht. Jetzt wird die Arbeit von Ministerpräsidentin Kraft und ihrem Kabinett noch ungemütlicher. Ein Gericht gibt der Opposition vorerst recht - und kippt den Nachtragshaushalt.
Die rot-grüne Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen hat im Verfassungsstreit um ihr bislang wichtiges Gesetz eine Teilniederlage hinnehmen müssen. Auf Antrag der Oppositionsfraktionen von CDU und FDP stoppte das Landesverfassungsgericht in Münster per einstweiliger Anordnung den Vollzug des Nachtragsetats 2010, der eine Rekordverschuldung von 8,4 Milliarden Euro vorsieht. Die Entscheidung ist ein einmaliger Vorgang in der Landesgeschichte.
Außerdem soll die Landesregierung bis zu einer endgültigen Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit keine weiteren Kredite auf der Basis des Nachtragshaushaltsgesetzes 2010 aufnehmen. Am 15. Februar will das Gericht dann mündlich verhandeln. Der unmittelbar bevorstehende Haushaltsabschluss solle um wenige Wochen hinausgeschoben werden, "um vollendete Tatsachen zu verhindern", so das Gericht.
Turbulenzen drohen
Der Nachtragsetat für das vergangene Jahr gilt als bislang wichtigstes Gesetzesvorhaben, das die rot-grüne Landesregierung mit Hilfe der Linken im Düsseldorfer Landtag durchsetzen konnte. SPD und Grünen fehlen im Landesparlament eine Stimme zur absoluten Mehrheit. Das Gesetz war der Minderheitsregierung unter anderem nötig geworden, um Vorsorge für riskante Investments der WestLB zu bilden. Sollte Rot-Grün mit dem Nachtragsetat vor dem Verfassungsgericht scheitern, könnte dies die Landesregierung in schwere Turbulenzen bringen. Der Etat konnte im Dezember vergangenen Jahres nur deshalb verabschiedet werden, weil drei CDU-Abgeordnete - darunter auch Ex-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers - bei der Abstimmung gefehlt hatten.
Der Verfassungsgerichtshof folgte nicht der Argumentation der Landesregierung, der Nachtragshaushalt 2010 sei bereits vollzogen und Umbuchungen in Sondervermögen könnten nicht mehr zurückgebucht werden. "Auch eine Gefahr für die Handlungsfähigkeit der Regierung oder eine Vorwegnahme der Hauptsache ist nach Einschätzung des Verfassungsgerichtshofs mit der Anordnung nicht verbunden", hieß es in einer Mitteilung des Gerichts. "Ohne ihren Erlass wäre hingegen konkret zu befürchten gewesen, dass zwischenzeitlich auf der Grundlage einer möglicherweise verfassungswidrigen Ermächtigung Kredite in Milliardenhöhe aufgenommen worden wären.
"Wirkliche Sensation"
Der Bundesumweltminister und Vorsitzende der NRW-CDU, Norbert Röttgen, nannte die Entscheidung des Verfassungsgerichts eine "wirkliche Sensation". Die Aufstellung des Haushalts habe die Ignoranz und Überheblichkeit der Landesregierung gezeigt, sagte Röttgen. Dem Gericht sei "der Geduldsfaden gerissen". "Jetzt ist die Regierung am Zug."
Auch Nordrhein-Westfalens FDP-Chef Daniel Bahr erklärte in Düsseldorf, das Landesverfassungsgericht habe "die massive Verschuldungspolitik der rot-grünen Regierung untersagt". Dies sei gut für Nordrhein-Westfalen. Er erwarte jetzt einen "klaren Kurswechsel" von SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, fügte Bahr hinzu.
Quelle: ntv.de, rpe/AFP/rts/dpa