Politik

Der Fall Kurnaz Getrübtes Koalitionsklima

Der Fall des früheren Guantnamo-Häftlings Murat Kurnaz vergiftet zunehmend die Stimmung in der großen Koalition. Die SPD reagierte am Dienstag gereizt auf Vorhaltungen aus der CDU/CSU-Fraktion an die Adresse von Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Die Union rechtfertigte das Vorgehen.

Trotz Verärgerung in der SPD über die Kritik aus der CDU/CSU gegen Steinmeier (SPD) will die Union den Fall Kurnaz im Untersuchungsausschuss weiter aufklären. Ihr parlamentarischer Geschäftsführer Norbert Röttgen (CDU) sagte am Dienstag, auch die Union lege auf einen "fairen Umgang" Wert. Selbstverständlich sei aber auch, "dass Fragen gestellt werden". Es sei festzustellen, dass Kurnaz unter der neuen Bundesregierung nach Deutschland habe einreisen können. Deshalb müsse auch gefragt werden, warum dies zur Zeit der alten rot-grünen Regierung nicht möglich gewesen sei.

SPD-Chef Kurt Beck war am Dienstagabend bei der Sitzung des Koalitionsausschusses mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu einem Vier-Augen-Treffen zusammengekommen. Dem Vernehmen nach brachte Beck dabei seine Verärgerung über die anhaltenden Versuche von Unionspolitikern zum Ausdruck, Steinmeiers Glaubwürdigkeit in Zweifel zu ziehen. In der SPD-Führung wird diese Äußerung als gezielte Unions-Strategie bewertet, den populären Außenminister aus parteitaktischen Gründen in ein schiefes Licht zu bringen.

Von Klaeden plädiert für Fairness

Neben Kritik am Verhalten von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) im Fall Kurnaz wird in der Union auch Lob für seine Politik laut. "Gerade im Konflikt mit dem Iran, wo viele seiner Parteifreunde zu nachgiebig sind oder antiamerikanische Töne anschlagen, ist der Außenminister sehr konsequent", sagte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Eckart von Klaeden (CDU), der Zeitung "Die Welt". Zwar wolle die Union "die Differenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit der rot-grünen Außenpolitik" deutlich herausstellen. Zugleich achte sie aber darauf, "wenn ein Mitglied der Koalition in Schwierigkeiten ist, dass er fair behandelt wird".

Liberale für baldige Vernehmung

Die FDP will eine frühere Vernehmung von Steinmeier im BND-Untersuchungsauschuss beantragen. "Wir wollen Herrn Steinmeier Gelegenheit geben, dass er seine Ansicht alsbald darlegen kann", kündigte der Obmann der Liberalen im Ausschuss, Max Stadler, am Dienstag in Berlin an. Die FDP werde dafür zwei Sondersitzungen des Gremiums in der nächsten und der übernächsten Wochen vorschlagen: In der ersten Sondersitzung sollten der frühere Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Claus Henning Schapper, Ex-Außenminister Joschka Fischer (Grüne) und der heutige Kanzleramtschef Thomas de Maiziere (CDU) aussagen. In der zweiten Sondersitzung solle dann Steinmeier selbst als Zeuge auftreten.

Stadler kündigte an, er wolle die frühere Vernehmung Steinmeiers am Mittwoch im Gespräch mit den anderen Obleuten beantragen. Im Ausschuss selbst werde es darüber dann einen Mehrheitsentscheid geben. Nach der bisherigen Planung würde Steinmeier frühestens im März oder April vernommen.

Buch über Guantnamo-Zeit

Kurnaz hat seine Erinnerungen an die Zeit im US-Gefangenenlager in einem Buch verarbeitet. Der autobiografische Text "Fünf Jahre meines Lebens. Ein Bericht aus Guantnamo" soll am 23. April erscheinen, wie der Rowohlt-Verlag am Dienstag mitteilte.

Der aus Bremen stammende Türke beschreibt mit Hilfe eines Co-Autors auf 256 Seiten sein viereinhalb Jahre währendes Martyrium im dem Lager im US-Militärstützpunkt auf Kuba. Das Buch enthülle Einzelheiten, die so noch nicht bekannt seien, hieß es.

Quelle: ntv.de

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