Heikle Aussage im Wulff-Prozess Glaeseker könnte Rache nehmen
22.01.2014, 06:17 Uhr
Olaf Glaeseker: Am 10. Februar sagt Wulff in seinem Prozess aus.
(Foto: picture alliance / dpa)
Auf dem Höhepunkt seiner Korruptionsaffäre ließ Christian Wulff seinen Sprecher feuern. Nun sagt er im Prozess gegen den Ex-Bundespräsidenten aus. Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt: Olaf Glaeseker könnte ihm zum Verhängnis werden.
Sie waren wie "siamesische Zwillinge". Sie wussten stets, was den anderen umtreibt. So beschrieb der frühere Bundespräsident Christian Wulff einst das Verhältnis zu seinem Sprecher Olaf Glaeseker. In der Vorweihnachtszeit 2011 ließ Wulff seinen Vertrauten trotzdem fallen. Der Druck in der Korruptionsaffäre, die ihn am Ende das Amt kostete, war zu groß. Heute soll nun ausgerechnet Glaeseker am Landgericht Hannover im Prozess gegen Wulff aussagen. Der Auftritt könnte seine Chance sein, Rache zu nehmen.

Ex-Bundespräsident Wulff wehrte sich dagegen, dass die Justiz den Prozess einstellt, er setzt auf einen Freispruch.
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Lange galt ein Freispruch Wulffs als sicher. Richter Frank Rosenow pochte darauf, den Fall bis Ende Januar abzuarbeiten. Er sah die Vorwürfe gegen Wulff offensichtlich nicht ausreichend belegt an. Anfang Januar gelang der Staatsanwaltschaft dann aber ein Coup. Glaeseker machte bis dahin stets von seinem Aussageverweigerungsrecht gebrauch. Er hätte sich selbst belasten können. Zum Jahreswechsel liefen Fristen zur Strafverfolgung Glaesekers in einigen Fällen aber aus. Und das nutzte die Staatsanwaltschaft. Im geplant letzten Prozesstag vor den abschließenden Plädoyers forderte sie unter anderem seine Aussage. Um keinen Revisionsgrund zu liefern, musste Rosenow den Zeugen zulassen.
Glaeseker behauptet zwar, er sei nicht auf Rache aus. "Ich habe ihm verziehen", sagte er in der vergangene Woche dem "Spiegel". Doch genau genommen, hat Glaeseker Wulff längst geschadet. Und die Staatsanwaltschaft zeigt sich überzeugt davon, dass Glaeseker Wulff am Ende gar zum Verhängnis wird.
Wulff wusste angeblich von Sponsorenwerbung
Glaeseker ist selbst Angeklagter in einem Prozess. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Bestechlichkeit vor. Als Sprecher der niedersächsischen Landesregierung soll er zwischen 2007 und 2009 mehrmals kostenlos Urlaub in Anwesen des Veranstaltungsmanagers Manfred Schmidt gemacht haben – angeblich warb er im Gegenzug für Schmidts Veranstaltungsreihe "Nord-Süd-Dialog". Glaeseker behauptete nun im "Spiegel", dass Wulff, damals niedersächsischer Ministerpräsident und damit auch zu jener Zeit Glaesekers Vorgesetzter, von den kostenlosen Aufenthalten bei Schmidt gewusst habe.
Strafrechtlich haben die Behauptungen Glaesekers zwar keine Konsequenzen. Wulff ist anders als Glaeseker nicht wegen der umstrittenen Sponsorenwerbung für den "Nord-Süd-Dialog" angeklagt. "Das steht in keinem Zusammenhang", versicherte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft n-tv.de. Seiner Glaubwürdigkeit dürfte die Episode trotzdem schaden. Zudem verfügt Glaeseker der Staatsanwaltschaft zufolge auch über strafrechtlich relevante Informationen.
Der wahre Freund zeigt sich in der Not
Wulff steht vor Gericht, weil er sich 2008 vom Filmproduzenten David Groenewold zum Oktoberfest einladen ließ und dafür angeblich später für ein Filmprojekt Groenewolds warb. Die Staatsanwaltschaft würde zwar nicht so weit gehen wie Wulff und behauptet, dass Glaesekers damals wie ein siamesischer Zwilling für ihn war. Sie geht aber davon aus, dass Wulff und Glaeseker in diesen Tagen ein "enges dienstliches Verhältnis" pflegten. Auch Glaeseker sei auf dem Oktoberfest gewesen, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Und so liege es nahe, dass er Kenntnis über Absprachen zwischen Wulff und Groenewold habe.
Trotz seiner Beteuerung im "Spiegel", Wulff verziehen zu haben, spricht aus Glaeseker tiefe Verbitterung, wenn er sich dieser an die Tage seines Rauswurf 2011 und die damit einhergehende öffentliche Distanzierung von ihm erinnert. "Ich fand das verstörend", sagte Glaeseker, und weiter: "Der wahre Freund zeigt sich in der Not."
Doch selbst wenn Glaeseker auf Rache aus sein sollte: Ganz ungebremst kann er sie nicht ausleben. Zwar droht er nicht mehr, sich durch eine Aussage im Wulff-Prozess selbst straftrechtlich zu belasten. Nur wenige Tage nach seinem Auftritt im Landgericht Hannover, am 10. Februar, soll Wulff aber auch im Glaeseker-Prozess aussagen. Ein Pech für Glaeseker, dass es heute ganz klar ist, dass er und Wulff nicht wie siamesische Zwillinge ticken. Er kann nur erahnen, was Wulff dieser Tage umtreibt - und wozu er am 10. Februar bereit ist.
Quelle: ntv.de