Politik

Cameron unterdrückt Migrationsbericht Großbritannien lobt Zuwanderer erst später

Auf dem Busbahnhof der bulgarischen Hauptstadt Sofia. Eine Frau steht vor dem Bus nach London.

Auf dem Busbahnhof der bulgarischen Hauptstadt Sofia. Eine Frau steht vor dem Bus nach London.

(Foto: REUTERS)

Nach Wochen der hitzigen Debatte setzt die Bundesregierung bei der Veröffentlichung ihres Zuwanderungsreports auf versöhnliche, einladende Worte. In Großbritannien sieht die Lage ganz anders aus. Cameron unterdrückt einen offiziellen Migrationsbericht - weil er zu positiv ausfällt.

"Die Freizügigkeit innerhalb der EU muss weniger frei sein", sagt David Cameron.

"Die Freizügigkeit innerhalb der EU muss weniger frei sein", sagt David Cameron.

(Foto: REUTERS)

Migrationsberichte erscheinen in der Regel zu Jahresbeginn. Dann liegen alle Statistiken zur Zu- und Abwanderung, zu Arbeitslosenzahlen und dem Bezug von Sozialleistungen vor – und es blieb genug Zeit, sie auszuwerten. So auch in Großbritannien. Dort sollte der aktuelle Migrationsbericht ursprünglich Ende Februar erscheinen. Die britische Regierung wird mit dem Papier dieses Mal aber nicht rechtzeitig fertig. Das behauptet sie zumindest. Ein Sprecher von Premierminister David Cameron bestätigte, dass der Bericht erst nach der Europawahl erscheinen soll, also frühestens am 26. Mai.

Die "Financial Times" schürt allerdings Zweifel daran, dass langsam arbeitende Behörden die Veröffentlichung des Berichts verursachen. Offenbar ist die Veröffentlichung ausgerechnet nach der Europawahl kein Zufall.

Das Blatt zitiert einen anonymen Beamten mit den Worten: "Sie können den Bericht nicht vor der Europawahl veröffentlichen, weil sie dann eingestehen müssten, dass die Freizügigkeit in der EU eine gute Sache ist."

Auch die Inselbewohner debattieren über "Sozialmissbrauch"

In Großbritannien tobt dieser Tage eine ähnliche Zuwanderungsdebatte wie in Deutschland. Camerons Regierung macht Stimmung gegen Migranten aus Rumänien und Bulgarien, die zum Jahreswechsel vollen Zugang zum europäischen Arbeitsmarkt bekommen haben. Auch dort ist von "Missbrauch" und einer "Einwanderung in Sozialsysteme" die Rede.

Meinungsumfragen zufolge ist die Mehrzahl der Briten Zuwanderern gegenüber skeptisch. Premier Cameron wirbt vor der Europawahl daher dafür, die Freizügigkeit in der EU einzuschränken. "Die Freizügigkeit innerhalb der EU muss weniger frei sein", sagte er Ende des vergangenen Jahres.

Der Migrationsbericht hat allerdings das Potenzial, diese Rhetorik zu torpedieren. Der Chef des Rechnungshofes, Robert Chote, sagte, dass eine Reglementierung der Einwanderung die finanzielle Lage Großbritanniens schwächen würde. Er fügte hinzu: Die Wahrscheinlichkeit, dass Zuwanderer Sozialleistungen bezögen, sei geringer als bei alteingesessenen Briten. Für Cameron wäre diese Botschaft schwarz auf weiß in einem amtlichen Bericht ein herber Rückschlag.

Neue Töne in Deutschland

Während die Regierung in Großbritannien die Stimmung in der Zuwanderungsdebatte weiter anheizt, deutet sich in Deutschland eine überraschende Entspannung an. Am Dienstag verabschiedete die Bundesregierung den Zuwanderungsbericht des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Für das Jahr 2012 belegt er die höchste Zuwanderungszahl seit 1995. Von den 1,08 Millionen Zuwanderern kamen 623.000 aus EU-Mitgliedstaaten. Die meisten aus Polen, gefolgt von Menschen aus Rumänien und Bulgarien. Zieht man Auswanderer ab, lag der Bevölkerungswachstum durch Migration bei 396.000 Menschen. Im Bericht ist von einem "Wanderungsgewinn" die Rede.

Und anders als sein Vorgänger Hans-Peter Friedrich von der CSU sparte sich auch der neue Innenminister warnende Worte. Er sagte: Die Weichen für den Zuzug von Fachkräften seien richtig gestellt.

Nachdem die Debatte über "Armutswanderung" in Deutschland entbrannte warben nicht nur Wirtschaftsvertreter für die Zuwanderung. Auch die Bundesagentur für Arbeit veröffentlichte Berichte, die die Vorteile der Zuwanderung für die deutsche Gesellschaft aufzeigten.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen