Kreditanstalt Hunzinger? Grüne beenden Diskussion
22.07.2002, 07:27 UhrFür die Grünen ist die Diskussion um die Kredit-Affäre ihres Bundestagsabgeordneten Cem Özdemir beendet. "Cem Özdemir hat einen politischen Fehler begangen, den er auch einsieht. Und damit ist die Sache für uns erledigt", sagte Grünen-Chef Fritz Kuhn nach einer Vorstandssitzung in Berlin. Die Parteiführung habe den Fall eingehend mit Özdemir erörtert.
"Wenns ums Geld geht, Sparkasse"
Der innenpolitische Experte der Grünen hatte 1999 zur Begleichung von Steuerschulden von PR-Unternehmer Moritz Hunzinger einen Privatkredit in Höhe von 80.000 Mark zu einem Zinssatz von 5,5 Prozent angenommen. Normale Ratenkredite für Privatkunden lagen zu diesem Zeitpunkt bei etwa zehn Prozent. Eventuelle finanzielle Vorteile aus dem Kredit will Özdemir einer gemeinnützigen Organisation spenden. Das sagte er dem ZDF. Er habe einen Fehler begangen und hätte sich das Geld bei einer Bank leihen sollen.
Ähnlich äußerte sich Kuhn. "Wenn's ums Geld geht, Sparkasse", sagte der Grünen-Chef. Özdemir habe sich durch die Annahme des Kredits jedoch nicht in eine politische Abhängigkeit von Hunzinger begeben. Zuvor hatte sich bereits Fraktionschef Rezzo Schlauch zu dem Fall geäußert. Der Vorgang sei den Regeln nach nicht zu beanstanden, politisch aber "nicht glücklich", sagte er dem "Tagesspiegel". Mit dem Fall Scharping sei die Sache aber nicht zu vergleichen.
Gegen Versuche eine politische Kampagne gegen die Grünen zu starten, setzte sich Kuhn zur Wehr. Die Partei sei weder von Hunzinger noch von anderen Lobbyisten abhängig. Auch die Grünen-Spitzenpolitker Joschka Fischer, Renate Künast und Rezzo Schlauch hatten bei HunzingerVorträge gehalten und dafür Honorare erhalten.
Hunzinger: "Medienspektakel"
Der Unternehmer für Öffentlichkeitsarbeit, Hunzinger, ist sich selbst weiterhin keiner Schuld bewusst. Die Berichterstattung über den Kredit an Özdemir sei ein "Medienspektakel ", das "zum Totlachen " sei.
"Meine private Buchhaltung hat den Zinssatz mit der Steuerberatung festgelegt und da haben die gesagt: 'Nehmen wir den steuerlichen Satz.' Ich war damit überhaupt nicht befasst", sagte Hunzinger zu n-tv.
Die Entwicklung im Falle des gestürzten Ex-Verteidigungsminister Rudolf Scharpings (SPD) nannte Hunzinger "apokalyptisch". "Hier gibt es eine 'Stern'-Veröffentlichung mit Material, das 'fishy' (zu deutsch: faul) ist, und das führt zu einer Staatskrise und bringt auch noch unser Unternehmen in eine schlechte Presse", beklagte Hunzinger.
Wenig zuvor hatte Hunzinger noch angekündigt, seine Firmenpolitik überdenken zu wollen. "Wir werden unser Geschäftsmodell überprüfen", sagte er der "Bild"-Zeitung. Anlass für grundlegende Änderungen in seinem Geschäftsgebaren sehe er jedoch nicht.
"Sehr geschmacklos"
CSU-Landesgruppenchef Michael Glos nannte Scharpings Kontakte zu Hunzinger "sehr geschmacklos". Wenn die Darstellung des Magazins "Stern", die die Entlassung des SPD-Politikers als Verteidigungsminister ins Rollen gebracht hatte, zutreffe, sei Scharping zurecht aus dem Amt entfernt worden, urteilte Glos in der ARD.
Der Bundesregierung liegen nach Auskunft von Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye keine Hinweise auf weitere Kontakte von Ministerien zu Hunzinger vor. Dabei könne er auch für seinen eigenen Geschäftsbereich sprechen, sagte Heye, der Leiter des Bundespresseamtes ist.
"Brauchen schärfere Gesetze "
Der Parteienkritiker und Jurist Hans Herbert von Arnim hat als Konsequenz aus der Affäre um Scharping bei der Bestechung von Politikern ein härteres Durchgreifen gefordert. "Wir brauchen dringend schärfere Gesetze gegen die Bestechung von Abgeordneten, damit auch der Staatsanwalt ermitteln kann. Nach dem heutigen Recht können Abgeordnete ganz legal bestochen werden ", sagte von Arnim der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung".
Özdemirs Annahme eines Kredits von Hunzinger bezeichnete von Arnim als politische Stillosigkeit. "Das ist nicht koscher. Doch vielen Abgeordneten fehlt das Bewusstsein dafür, dass sie hier in den Geruch der Bestechlichkeit kommen", erklärte er.
Quelle: ntv.de