Zwölf Prozent bei Forsa Grüne finden ein Gewinnerthema
13.05.2015, 11:17 Uhr
Konstantin von Notz vor dem NSA-Untersuchungsausschuss: Die Grünen werden als die besseren Aufklärer der Affäre wahrgenommen.
(Foto: dpa)
Die klassischen Themen der Grünen scheinen abgearbeitet zu sein. Wie sollen sie künftig Wähler anziehen? Die neuesten Umfragewerte geben einen Hinweis.
Wenn es darum geht, die Situation der Grünen zu erklären, gibt es seit vielen Monaten ein festes Erklärungsmuster: Der Partei kommen ihre Themen abhanden. Jetzt, da der Atomausstieg besiegelt ist, ganz Deutschland seinen Müll trennt, die SPD die Energiewende entdeckt hat und selbst die CDU einer Frauenquote zustimmt, halten viele Wähler die Partei für überflüssig.
Nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima hatten die Grünen in den Umfragen neue Höhen erreicht. Zeitweise lagen sie im Stern-RTL-Wahltrend von Forsa mit über 25 Prozent sogar vor der SPD. Die Rede war von einer neuen Volkspartei. Doch dann folgten zwei Jahre, in denen es praktisch nur bergab ging. Bei der Bundestagwahl 2013 holten die Grünen 8,4 Prozent. Danach ergab die Sonntagsfrage drei Mal 11 Prozent, sonst weniger. Bis zu dieser Woche: Nun sagten 12 Prozent der Befragten, sie würden die Grünen wählen.
Der Gewinn geht zu Lasten von Union und SPD, die beide je einen Punkt verlieren. Das legt den Schluss nahe, dass die Grünen von einem Fehler der Koalitionsparteien profitieren. Und das könnte gut sein: Im Zeitraum vor der Befragung spielten die Machenschaften der Geheimdienste BND und NSA wieder eine Rolle in den Medien. Es besteht der Verdacht, der deutsche BND habe der amerikanischen NSA dabei geholfen, europäische Unternehmen auszuspionieren. Und das Bundeskanzleramt hätte davon schon vor Jahren wissen können.
Die Wähler weichen auf die Oppositionspartei aus, der sie die Aufarbeitung der BND-Affäre am ehesten zutrauen. Linke und Grüne haben im NSA-Untersuchungsausschuss viele unangenehme Fragen gestellt und viel herausgefunden. Offenbar wird die Arbeit der Linken Martina Renner und ihres Stellvertreters André Hahn aber weniger wahrgenommen als die des Grünen Konstantin von Notz und seines Stellvertreters Hans-Christian Ströbele.
Digitale Bürgerrechte haben Konjunktur
"Den digitalen Bürgerrechten widmen sich die Grünen schon lange", sagt von Notz. "Und zwar auch schon bevor Edward Snowden an die Öffentlichkeit gegangen ist." CDU und SPD hätten ein eher opportunistisches Verhältnis zu dem Thema. Sie sagen jetzt etwas zu dem Thema, "weil es gerade Konjunktur hat".
Wenn tatsächlich die Geheimdienstaffären Grund für den grünen Aufschwung sind, dann ist die Frage, wie lange dieser Aufschwung anhalten wird. Bislang geriet das Thema nach erster Aufregung immer wieder in Vergessenheit. Die Chance besteht, dass dies nun anders ist: denn im Fokus der neuen Erkenntnisse steht die Kanzlerin. Die Verantwortung für die Versäumnisse lässt sich immer schlechter auf die Beamten-Ebene schieben.
Offen ist allerdings, ob Aufklärer Notz nach der nächsten Wahl noch im Bundestag sein wird. Denn er hat in seinem Heimatbundesland Schleswig-Holstein starke Konkurrenz: Der dortige Umweltminister Robert Habeck würde gerne Spitzenkandidat der Grünen bei der Bundestagswahl werden. Bei der letzten Wahl konnten die schleswig-holsteinischen Grünen nur drei Abgeordnete nach Berlin schicken. Da die ungeraden Plätze auf der Liste für Frauen reserviert sind, kann nur ein Mann einen sicheren Listenplatz erreichen. Und da hat Notz gegen Habeck wohl keine Chance.
Quelle: ntv.de