"In die Tonne treten" Grüner Punkt sieht Rot
09.10.2007, 12:55 UhrWirtschaftsminister Michael Glos trifft mit seinem Vorstoß zur Abschaffung der Gelben Tonne auf Kritik. Der CSU-Politiker wolle "die derzeitige Kritik am Grünen Punkt dazu benutzen, die Verbrennung von Verpackungsmüll salonfähig zu machen", erklärten die Grünen. Auch Entsorgungsverbände erhoben Einwände.
Glos ist für eine grundsätzliche Überprüfung des bisherigen Systems von Grünem Punkt und Gelber Tonne in der nächsten Legislaturperiode. Derzeit ist nur eine leichte Korrektur des Systems im Gespräch, die aber für den Verbraucher praktisch nichts ändern würde. Ziel ist vor allem, alle Verkaufsverpackungen in die Finanzierung der Entsorgung über den Grünen Punkt einzubeziehen.
Grünen-Umweltexpertin Sylvia Kotting-Uhl, die den Verordnungsentwurf selbst bereits als unzureichend kritisiert hat, wies nun Glos' Vorstoß zurück. "Es reicht bei weitem nicht, nur den Gelben Sack 'in die Tonne' zu treten", betonte sie. Wenn Glos der Verbrennung das Wort rede, zeige das, dass er von Kreislaufwirtschaft nichts verstanden habe. Das jetzige System sei zwar teuer und "nicht zukunftsfähig". Ziel müsse es aber sein, Abfälle möglichst effizient und anspruchsvoll wieder zu verwerten.
Lobbyisten wollen System behalten
Auch der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft BDE reagierte mit "Unverständnis und Befremden" auf Glos' Erwägungen. Immerhin habe Glos mit Umweltminister Sigmar Gabriel gerade einen Kompromiss zur Verpackungsverordnung geschlossen. Die Novelle solle zügig und ohne weiteres Störfeuer von Glos Bundestag und Bundesrat passieren. Am Mittwoch wird es im Bundestag eine Anhörung zu der neuen Verordnung geben. Auch der BVSE Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung brach eine Lanze für das jetzige System der Getrenntsammlung von Verpackungsabfall einerseits und Restmüll andererseits.
Gelbe Tonne System von gestern
Das Wirtschaftsministerium vertritt die Auffassung, Grüner Punkt und Gelbe Tonne seien ökonomisch und ökologisch überholt. Die Entsorgung sei 13 Mal so teuer wie in eine "hochwertige thermische Verwertung" in Müllheizkraftwerken. Experten setzen inzwischen tatsächlich darauf, den Müll nicht mehr in den Haushalten, sondern in den Sammelstellen zu trennen - mit Hilfe modernster Technik. Neue Trennanlagen könnten den Müll wesentlich schneller, genauer und auch billiger sortieren als der Mensch. Darum sei es effizienter, den gesamten Haushaltsmüll einfach in eine Tonne zu schmeißen und erst später die Wertstoffe herauszufiltern.
Falscher Müll in Gelber Tonne
Momentan werden für die Gelben Tonnen meist keine Abfall-Gebühren fällig (Allerdings zahlt der Verbraucher an der Supermarktkasse bereits für den Grünen Punkt und damit die spätere Entsorgung). Immer mehr Bürger neigen darum dazu, auch Dinge in die Gelbe Tonne zu stecken, die dort nicht hingehören. Und Verpackungen und Kunststoffe, die gar keinen Gelben Punkt haben; zum Beispiel Verpackungen der Discount-Ketten, die eigene Rücknahme-Boxen in den Supermärkten aufgestellt haben. Genau hier will die neue Verpackungsordnung ansetzen. So sollen alle Hersteller und Händler zur Teilnahme am Grünen Punkt gezwungen werden, zur Freude des Dualen Systems, das in den meisten Regionen Deutschlands für das Recyceln zuständig ist.
Quelle: ntv.de