Opposition in Libyen jubelt Grünes Licht für Militäreinsatz
18.03.2011, 00:58 UhrNach wochenlangen Diskussionen machen die Vereinten Nationen den Weg für ein militärisches Vorgehen gegen Libyen frei. Deutschland enthält sich bei der Abstimmung. Die Rebellen feiern das Votum ausgelassen. Aus Tripolis sind derweil moderatere Töne zu vernehmen, sogar von einer Waffenruhe ist die Rede.
Jetzt ist das Militär am Zug: Die Vereinten Nationen haben den Weg frei gemacht für ein militärisches Vorgehen gegen Libyen. Der Sicherheitsrat hat eine Resolution verabschiedet, in der ein Flugverbot über dem nordafrikanischen Land verhängt wird, um die Zivilisten vor der Luftwaffe von Muammar al-Gaddafi zu schützen. Erlaubt ist außerdem militärisch fast alles - bis auf Bodentruppen. Deutschland enthielt sich in der Abstimmung und will das auch bei Luftschlägen tun.
Das Papier erlaubt Luftschläge und alle anderen "erforderlichen Maßnahmen" zum Schutze der Zivilisten, "mit Ausnahme von Okkupationstruppen". Möglich wäre also auch ein Angriff auf Bodenziele oder die Zerstörung der Luftwaffe am Boden durch Bomber oder Marschflugkörper. Die UN-Mitgliedsstaaten dürfen auch individuell handeln. Westliche Diplomaten wollten Luftschläge unmittelbar nach der Abstimmung, also noch in der Nacht zum Freitag, nicht ausschließen.

Der Sicherheitsrat hat die Resolution mit zehn Ja-Stimmen und fünf Enthaltungen verabschiedet.
(Foto: AP)
In der Rebellenhochburg Bengasi im Osten des Landes ist die Entscheidung begeistert worden. Viele Menschen hatten das mit Spannung erwartete Votum im Zentrum von Bengasi auf einer Großbildleinwand verfolgt. Als das Ergebnis verkündet wurde, brachen sie in Freudenstürme aus. Sie riefen "Libyen! Libyen!" und schwenkten die rot-schwarz-grünen Fahnen der Vor-Gaddafi-Ära. Viele schossen in die Luft, auch Feuerwerksraketen stiegen hoch. Auch in Tobruk kam es zu Freudenkundgebungen.
Verhandlungen oder "schlimmen Folgen"?
Der stellvertretende libysche Außenminister Chalid Kaim sagte in einer ersten Reaktion, Tripolis wolle "positiv" mit der Entscheidung des UN-Sicherheitsrats umgehen. "Wir werden unseren Willen zeigen, den Zivilisten Schutz zu garantieren." Grundsätzlich sei die libysche Führung zu Verhandlungen über einen Waffenstillstand mit den Rebellen bereit. Zunächst müsse aber über die Details einer solchen Vereinbarung diskutiert werden. Die internationale Gemeinschaft solle eine Kommission entsenden, die sich mit der Lage im Land auseinandersetzen soll, forderte Kaim.
Zuvor hatte Gaddafis selbst weit weniger versönliche Töne angeschlagen. In einem Interview mit dem portugiesischen Fernsehsenders RTP kündigte der Diktator an, er wolle der Welt "das Leben zur Hölle machen", falls sein Land von ausländischen Mächten angegriffen werden sollte. "Er (der Westen) würde nie wieder Frieden haben." Sollte die Welt verrückt handeln, werde man ebenso reagieren, warnte Gaddafi in dem etwa dreiminütigem Gespräch. Die Länder der Europäischen Union bezeichnete er als "Verräter", die der Propaganda aufgessen seien.
Nach außen hin sehr ruhig wirkend fügte Gaddafi an, der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen habe kein Mandat, um sich in Libyen einzumischen. "Wir werden keine Resolutionen oder Entscheidungen (des Sicherheitsrates) befolgen. Es ist nicht so, dass es Krieg zwischen zwei Ländern gibt." Nach der UN-Charta, so Gaddafi, dürfe sich der Sicherheitsrat nicht in interne Angelegenheiten eines Landes einmischen. Ein Angriff auf Libyen würde "einer Kolonisierung ohne Rechtfertigung" gleichkommen, die "ernste und schlimme Folgen nach sich ziehen würde".
Enthaltung aus Deutschland
US-Präsident Barack Obama hat inzwischen mit dem britischen Regierungschef David Cameron und dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy telefoniert. Alle drei hätten darin übereingestimmt, dass Libyen "unverzüglich allen Bestimmungen in der Entschließung nachkommen und dass die Gewalt gegen die Zivilbevölkerung von Libyen enden muss", teilte das Weiße Haus in der Nacht zum Freitag mit. Obama, Cameron und Sarkozy hätten eine enge Koordination "der nächsten Schritte" vereinbart und eine weitere Zusammenarbeit mit arabischen und anderen internationalen Partnern, "um die Durchsetzung der Resolutionen des UN-Sicherheitsrats zu Libyen sicherzustellen".

Westerwelle und Merkel hatten sich gegen eine Flugverbotszone ausgesprochen.
(Foto: dapd)
Bei der Abstimmung hatten sich die Vetomächte Russland, China sowie Indien, Brasilien und auch Deutschland enthalten. Bundesaußenminister Westerwelle begrüßte das Flugverbot, steht der Möglichkeit einer militärischen Intervention aber skeptisch gegenüber. "Wir sehen hier erhebliche Gefahren und Risiken. Deswegen können wir diesem Teil der Resolution nicht zustimmen", heißt es in einer Mitteilung des Außenministeriums. Deutsche Soldaten würden sich an einem militärischen Einsatz in Libyen nicht beteiligen.
Arabische Liga soll eingebunden werden
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon lobte das Votum als eine "historische Entscheidung". Wegen der kritischen Lage vor Ort erwarte "unmittelbares Handeln". Auch die Europäische begrüßte die Libyen-Resolution. Diese sei "eine klare Grundlage für die Mitglieder der internationalen Gemeinschaft, der Zivilbevölkerung Schutz zu gewähren", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung des EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy und der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton. Nun sei die Kooperation mit der Arabischen Liga und der Afrikanischen Union wichtig. Die EU werde sich auch mit anderen internationalen Partnern darüber verständigen, "wie wir am besten so rasch wie möglich zur Umsetzung der Beschlüsse des UN-Sicherheitsrates beitragen können".
Quelle: ntv.de, ino/dpa