Politik

Jüdische Siedlungen plötzlich legal? Gutachten elektrisiert Israel

Benjamin Netanjahu gab den Auftrag.

Benjamin Netanjahu gab den Auftrag.

(Foto: AP)

Vor Jahren kommt eine Gutachterin zu dem Schluss, die Siedlungen Israels in den Palästinensergebieten seien illegal. Ministerpräsident Netanjahu gibt vor Monaten eine neue Untersuchung in Auftrag - die Experten sagen nun: Im Grunde alles rechtmäßig. Israels Konservative jubeln, die Europäische Union kritisiert.

Ein neues Gutachten hat der israelischen Regierung die Legalisierung nicht genehmigter Siedlungen im Westjordanland und in Ost-Jerusalem empfohlen. Die illegal errichteten Siedlungen könnten ohne neue Beschlüsse der Regierung legalisiert werden, da die verschiedenen Regierungen den Siedlungsbau gefördert hätten, heißt es in dem 89 Seiten langen Bericht, aus dem mehrere israelische Medien zitierten. Er wurde von drei Juristen erstellt, die Ende Januar von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu damit beauftragt worden waren, den rechtlichen Status der Siedlungen zu klären.

Der Bericht widerspricht damit der Position der internationalen Gemeinschaft, wonach die Siedlungen illegal sind und ein Hindernis auf dem Weg zu einer Friedensregelung mit den Palästinensern darstellen.

Rechtsorientierte israelische Politiker und Siedlervertreter reagierten euphorisch auf den neuen Bericht. Umweltminister Gilad Erdan (Likud) sprach von "historischer Gerechtigkeit". Die Menschenrechtsorganisation Jesch Din kritisierte den Bericht hingegen scharf. Er ziele darauf ab, "ein Verbrechen zu legalisieren".

Europäische Union kritisch

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte zuvor die Kritik der Europäischen Union an der israelischen Siedlungspolitik bekräftigt. Siedlungen seien nach internationalem Recht illegal und stellten ein Hindernis für den Frieden dar, sagte Barroso vor Journalisten in Ramallah. Barroso ist derzeit auf einer dreitägigen Reise im Nahen Osten. Er werde die Siedlungsfrage auch bei Treffen mit der israelischen Führung ansprechen, sagte er.

Die Siedlungsfrage ist seit Jahren einer der Hauptstreitpunkte in den auf Eis liegenden Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern. Auch international stößt Israels Siedlungspolitik in den Palästinensergebieten auf scharfe Kritik: Aus Sicht der internationalen Gemeinschaft sind alle in den besetzten Gebieten errichteten israelischen Bauten illegal - unabhängig davon, ob sie mit oder ohne Baugenehmigung errichtet wurden.

Laut einem Bericht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kommt das Gutachten zu dem Schluss, dass die Siedler davon ausgehen konnten, es habe sich bei ihren Häusern um legale Bauten gehandelt. Die israelischen Regierungen hätten "in gänzlich böser Absicht gehandelt", indem sie den Siedlungsbau offiziell für illegal erklärt und ihn gleichzeitig gefördert hätten. Damit hätten sie ihr "stillschweigendes Einverständnis" für die illegalen Bauten gegeben, zitierte die "Jerusalem Post" aus dem Gutachten, das Israel auch grundsätzlich das Recht zugesteht, das Westjordanland zu besiedeln.

Gegensätzlicher Bericht

Kritik kam von der Rechtsanwältin Talia Sasson. Die Regierung dürfe sich nicht nach dem Gutachten richten, da nur das Oberste Gericht über den Status des Westjordanlands entscheiden dürfe, sagte Sasson im Radio. Sasson war 2004 selbst damit beauftragt worden, den rechtlichen Status der illegalen Siedlungen zu klären. Sie war in ihrem Bericht zur entgegengesetzten Schlussfolgerung gelangt.

Sasson hatte unter anderem geraten, den Bau von auch nach israelischem Recht verbotenen Außenposten mit Haft und Geldstrafen zu belegen. Behörden, besonders das israelische Verteidigungsministerium, unterstützten demzufolge die Siedlungen unter der Hand massiv.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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