Politik

Opposition schießt sich ein Guttenberg versucht sich in Sacharbeit

Für ein Ende der Wehrpflicht sind sowohl Koalition als auch Opposition. Die SPD findet aber, die Reform ist schlecht vorbereitet.

Für ein Ende der Wehrpflicht sind sowohl Koalition als auch Opposition. Die SPD findet aber, die Reform ist schlecht vorbereitet.

(Foto: dapd)

Der wegen der Doktortitel-Affäre angeschlagene Verteidigungsminister bemüht sich, zum politischen Alltag zurückzukehren und wirbt im Bundestag für die Reform der Bundeswehr. Allerdings hat er die Rechnung ohne die Opposition gemacht. Die SPD warnt vor einer "Reste-Truppe" und fordert weiter die Entlassung des Ministers. Der will in bestimmten Medien für den Dienst in der Bundeswehr werben, was ihm den Grünen-Vorwurf eines "schmutzigen Deals" einbringt.

Die Bundesregierung schließt die Reihen hinter ihrem wegen Plagiatsvorwürfen angeschlagenen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) lockerte überraschend das Spardiktat für den Verteidigungsbereich: Nach dem vorgelegten Etatrahmen hat Guttenberg bis Ende 2015 Zeit, die vorgesehenen gut 8,3 Milliarden Euro bei der Bundeswehr einzusparen, ein Jahr länger als geplant.

Guttenberg kann sich drehen und wenden wie er will: Die Plagiatsaffäre klebt wie Pech an ihm.

Guttenberg kann sich drehen und wenden wie er will: Die Plagiatsaffäre klebt wie Pech an ihm.

(Foto: dapd)

Während der Bundestag die Bundeswehrreform auf den Weg brachte, bezichtigte die Opposition den Minister wegen der Plagiatsaffäre erneut derHochstapelei. SPD und Grüne fordern von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Guttenbergs Entlassung. Dieser versuchte trotzdem, zur Sacharbeit zurückzukehren. Mit der Aussetzung der Wehrpflicht will er den wohl tiefgreifendsten Umbau der Streitkräfte seit ihrem Bestehen einleiten. "Die Verpflichtung zum Grundwehrdienst ist heute sicherheitspolitisch nicht mehr begründbar", sagte Guttenberg. Er sei persönlich lange ein Anhänger der Wehrpflicht gewesen, habe aber umdenken müssen.

Zum 1. Juli soll die Wehrpflicht ausgesetzt werden. Bereits zum 1. März werden aber schon keine Wehrdienstleistenden gegen ihren Willen mehr eingezogen. Die Wehrpflicht bleibt vorsichtshalber im Grundgesetz verankert. Der Minister plant, die Zahl der Soldaten von rund 235.000 auf bis zu 185.000 Soldaten zu senken. Dazu kommt eine Reform der Standorte.

Gabriel: "Hohles Gesetz ohne Realitätsbezug"

SPD-Chef Gabriel warnt davor, auf dem Rücken der Soldaten zu sparen.

SPD-Chef Gabriel warnt davor, auf dem Rücken der Soldaten zu sparen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die SPD kritisierte die Pläne der Bundesregierung scharf. SPD-Chef Sigmar Gabriel begrüßte zwar grundsätzlich die Aussetzung der Wehrpflicht, bemängelte aber die Umsetzung durch die schwarz-gelbe Regierung. Gabriel warf Guttenberg und Bundeskanzlerin Merkel vor, die Bundeswehr mit der Reform zum "Sparschwein ihrer Haushaltspolitik" zu machen. Das sei ein politischer Fehler und für die Soldaten "ziemlich gefährlich". Es gebe zum Beispiel kein Konzept, wie der Freiwilligendienst ausgebaut werden könne. "Wir bekommen ein hohles Gesetz ohne Realitätsbezug", sagte der SPD-Chef.

Gabriel warnte zudem davor, die Bundeswehr könne zur Reste-Truppe werden. "Auch ohne Wehrpflicht muss es uns gelingen, den Nachwuchs der Bundeswehr aus allen Schichten der Bevölkerung zu gewinnen und den Dienst so attraktiv zu machen, dass die Bundeswehr nicht in Gefahr gerät, nur noch Negativauslese derjenigen zu werden, die es woanders nicht geschafft haben." Die Abschaffung der Wehrpflicht dürfe nicht zu einer schlechteren Ausbildung der Soldaten führen oder dazu, sie leichtfertiger in gefährliche Auslandseinsätze zu schicken. Der bisherige Wehrdienst soll durch einen 12 bis 23 Monate dauernden Freiwilligendienst ersetzt werden.

Gabriel warf Guttenberg Chaos vor, weil Reformdetails wie mögliche Standortschließungen noch nicht vorlägen. Er plädierte für eine Verschiebung der Reform. Die FDP-Politikerin Elke Hoff hielt der Opposition unzulässige Diskreditierung Guttenbergs vor, weil er am Vortag als "Hochstapler" und "Lügner" bezeichnet worden war.

Der Minister und die Medien

Guttenberg will von März an mit einer Medienkampagne für den Dienst in der Bundeswehr werben, um die durch das Aussetzen der Wehrpflicht zu erwartenden Lücken zu schließen. Die Aktion wird nach Angaben des Verteidigungsministeriums bis Dezember in Fernsehen, Radio und Printmedien laufen. Voraussichtlich im April liege der Schwerpunkt bei "Bild", "Bild am Sonntag" und "Bild.de".

Über die Kosten der Kampagne, bei der das Ministerium von Partneragenturen beraten wird, wurde zunächst nichts bekannt.

Den Worten des Ministeriumssprechers zufolge werden auf Empfehlung einer Agentur vor allem "Bild", "Bild am Sonntag" und "Bild.de" als Werbemedien genutzt, weil diese Medien für die Zielgruppe geeignet seien und überregionale Verbreitung hätten.

Trittin: "Schmutziger Deal"

Trittin kritisiert Guttenbergs Öffentlichkeitsarbeit scharf.

Trittin kritisiert Guttenbergs Öffentlichkeitsarbeit scharf.

(Foto: dpa)

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin hielt Guttenberg im Bundestag einen "schmutzigen Deal" mit den Springer-Medien vor. Der Minister habe sich der Unterstützung der "Bild"-Zeitung immer sicher sein können, sagte Trittin. Es sei eine "Konstante" im politischen Wirken Guttenbergs, immer darauf zu achtet, von diesen Medien unterstützt zu werden. "Jetzt finde ich es hoch interessant, an wen die Aufträge gehen sollen, mit denen für Freiwillige geworben werden soll: Nämlich ausschließlich an Bild, BamS und Bild.de", bemängelte der Grünen-Politiker.

Der Sprecher des Medienkonzerns Axel Springer, Tobias Fröhlich, wies die Vorwürfe strikt zurück: Die Redaktion habe erst jetzt "aus den Medien" von der Anzeigenkampagne erfahren. Anzeigenbereich und Redaktion arbeiteten bei dem Konzern streng getrennt. "Einen Zusammenhang zwischen der aktuellen Berichterstattung über Minister zu Guttenberg und den Werbemaßnahmen der Bundeswehr herzustellen ist absurd und lächerlich." Die von der Bundeswehr beauftragte Agentur sei bereits Ende vergangenen Jahres mit dem Vermarktungsbereich von Axel Springer in Kontakt getreten, sagte Fröhlich.

Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Oberst Ulrich Kirsch, rief zwar im ZDF dazu auf, wegen der Bundeswehrreform zur Sacharbeit zurückzukehren. Mit Blick auf Guttenberg sagte er aber der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung": "Die Glaubwürdigkeit des Ministers ist angekratzt. Sein Krisenmanagement ist nicht optimal."

Quelle: ntv.de, hdr/dpa/AFP/rts

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