Politik

Nachsicht mit Guttenberg Schäuble deckelt die Ressorts

Guttenberg hatte die Sparvorgaben für die Bundeswehr mehrfach als unerfüllbar bezeichnet. Merkel und Schäuble machen aber kaum Zugeständnisse.

Guttenberg hatte die Sparvorgaben für die Bundeswehr mehrfach als unerfüllbar bezeichnet. Merkel und Schäuble machen aber kaum Zugeständnisse.

(Foto: picture alliance / dpa)

Finanzminister Schäuble legt seinen Etatentwurf für 2012 vor, der einerseits schärfere Vorgaben enthält, andererseits aber auch mehr Planungssicherheit bringt. Den Ausgaben seiner Kabinettskollegen setzt er von vornherein Grenzen, einzig dem angeschlagenen Verteidigungsminister lässt Schäuble etwas Luft.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kommt bei der Haushaltssanierung schneller voran als gedacht und könnte die Schuldenbremse schon ein Jahr früher einhalten. Nach den neuen Etatplänen soll die Neuverschuldung des Bundes bis zum Jahr 2015 auf 12,8 Milliarden Euro gedrückt werden - nach womöglich knapp 40 Milliarden in diesem Jahr. Trotz des schnelleren Defizitabbaus, anhaltenden Konjunkturbooms und höherer Steuereinnahmen kann sich die Koalition aber keine Hoffnungen auf üppige Ausgabenprogramme machen.

Deckel auf den Einzeletats

Schäuble hat mit seinem vorgelegten Etatentwurf die Ausgaben für die einzelnen Ressorts erstmals streng gedeckelt. Einzig der wegen der Plagiatsvorwürfe unter Druck geratene Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) kann aufatmen. Er bekommt für seine Sparvorgaben von gut 8,3 Milliarden Euro nun ein Jahr mehr Zeit. Den von Union und FDP Anfang 2013 angepeilten Steuersenkungen erteilt das Finanzministerium aber eine Absage: "Es gibt keinerlei Handlungsspielraum für Steuersenkungen."

Der Bundeshaushalt für 2012 wird nach einem völlig neuen Verfahren aufgestellt. Es bedeutet für das schwarz-gelbe Kabinett schärfere Vorgaben - aber auch mehr Planungssicherheit. Die einzelnen Ressorts müssen künftig mit einem eigenen Ausgabendeckel leben - die Zeiten großer Wünsche lange vor Verabschiedung eines Etats sind damit vorbei. Sollte die Entwicklung aber schlechter ausfallen, müssen die Ressorts immerhin nicht mit zusätzlichen Einsparungen geradestehen.

Nach dem neuen "Top-Down-Verfahren" stellt das Finanzministerium zunächst das zur Verfügung stehende Haushaltsvolumen fest. Dieser Betrag wird dann auf die einzelnen Ressorts aufgeteilt. Dieses erste Zahlenwerk soll Mitte März vom Kabinett beschlossen werden. Im Sommer soll dann der endgültige Etatentwurf verabschiedet werden.

Nach den Eckpunkten werden die Ausgaben für 2012 auf 304,1 Milliarden Euro begrenzt. Das sind etwa 1,7 Milliarden Euro weniger als 2011 geplant. Sie bleiben bis 2014 nahezu stabil, klettern 2015 dann auf etwa 308,8 Milliarden Euro. Ein Grund dafür sind steigende Zinslasten. Bei den Einnahmen sind bis 2015 unter anderem gut 40 Milliarden höhere Steuereinnahmen veranschlagt als für 2011 erwartet. Zusätzliche Privatisierungserlöse sind bisher nicht eingeplant.

Einschnitte bei Arbeit und Gesundheit

Mit weniger Geld muss unter anderem Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) auskommen. Ihr Etat sinkt von 131,3 Milliarden in diesem Jahr auf 126,7 Milliarden Euro im Jahr 2012. Auch Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) muss Einschnitte hinnehmen. Sein Budget schrumpft von 15,7 auf 14,5 Milliarden Euro. Grund: Der einmalige Zuschuss des Bundes wird nicht fortgeschrieben.

Auch Guttenberg will sparen

Guttenberg bemüht sich im Bundestag, zur politischen Tagesarbeit zurückzukehren.

Guttenberg bemüht sich im Bundestag, zur politischen Tagesarbeit zurückzukehren.

(Foto: dapd)

Guttenberg muss das geforderte Einsparvolumen von gut 8,3 Milliarden Euro erst bis Ende 2015 erbringen. Die Sparvorgaben im Zuge der Streitkräftereform würden damit um ein Jahr gestreckt, hieß es. Guttenberg hatte lange mit Schäuble gerungen und argumentiert, dass die Bundeswehrreform mit dessen Sparvorgaben nicht zu finanzieren sei. Im Finanzministerium hieß es, man rechne mit einer Zustimmung Guttenbergs. Der Minister sagte im Bundestag: "Auch wir müssen sparen und einen Beitrag zum Sparen erbringen. Aber wir müssen gleichzeitig uns eben auch zukunftsfest aufstellen können."

Nouripour: Guttenberg hat verloren

Omid Nouripour, Verteidigungsexperte der Grünen, sagte bei n-tv, Schäuble wolle Guttenberg das Gesicht lassen, doch es sei wirklich nicht mehr als eine Gnadenfrist. "Und das aber auch zu einer Zeit, zu der er dann nicht mehr Verteidigungsminister sein wird, so oder so. Ich wette mit Ihnen, 2015 ist der Verteidigungsminister jemand anders und nicht Karl-Theodor zu Guttenberg. Das heißt, dass Schäuble jetzt so tut, als wäre er ihm entgegengekommen, es aber nicht tut. Ein Jahr länger bei der gleichen Summe ist sozusagen Jacke wie Hose. Darum geht es nicht. Guttenberg hat da einfach verloren."

SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider warf Schäuble vor, Geld zu verpulvern und die "Konsolidierung für das politische Überleben des Verteidigungsministers" aufzugeben. Alexander Bonde von den Grünen verwies darauf, dass der Bundeswehr bis 2014 gegenüber dem aktuell gültigen Finanzplan rund 5,8 Milliarden Euro mehr zur Verfügung gestellt würden. "Entgegen aller großspurigen Ankündigungen von Minister zu Guttenberg trägt das Verteidigungsministerium fast gar nichts zur Konsolidierung des Etats bis 2015 bei", sagte Bonde. Es handele sich um nur drei Prozent Ausgabensenkung.

FDP nicht begeistert

Die gelockerten Sparauflagen für Guttenberg stoßen auch beim Koalitionspartner FDP auf Kritik. Die Streckung der Sparvorgaben um ein Jahr sei nicht nachvollziehbar, sagte der FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke. "Das Sparpaket gilt und kann auch auf der Zeitachse nicht verschoben werden."

Sparpaket wird umgesetzt

Ansonsten aber will Schäuble aber das schwarz-gelbe Sparpaket eins zu eins umsetzen - einschließlich der strittigen neuen Finanzsteuer. Für die 2012 anstehende Lohnrunde sei Vorsorge getroffen worden, hieß es. Mögliche Kosten der Bankenrettung würden über die entsprechenden Sondervermögen aufgefangen und hätten keine Etat-Auswirkungen.

Die Etatlücken werden mit neuen Schulden gestopft: Sie sollen 2012 auf 31,4 Milliarden Euro sinken, im Folgejahr auf 22,9 Milliarden und 2014 auf 15,7 Milliarden Euro. Für das laufende Jahr werde nun eine Nettokreditaufnahme von unter 40 Milliarden angestrebt - das wären gut acht Milliarden Euro weniger als noch kürzlich geplant.

Auch das um Konjunktureinflüsse und Einmaleffekte bereinigte Strukturdefizit sinkt stärker als geplant. Die für die Schuldenbremse maßgebliche Lücke könnte schon 2015 auf etwa 10 Milliarden Euro gedrückt werden. Rein rechnerisch würde die Schuldenregel damit ein Jahr früher eingehalten, hieß es.

Nach der neuen Schuldenregel muss Schäuble das Strukturdefizit bis 2016 auf 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung drücken. Das wären nach heutigem Stand etwas weniger als 10 Milliarden Euro. Im nächsten Jahr wird eine dauerhafte Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben von etwa 30 Milliarden Euro erwartet.

Ganz ohne Einsparungen wird Schäuble aber nicht auskommen. Für 2014 und 2015 hat er sogenannte globale Minderausgaben von je 4,8 Milliarden Euro vorgesehen. Dies sind Sparvorgaben, die später über Einnahmen oder Kürzungen noch erbracht werden müssen.

Quelle: ntv.de, hdr/dpa

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