Politik

Urteil in Reykjavik Haarde wird nicht bestraft

Haarde erwägt, das Urteil anzufechten.

Haarde erwägt, das Urteil anzufechten.

(Foto: REUTERS)

Islands früherer Regierungschef Haarde muss wegen der verheerenden Bankenpleite seines Landes im Jahr 2008 nicht ins Gefängnis. Ein Sondergericht spricht den 61-Jährigen nur in einem von vier Anklagepunkten schuldig.

Im Prozess gegen den früheren isländischen Regierungschef Geir Haarde wegen dessen Rolle beim Zusammenbruch des Finanzsektors seines Landes hat ein Sondergericht den Angeklagten in einem von vier Anklagepunkten schuldig gesprochen. Er habe sich zu Schulden kommen lassen, keine Kabinettssitzung einberufen zu haben, als sich die Lage verschärfte, urteilte das Gericht. Haarde kritisierte den Prozess erneut scharf.

In drei Anklagepunkten, darunter eine angeblich mangelnde Aufsicht über den isländischen Finanzsektor, wurde der 61-Jährige freigesprochen. "Geir Haarde wird nicht bestraft werden", sagte der Vorsitzende des Gerichts, Markus Sigurbjornsson, bei der Urteilsverkündung in Reykjavik. Staatsanwältin Sigridur Fridjonsdottir hatte die Höchststrafe von zwei Jahren Haft für Haarde gefordert. Der Ex-Ministerpräsident wies hingegen eine Mitverantwortung für den Bankencrash in seinem Land stets zurück.

Haarde erklärte nach der Urteilsverkündung erneut, der Prozess gegen ihn sei politisch motiviert gewesen. Den Anklagepunkt, in dem er schuldig gesprochen wurde, bezeichnete der Politiker als "lächerlicher als die anderen". Dieser habe zudem "nichts mit den Wurzeln der Finanzkrise oder meinem Umgang damit" zu tun. Er erwäge eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, teilte Haarde mit. Der Prozess gegen Haarde kostete etwa 24 Millionen isländische Kronen (etwa 143.000 Euro), die nun der Staat bezahlen muss.

Der isländische Finanzsektor war im Herbst 2008 mit der Pleite gleich mehrerer Großbanken im Sog der weltweiten Finanzkrise zusammengebrochen. In der Folge büßte die isländische Krone massiv an Wert ein, wodurch zahlreiche der etwa 320.000 Einwohner des Landes ihre Ersparnisse verloren. Zudem stieg die Arbeitslosigkeit drastisch an. Ein Staatsbankrott wurde nur durch einen Milliardenkredit des Internationalen Währungsfonds und der skandinavischen Länder verhindert.

Haardes Regierung trat Anfang 2009 unter dem Druck wochenlanger Proteste zurück. Haarde ist der einzige Politiker, der sich wegen des isländischen Bankencrashs verantworten muss. Dafür wurde erstmals von dem Sondergericht Landsdomur Gebrauch gemacht, das ausschließlich für Prozesse gegen frühere oder amtierende Regierungsmitglieder bestimmt ist. Das Gericht hatte im Oktober zwei der ursprünglich sechs Anklagepunkte fallen gelassen, darunter den schwerwiegensten der "groben Fahrlässigkeit".

Quelle: ntv.de, AFP

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