GEG-Streit hinterlässt Spuren Habeck: "Wir legen uns immer wieder Steine in den Weg"
17.06.2023, 10:20 Uhr Artikel anhören
Wirtschaftsminister Habeck fürchtet, dass Dauerstreit Vertrauen zerstört.
(Foto: dpa)
Die Ampel vermittelt im Ringen um das Heizungsgesetz ein zerstrittenes Bild. Dabei sei die Bilanz der Koalition eigentlich gut, sagt Wirtschaftsminister Habeck in einem Interview und mahnt zu einem geschlosseneren Auftreten. Dass der Koalitionspartner FDP aus Kalkül Streit schüre, mag er nicht glauben.
Nach dem monatelangen Heizungsstreit mahnt Vizekanzler Robert Habeck die Regierung zur Geschlossenheit. "Es ist nicht gut, wenn sich eine Regierung ständig streitet", sagte der Grünen-Politiker der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Wenn sich die Regierung in einer krisenhaften Zeit dauernd uneins ist, dann schafft das kein Vertrauen. Zu leicht wird Verunsicherung zu Angst, Angst zu Frustration und Frustration zu Zorn", warnte der Wirtschaftsminister. Alle demokratischen Parteien sollten sich fragen, welchen Beitrag sie zur jetzigen Situation geleistet haben.
Habeck betonte, die Regierung habe eigentlich eine gute Bilanz. "Wir haben eine Gasmangellage verhindert, die Energiepreise sinken, es gibt eine enorme Dynamik beim Ausbau der erneuerbaren Energien", sagte er. "Trotzdem legen wir uns selbst immer wieder Steine in den Weg. Vielleicht können wir den Moment nutzen, um besser zu werden." Mit der Einigung beim Heizungsgesetz sei es hoffentlich gelungen, "den Widerspruch zwischen allgemeiner Zustimmung und konkreter Sorge aufzulösen."
Der Grünen-Politiker wies den Eindruck zurück, der Koalitionspartner FDP suche aus Gründen der parteipolitischen Profilierung bewusst Streit in der Regierung. "Ich mag nicht glauben, dass das die strategische Linie der FDP sein soll. Das unterstelle ich den Kollegen nicht", sagte er. "Wahr ist: Obwohl das Kabinett eigentlich als Gemeinschaft für Deutschland agieren müsste, läuft man Gefahr, sich immer wieder ablenken zu lassen von den Interessengruppen, den Medien, dem kommenden Parteitag oder der nächsten Wahl. Das macht jede Regierungsarbeit klein."
Wasserstoff ist der "heikle Punkt"
Habeck räumte ein, dass der Streit um das Gebäudeenergiegesetz die politischen Ränder gestärkt habe. "Die Heizungsdebatte hat dazu beigetragen, dass die AfD in den Umfragen jetzt zweitstärkste Partei ist", sagte er. Sie sei allerdings nicht der einzige Grund. "Es gibt nicht die eine Ursache. Das wäre ein gefährlicher Kurzschluss." Als weitere Ursachen nannte er unter anderem den russischen Angriff auf die Ukraine sowie wirtschaftliche und kulturelle Verlustängste.
Zugleich warnte Habeck angesichts der parlamentarischen Beratungen über das Gebäudeenergiegesetz vor Wünschen aus der FDP, bei dem Vorhaben zu sehr auf Wasserstoff zu setzen. Er sei zwar "stolz auf jede Änderung, die das Gesetz besser macht". Es gebe aber "einen heiklen Punkt, und das ist der Wasserstoff". Er freue sich, wenn Gasheizungen mit Wasserstoff laufen könnten. "Ich fürchte nur, dass es dafür nicht reicht." Der vorhandene Wasserstoff werde erst einmal für Bereiche wie die Stahlindustrie benötigt, in denen die Transformation nicht anders funktioniere. "Deshalb muss für die Heizungen verlässlich geklärt werden, ob und wo Wasserstoff wirklich zum Heizen zur Verfügung steht", sagte Habeck.
Die Ampel-Koalition hatte am Dienstag ihren monatelangen Streit über die Ausgestaltung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) beigelegt, am Donnerstag beriet der Bundestag in erster Lesung über die neuen Vorgaben für Heizungen. Die Grünen hatten ursprünglich weitergehende Regelungen zur Wärmewende und zum Einbau klimafreundlicher Heizungen angestrebt als nun vorgesehen sind. Um den Koalitionsstreit dürfte es auch beim kleinen Parteitag der Grünen im hessischen Bad Vilbel an diesem Samstag gehen.
Quelle: ntv.de, jog/dpa/AFP