Moskau rügt "Feindseligkeit" Haftbefehl gegen Putin gilt lebenslang
22.03.2023, 10:59 Uhr (aktualisiert) Artikel anhören
Das Etikett des Haftbefehls wegen Kriegsverbrechen haftet dem russischen Präsidenten ein Leben lang an.
(Foto: picture alliance / SvenSimon-TheKremlinMoscow)
Gegen Kremlchef Putin wurde Haftbefehl erlassen - doch ein Prozess scheint derzeit höchst unwahrscheinlich. So ist kaum vorstellbar, dass Russland selbst seinen Präsidenten ausliefert oder dieser freiwillig eine Reise nach Den Haag unternimmt. Allerdings spielt die Zeit aufseiten des Gerichts.
Der Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin bleibt nach Angaben von Chefankläger Karim Khan auch nach einem Ende des russischen Kriegs gegen die Ukraine gültig. "Es gibt keine Verjährungsfrist für Kriegsverbrechen", sagte Khan dem Sender BBC Radio 4. Das sei einer der Grundsätze des Kriegsverbrechertribunals von Nürnberg nach dem Zweiten Weltkrieg.
"Einzelpersonen - wo immer sie sich auf der Welt befinden - müssen erkennen, dass es das Gesetz gibt und dass mit Autorität Verantwortung einhergeht", sagte der Brite. Die Haftbefehle würden Putin und die russische Beauftragte für Kinderrechte, Maria Lwowa-Belowa, für den Rest ihres Lebens anhängen, betonte Khan. "Es sei denn, sie stellen sich den unabhängigen Richtern des Gerichts und die Richter entscheiden in der Sache, einen Fall abzuweisen - aber ansonsten: absolut, ja", sagte er auf eine entsprechende Frage.
Der Internationale Strafgerichtshof hatte am Freitag auf Antrag Khans wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine Haftbefehl gegen Putin und Lwowa-Belowa erlassen. Sie seien mutmaßlich verantwortlich für die Deportation ukrainischer Kinder aus besetzten Gebieten nach Russland.
Moskau wirft Ankläger "Feindseligkeit" vor
Auch der Strafrechtler Moritz Vormbaum von der Universität Münster erklärte bereits im Gespräch mit ntv.de: "Völkerrechtsverbrechen verjähren nicht." Damit sei der Zeitfaktor auf der Seite des Internationalen Strafgerichtshofs. Zwar sei ein Prozess gegen den russischen Präsidenten derzeit höchst unwahrscheinlich. Denn eine Auslieferung Putins durch Russland selbst sei ebenso wenig zu erwarten wie eine Reise des Präsidenten in die Niederlande oder eines jener Länder, die das Statut des Internationalen Gerichtshofes ratifiziert haben. Dies könne sich in der Zukunft jedoch ändern. So wisse niemand, "wie der Kreml in fünf Jahren aussieht", sagte Vormbaum kurz nach Beginn des russischen Angriffskrieges.
Russland wertet den vom Internationalen Strafgerichtshof gegen Präsident Wladimir Putin verhängten Haftbefehl als "eindeutige Feindseligkeit". Diese richte sich gegen Russland und gegen Putin persönlich, sagte der Sprecher des Präsidialamtes in Moskau, Dmitri Peskow, vor der Presse. Russland reagiere aber "gelassen" darauf und setze seine Arbeit fort.
Der britische Jurist Geoffey Nice, Chefankläger des früheren serbischen Staatschefs Slobodan Milosevic in Den Haag, sagte, mit dem Haftbefehl sei Putin als gesuchter Verbrecher abgestempelt. "Das Etikett wird sein Leben lang haften bleiben, es sei denn, er wird vor Gericht gestellt und freigesprochen oder, fast unvorstellbar, der Internationale Strafgerichtshof zieht den Haftbefehl zurück", sagte Nice dem Sender Sky News. Der Haftbefehl sei ein "sehr, sehr wichtiger und sehr willkommener Schritt".
(Dieser Artikel wurde am Montag, 20. März 2023 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, spl/dpa/rts