Klar empört Politiker Hafterleichterung gefährdet
27.02.2007, 07:10 UhrDie Hafterleichterungen für den früheren RAF-Terroristen Christian Klar stehen nach dessen umstrittenen Äußerungen auf der Kippe. Baden-Württembergs Justizminister Ulrich Goll (FDP) zweifelte am Dienstag in Stuttgart das zuvor erstellte kriminologische Gutachten an und erwägt, ein neues in Auftrag zu geben. Mittlerweile gerät Bundespräsident Horst Köhler bei seiner anstehenden Entscheidung über das Gnadengesuch Klars immer stärker unter öffentlichen Druck. Unionspolitiker lehnten eine Begnadigung ab, und auch aus den Reihen der SPD und der Opposition war Kritik zu hören.
Goll stellte die jüngsten Äußerungen Klar in einem Zusammenhang mit der Frage seiner Gefährlichkeit. "Wir ziehen deshalb in Erwägung, das Lockerungsgutachten ergänzen zu lassen oder ein neues Gutachten in Auftrag zu geben." Der Freiburger Kriminologe Helmut Kury hatte die Äußerungen Klars zwar als "singulär und politisch unklug" bezeichnet, sich aber sicher gezeigt, dass er nicht mehr zur Gewalt zurückkehren werde.
Unterdessen stellte die Justizvollzugsanstalt in Bruchsal am Dienstag den Vollzugsplan über Hafterleichterungen für Klar auf. Das entspricht dem normalen Verfahren bei einem langjährig Verurteilten. Über Einzelheiten wurde nichts bekannt. Das letzte Wort bei den möglichen Erleichterungen hat Goll.
Klar, der seit mehr als 24 Jahren wegen mehrerer gemeinschaftlich verübten Morde in Haft sitzt, hatte Mitte Januar in einem Grußwort für die Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin die Hoffnung geäußert, dass die Zeit jetzt gekommen sei, "die Niederlage der Pläne des Kapitals zu vollenden und die Tür für eine andere Zukunft aufzumachen". Goll sagte dazu: "Es ist irritierend, wenn die Terminologie heute noch die gleiche ist wie damals. Da hat sich offenbar nicht viel verändert."
Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach kann sich nach den Äußerungen Klars kein erfolgreiches Gnadengesuch mehr vorstellen. "Der Bundespräsident weiß jetzt, woran er mit Herrn Klar ist." Dieser sei der Gedankenwelt des RAF-Terrorismus der 70er Jahre verhaftet. Seine Worte seien "ein flammendes Plädoyer gegen eine Begnadigung". Die Mindesthaftdauer für Klar läuft nach 26 Jahren am 3. Januar 2009 aus.
Auch CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sprach sich strikt gegen eine Begnadigung aus. "Wer so unbelehrbar ist und wem jeder Funke an Reue fehlt, der darf nicht begnadigt werden." Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) sagte der "Bild"-Zeitung, die ideologische Verbohrtheit von Klars Grußbotschaft mache "deutlich, dass es sich um einen unverbesserlichen terroristischen Verbrecher handelt."
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, warf den einstigen Terroristen der RAF mangelnde Einsicht vor. "Ich kenne keinen RAF-Terroristen, der seine Taten wirklich bereut hat. Keiner von ihnen hat kapiert, was er getan hat", sagte Wiefelspütz der Tageszeitung "Die Welt" (Mittwoch). Die Äußerungen Klars nannte Wiefelspütz "durchgeknallt".
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sprach von einem "radikal-populistischen Wortungetüm" Klars, das eine Begnadigung sicherlich schwerer mache. "Ich möchte in der Haut des Bundespräsidenten nicht stecken." FDP-Parteichef Guido Westerwelle sagte der "Bild"-Zeitung: "Herr Klar ist kein geläuterter Täter, sondern bleibt ein verurteilter Serienmörder, dessen Begnadigung ich strikt ablehne. Wer Gnade vor Recht erbittet, aber unsere Grundordnung nicht anerkennt, hat keine Gnade verdient."
Die Linksfraktion im Bundestag warnte, die kapitalismuskritischen Äußerungen Klars überzubewerten. "Kritik an den Folgen unseres Wirtschaftssystems ist dringend geboten", sagte Fraktionschef Oskar Lafontaine. An der Diskussion dürften sich "auch solche, die mal straffällig wurden", beteiligen. Der Co-Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi sagte, von Klar gehe nach allen Einschätzungen keine Gefahr mehr aus.
Quelle: ntv.de