Politik

Schüsse in Talmudschule Hamas bekennt sich

Die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas hat sich zu dem Terroranschlag von Jerusalem bekannt. Hamas verbreitete dies über Lautsprecher von Moscheen im Gazastreifen. Allerdings liegt ein offizielles Bekennerschreiben bislang nicht vor. "Die Hamas-Bewegung übernimmt die volle Verantwortung für die Jerusalem-Operation", sagte ein Sprecher der Islamisten der Nachrichtenagentur Reuters, der jedoch namentlich nicht genannt werden wollte.

Bei dem schwersten Terroranschlag in Israel seit April 2006 hatte am Donnerstagabend ein israelischer Araber acht Studenten einer Religionsschule in Jerusalem getötet, bevor er erschossen wurde. Weitere elf Schüler wurden verletzt; darunter drei schwer.

Nach dem Anschlag hatte es zuerst geheißen, eine unbekannte Organisation mit dem Namen "Freiheitsbataillon für Galiläa - Märtyrer für Imad Mughnija" sei verantwortlich. Die Familie des Attentäters hatte am Freitag in Ostjerusalem ein Zelt errichtet, um kondolierende Besucher zu empfangen. An diesem Zelt hingen nach Augenzeugenberichten Fahnen von der Hamas und der pro-iranischen Hisbollah-Milizen aus dem Libanon.

Israel macht dicht

Die israelischen Behörden verschärften die Sicherheitsvorkehrungen in Jerusalem und an der Grenze zum Westjordanland massiv. In Jerusalem waren Tausende Polizisten im Einsatz, um die Beerdigung der acht erschossenen Religionsschüler im Alter von 15 bis 26 Jahren zu schützen. Die Beamten errichteten Straßensperren und beschränkten für Palästinenser den Zugang zu den Freitagsgebeten in der Al-Aksa-Moschee, die über dem höchsten jüdischen Heiligtum, der Klagemauer, steht.

Auch an der Grenze zum Westjordanland verstärkten die Israelis die Sicherheitsvorkehrungen: Die Bestimmungen für die Ein- und Ausreise wurden für 36 Stunden enger gefasst. Obwohl der Attentäter nicht aus dem Palästinensergebiet stamme, sei es unwahrscheinlich, dass Israel nun dem Druck der USA nachgeben werde, die Reisemöglichkeiten für Palästinenser zu erweitern, sagte Regierungssprecher Mark Regew.

Friedensgespräche sollen weitergehen

Trotz des Anschlags will Israel die Friedensverhandlungen mit Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas fortsetzen, der die Tat verurteilte. Sicherheitsminister Awi Dichter regte laut Armeerundfunk an, Israel feindlich gesinnte Araber aus Jerusalem in das Westjordanland auszuweisen. Während bei den Trauerfeierlichkeiten für die acht Getöteten am Freitag, an denen sich Tausende von Menschen beteiligten, der Ruf nach einem harten Durchgreifen gegen Terroristen laut wurde, warnte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International Israel vor einer "kollektiven Bestrafung" der Bevölkerung in den Palästinensergebieten.

Es war der erste Anschlag seit 2004 in Jerusalem, dessen arabische Bevölkerung freien Zugang zum jüdischen Teil der Stadt und zum Rest Israels hat. Während Israel das Attentat als Massaker bezeichnete, sprach die im Gazastreifen herrschende Hamas vor ihrer Selbstbezichtigung von einer "Heldentat". Im Gazastreifen, wo die Israelis am Montag eine mehrtägige Offensive beendet hatten, wurde die Tat bejubelt.

Attentäter kannte sich aus

Einen Tag nach dem Attentat war auch die Identität des Attentäters geklärt. Der 26 Jahre alte Ala Abu Dhein stammte aus Dschabal Mukaber in Ostjerusalem und besaß einen israelischen Ausweis. Er konnte sich deshalb frei in Jerusalem bewegen. Der Attentäter war auch bestens mit den Örtlichkeiten vertraut. Nach Angaben seiner Familie arbeitete er lange Zeit als Fahrer für die Religionsschule, die als Kaderschmiede der jüdischen Siedlungsbewegung in den besetzten arabischen Gebieten gilt.

In einem Pappkarton versteckt hatte der Attentäter am Donnerstagabend eine Maschinenpistole und eine Pistole in die Talmud-Schule geschmuggelt. Nach Augenzeugenberichten schoss er dann wahllos um sich. Zum Tatzeitpunkt hielten sich rund 300 Studenten in der Lehreinrichtung auf. Sie wollten ein Fest zum Beginn des jüdischen Freudenmonats Adar feiern.

Keine Stellungnahme vom Weltsicherheitsrat

Der israelische Präsident Schimon Peres nannte den Anschlag barbarisch. Die Religionsschüler seien in einer Gebetsstätte umgebracht worden und hätten mit Krieg nichts zu tun.

Weltweit wurde der Anschlag verurteilt. US-Präsident George W. Bush versicherte Ministerpräsident Ehud Olmert der Solidarität seines Landes. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte die Tat, obwohl sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wegen des Widerstands Libyens und anderer Länder nicht auf eine Stellungnahme einigen konnte. Einige Mitglieder des Sicherheitsrats hätten das Attentat in Jerusalem nicht als Terroranschlag werten wollen, sagte der amtierende Präsident des Weltsicherheitsrates, der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin. "Als russische Delegation bedauern wir, dass der Weltsicherheitsrat nicht in der Lage war, den Anschlag zu verurteilen."

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) verurteilten den Anschlag. Steinmeier sprach von einem "verbrecherischen Akt". "Wir verfolgen die Entwicklung im Nahen Osten mit sehr hoher Aufmerksamkeit und Sorge", ergänzte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin.

Palästinenser feiern

Die israelische Regierung erklärte, trotz des Terrorakts sollten die Friedensgespräche mit den Palästinensern weitergehen. Dagegen begrüßte die radikal-islamische Hamas in Gaza das Attentat. Im Gazastreifen kam es zu Freudenfeiern und Hupkonzerten. Menschen schossen in die Luft und verteilten Süßigkeiten.

Ein palästinensischer Selbstmordattentäter tötete in einer jüdischen Religionsschule in Jerusalem mindestens acht Israelis, bevor er selbst erschossen wurde. Dutzende Schüler wurden bei dem Angriff verletzt oder erlitten einen Schock, wie israelische Medien berichteten. Mindestens drei Schüler wurden mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus gebracht.

Offenbar ein Einzeltäter

Der als orthodoxer Jude verkleidete Palästinenser war in die Religionsschule Merkas Harav in der Nähe des Jerusalemer Hauptbahnhofs eingedrungen. Der mit einer Kalaschnikow und einer Pistole bewaffnete Attentäter schoss laut Augenzeugenberichten rund zehn Minuten lang um sich. Ein Offizier der israelischen Armee hörte die Schüsse, eilte zu Hilfe und erschoss den Angreifer. Nach Angaben des Polizeisprechers von Jerusalem, Aharon Franco, handelte es sich um einen Einzeltäter. Anders als zunächst von israelischen Medien berichtet, fand die Polizei keinen Sprengstoffgürtel, sondern eine Weste mit gefüllten Magazinen.

Zum Zeitpunkt des Angriffs hielten sich mehrere hundert orthodoxe Studenten im Alter zwischen 16 und 30 Jahren in der Schule auf. Ein israelisches Einsatzkommando stürmte nach dem Anschlag die Religionsschule. Die Suche nach einem vermuteten zweiten oder dritten Attentäter verlief ergebnislos. Die Jerusalemer Polizei errichtete weiträumig Straßensperren, um mögliche Helfershelfer zu finden.

Kultur des Hasses

Nach israelischen Medienangaben fuhren mindestens 50 Krankenwagen zum Anschlagsort. Viele Schüler und Schaulustige hielten sich dort auf. Die aufgebrachte Menge skandierte: "Tötet die Araber". Nach Angaben des Schulleiters David Schalem studieren in der Schule insgesamt 500 Studenten. Schalem nannte den Anschlag eine Folge einer jahrzehntelangen Kultur des Hasses unter den Arabern und einer verfehlten Politik der israelischen Regierung gegenüber den Palästinensern.

Quelle: ntv.de

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