Hamas fordert Änderungen am Plan Blinken zu Waffenruhe in Gaza: "Geschacher muss aufhören"
12.06.2024, 17:45 Uhr Artikel anhören
"Je länger sich dies hinzieht, desto mehr Menschen werden leiden", stellt US-Außenminister Blinken klar.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Eine nachhaltige Waffenruhe im Gazastreifen ist dank des US-Plans greifbar, aber noch nicht spruchreif. Die islamistische Hamas fordert Änderungen. US-Außenminister Blinken ist in einigen Fällen dazu bereit, stellt sich bei anderen jedoch quer. Er will die Kluft in jedem Fall überwinden.
US-Außenminister Antony Blinken hat neuen Forderungen der militant-islamistischen Hamas für eine Waffenruhe im Gazastreifen keine komplette Absage erteilt. Einige der Änderungen an einem von den USA vorangetriebenen Waffenruheplan seien umsetzbar, andere hingegen nicht, sagte Blinken in Katar. Die Unterhändler versuchten weiter, das Abkommen unter Dach und Fach zu bringen.
Blinken sagte, er sei der Meinung, dass die Differenzen überbrückbar seien. "Aber, das bedeutet nicht, dass sie auch überbrückt werden, denn letztlich muss die Hamas entscheiden. Wir sind entschlossen, die Kluft zu überwinden." Blinken machte erneut deutlich: "Je länger sich dies hinzieht, desto mehr Menschen werden leiden". "Es ist an der Zeit, dass das Geschacher aufhört."
Blinken führte nicht näher aus, welche Forderungen die Hamas konkret gestellt hat und welche er für umsetzbar hält. Die Hamas und die kleinere Organisation Islamischer Dschihad hatten am Dienstag mitgeteilt, dass sie mehrere Änderungswünsche an dem Plan an die Unterhändler übermittelt hätten. Unter anderem gehe es darin um Garantien für einen dauerhaften Waffenstillstand und einen kompletten israelischen Truppenabzug aus dem Gazastreifen, sagte ein Hamas-Sprecher.
Zweifel an Netanjahus Zustimmung
Blinken versucht, während seiner aktuellen Reise durch die Region einen Durchbruch bei den Verhandlungen zu erzielen. Der vorliegende Vorschlag für eine Waffenruhe hat international viel Rückhalt, allerdings sind die Bedingungen des Abkommens auch in Israel auf einigen Widerstand getroffen. Nach US-Angaben soll die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dem Vorschlag zugestimmt haben, der Regierungschef hat mit seinen Äußerungen allerdings Zweifel geschürt, ob das tatsächlich so ist.
Blinken sagte mit Blick auf die Forderungen der Hamas, der vorliegende Vorschlag sei praktisch identisch mit einem, den die militant-islamistische Palästinenserorganisation schon Anfang Mai akzeptiert habe. Wenn immer neue Forderungen gestellt würden, stelle man sich die Frage, ob es noch guten Willen für eine Lösung gebe.
Der stellvertretende katarische Regierungschef und Außenminister, Scheich Mohammed bin Abdulrahman bin Dschassim Al Thani, sagte, beide Seiten hätten bei den Verhandlungen mitunter kontraproduktives Verhalten an den Tag gelegt.
Der vorliegende Vorschlag sieht einen Drei-Phasen-Plan vor, der mit einem sechswöchigen Waffenstillstand und der Freilassung einiger Geiseln im Austausch gegen palästinensische Gefangene beginnen würde. Die israelischen Streitkräfte würden sich aus den bewohnten Gebieten des Gazastreifens zurückziehen, und die palästinensische Zivilbevölkerung würde in ihre Häuser zurückkehren dürfen.
Biden will 600 LKW mit Hilfsgütern täglich
In der ersten Phase ist auch die sichere Verteilung humanitärer Hilfe "in großem Umfang im gesamten Gazastreifen" vorgesehen, was laut US-Präsident Joe Biden dazu führen würde, dass täglich 600 Lastwagen mit Hilfsgütern in den Gazastreifen gelangen.
Gleichzeitig würden Verhandlungen über die zweite Phase eingeleitet, die "ein dauerhaftes Ende der Feindseligkeiten im Austausch für die Freilassung aller anderen Geiseln, die sich noch im Gazastreifen befinden, und einen vollständigen Rückzug der israelischen Streitkräfte aus dem Gazastreifen" zum Ziel hat. In der dritten Phase würde "ein umfassender, mehrjähriger Wiederaufbauplan für den Gazastreifen und die Rückgabe der sterblichen Überreste aller noch im Gazastreifen befindlichen Geiseln an ihre Familien" eingeleitet.
Der Gaza-Krieg war durch den beispiellosen Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden, bei dem islamistische Kämpfer laut israelischen Angaben 1194 Menschen getötet und 251 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt hatten. 116 Geiseln befinden sich nach Angaben der israelischen Armee noch in der Gewalt der Hamas, 41 von ihnen sollen bereits tot sein.
Als Reaktion geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden können, wurden dabei bislang mehr als 37.000 Menschen getötet.
Quelle: ntv.de, als/AP/AFP