Grünen-Plan für den Osten Haseloff nennt früheres Kohle-Aus "illusorisch"
18.03.2023, 16:22 Uhr
Das Braunkohlekraftwerk Jaenschwalde (LEAG) in der Lausitz.
(Foto: picture alliance / Andreas Franke)
Nach NRW wollen die Grünen den Kohleausstieg auch im Osten um acht Jahre vorziehen. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff hält von der Idee gar nichts. Auch in Sachsen und Brandenburg gibt es massive Zweifel an der Machbarkeit.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff hält den von der Grünen-Fraktion angepeilten früheren Kohleausstieg im Osten für unrealistisch. Durch den nach und nach stattfindenden Ausstieg aus der Kohle und der Atomkraft sowie den Wegfall von Pipeline-Gas als Brückentechnologie in der Energiewende entstehe eine Stromlücke. Es werde "schlicht und einfach nicht erklärt, wie wir eine autarke Energieversorgung hinbekommen wollen", sagte der CDU-Politiker am Rande einer Medientagung im bayerischen Tutzing.
"Es ist völlig illusorisch zu glauben, man kann ein Szenario jetzt bauen, nachdem ein entscheidender Baustein als Brückentechnologie rausgefallen ist, die übrigens immer schon auch Voraussetzung war, dass wir überhaupt 2038 schaffen", sagte Haseloff mit Blick auf Gas, das ursprünglich anstelle von Kohle verstärkt bei der Stromerzeugung zum Einsatz kommen sollte, um Emissionen zu senken. Wenn die Alternative dann darin bestehen solle, Kohlestrom aus Polen oder Atomstrom aus Frankreich zu importieren, "dann muss ich schon fragen, ob das eine ethische und, sagen wir mal, wertemäßig von uns allen getragene Antwort auf die jetzige Problematik sein kann", fügte der CDU-Politiker hinzu.
Offen, ob Ampel Partner mitziehen
In einer Beschlussvorlage für die Klausurtagung der Grünen-Fraktion kommende Woche in Weimar wird der Kohleausstieg 2030 als notwendiger Schritt bezeichnet, um die Klimaziele zu erreichen. Er bringe angesichts neuer Entwicklungen auch Planungs- und Investitionssicherheit für die Menschen und Regionen vor Ort, heißt es in dem Papier. Die Annahme, dass die Kohleverstromung bis zum Jahr 2038 wirtschaftlich sei, habe sich mittlerweile überholt.
Im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP vereinbart, den Kohleausstieg "idealerweise" um acht Jahre auf 2030 vorzuziehen. Für das Rheinische Revier im Westen wurde dies im Herbst bereits vereinbart. Das Vorziehen des Ausstiegs aus der Braunkohle im Osten sei der nächste Schritt, hatte Grünen-Co-Fraktionschefin Katharina Dröge gesagt. Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck sprach sich ebenfalls dafür aus, versichert aber, dass dies im Konsens vereinbart werden müsse. Ob die Ampel-Partner SPD und FDP mitspielen, ist offen.
Kritik auch aus Brandenburg und Sachsen
Auch in Brandenburg und Sachsen wird ein früherer Ausstieg kritisch gesehen. Der Generalsekretär der sächsischen CDU, Alexander Dierks, warf den Grünen ideologiegetriebenes Handeln vor. Ein früherer Kohleausstieg würde die Planungssicherheit für die Kohleregionen zunichtemachen und einen erfolgreichen Strukturwandel gefährden, sagte er in Dresden.
Als Alternative zu Braunkohlekraftwerken ist im Papier der Grünen-Fraktion die Rede von "Wasserstoff-ready Gaskraftwerken", also von Kraftwerken, die zunächst durch Gasverbrennung, später aber auch aus Wasserstoff Strom erzeugen können. Es sei absehbar, dass Ostdeutschland zur Erzeugerregion für grünen Wasserstoff werde. "Dort, wo heute noch Braunkohle verbrannt wird, kann die Erfahrung und Netzinfrastruktur genutzt werden. Dieser Einstieg sichert unzählige Arbeitsplätze im Kraftwerksbereich."
Doch auch daran gibt es Zweifel. Es würde noch Jahre dauern, bis Kraftwerke grünen Wasserstoff herstellen können, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke dem ARD-Hauptstadtstudio. Mit Blick auf moderne Gaskraftwerke sagte der SPD-Politiker: "Es werden also erstmal Kraftwerke gebaut, die zumindest in den nächsten Jahren Gas verbrennen", sagte Woidke. Das würde die deutsche Abhängigkeit vom Ausland - "und zwar egal von welchem Ausland" - weiter erhöhen. In der Energiewende werden große Hoffnungen in Wasserstoff gesetzt, der aus erneuerbaren Energien erzeugt wird. Er könnte in Zukunft auch für die Herstellung von Strom genutzt werden. Derzeit ist der aus Ökostrom hergestellte Energieträger aber knapp und relativ teuer.
Quelle: ntv.de, mau/dpa