Euro-Hawk-Debakel könnte Nachspiel haben Hat de Maizière gegen Gesetze verstoßen?
21.05.2013, 17:52 Uhr
De Maizière will erst am 5. Juni Stellung nehmen.
(Foto: dpa)
Das spektakuläre Scheitern des Drohnenprojekts "Euro Hawk" bringt Verteidigungsminister Thomas de Maiziere in die Bredouille. Die Opposition wirft ihm Rechtsbruch bei dem Geschäft vor. Er habe die massiven Probleme der Drohne lange verheimlicht. Auch die FDP spricht von einer "politisch inakzeptablen" Informationspolitik.
In der Debatte um das Euro-Hawk-Debakel sind mögliche Rechtsverstöße des Bundesverteidigungsministeriums ins Zentrum gerückt. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin warf Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) vor, Details zu dem geplatzten Rüstungsgeschäft verschwiegen und damit gegen das Gesetz verstoßen zu haben. Auch ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags deutete darauf hin, dass das Ministerium rechtswidrig gehandelt haben könnte.
Die Opposition verschärfte ihre Kritik an de Maizière. Sie zielte vor allem auf die Weigerung des Ministeriums, dem Bundesrechnungshof bestimmte Dokumente zu dem Drohnen-Geschäft zuzuleiten. "Das ist ein Verstoß gegen das Gesetz", sagte Trittin in der ARD. "Hier wird offensichtlich mit falschen Karten gespielt."
Der Rechnungshof hatte dem Ministerium vorgeworfen, angeforderte Unterlagen zu Euro Hawk nur lückenhaft und zum Teil geschwärzt geliefert zu haben. Aus der Union erhielt de Maizière Rückendeckung. Bei sensiblen Daten müsse "Vertrauensschutz gewährleistet sein", sagte der CDU-Haushaltsexperte Norbert Barthle im RBB. Wenn eine solche Information an den Rechnungshof gelangt, "dann gelangt sie auch an die Öffentlichkeit", kritisierte er.
Der CDU-Verteidigungspolitiker Henning Otte erklärte: "Wir vertrauen auf die lückenlose Aufklärung des Ministers." Dabei müssten auch die Vorwürfe des Rechnungshofs zur Sprache kommen.
Deutliche Kritik von der FDP
Deutlich kritischer äußerte sich erneut der Koalitionspartner FDP. Die Informationspolitik des Ministeriums sei "politisch inakzeptabel", sagte die FDP-Verteidigungsexpertin Elke Hoff im RBB. "Es geht nicht, dass Steuergeld ausgegeben wird, und hinterher kann niemand mehr nachvollziehen, wofür."
Am Dienstag wurde eine Analyse des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags vom Januar bekannt, die Hinweise auf eine Rechtswidrigkeit des Vorgehens im Verteidigungsministerium enthalten könnte. "Vereinbarungen, die verhindern sollen, dass bestimmte Informationen an den Bundesrechnungshof herausgegeben werden, sind nichtig", heißt es in dem Gutachten.
Das Verteidigungsministerium hatte das Zurückhalten von Informationen zu der Aufklärungsdrohne nach Anfragen des Rechnungshofs mit einer Schweigeklausel im Vertrag erklärt. Zweck solcher Anfragen sei aber eine effektive Kontrolle, schreibt der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags. "Diese wird konterkariert, wenn die zu überprüfende Stelle selbst bestimmen kann, welche Unterlagen der Kontrolle zugrunde gelegt werden dürfen." Das Euro-Hawk-Geschäft wird in der Analyse nicht ausdrücklich erwähnt: Sie widmet sich in allgemeiner Form der Auskunftspflicht von Behörden.
Die Opposition forderte weiterhin Antwort auf die Frage, ab wann de Maizière vom Scheitern des Projekts gewusst habe. Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold warnte de Maizière in der "Stuttgarter Zeitung" davor, die Verantwortung "nach unten abzuwälzen" auf andere Verantwortliche im Ministerium. Der Linken-Verteidigungspolitiker Paul Schäfer warf de Maizière ein "gestörtes Verhältnis zur Transparenz" vor.
Probleme schon frühzeitig bekannt
Im Verteidigungsministerium war man sich offenbar bereits Anfang 2008 darüber im Klaren, welche hohen Standards Drohnen vor der Zulassung erfüllen müssen. Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung". In den "Konzeptionellen Grundvorstellungen zum Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge in der Bundeswehr" des damaligen Generalinspekteurs Wolfgang Schneiderhan heißt es demnach: Drohnen, die "für die Teilnahme am allgemeinen Luftverkehr vorgesehen" seien, müssten "grundsätzlich die gleichen luftfahrtrechtlichen Sicherheitsstandards wie bemannte Systeme erfüllen". Zudem seien "Vorschriften der EU sowie das Luftverkehrsgesetz und nationale Vorschriften" zu beachten.
Damit wird deutlich, dass den Verantwortlichen im Ministerium bereits früh hätte klar sein können, vor welchen Schwierigkeiten sie bei der kürzlich gescheiterten Zulassung der Aufklärungsdrohne Euro Hawk standen.
De Maizière hatte das Amt im März 2011 übernommen. Er äußerte sich bislang nicht zu den neuen Vorwürfen und will erst am 5. Juni vor dem Verteidigungsausschuss Stellung nehmen.
De Maizière hatte das seit Jahren vorangetriebene "Euro Hawk"-Projekt wegen der fehlenden Zulassung für den deutschen Luftraum gestoppt - nach Investitionen in Höhe von rund 562 Millionen Euro.
Quelle: ntv.de, dpa