
Hätte das Kabinett den Haushalt 2024 am Mittwoch beschlossen und an den Bundestag weitergeleitet, wäre eine Verabschiedung noch in diesem Jahr möglich gewesen.
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Die Koalition hat weiterhin das Ziel, den Etat 2024 noch in diesem Jahr zu beschließen, sagt FDP-Haushaltsexperte Fricke. Doch den ursprünglichen Plan, vor Weihnachten mit allem durch zu sein, hat die Ampel aufgegeben.
Es dauerte ein paar Tage, bis die Koalition in der neuen Realität ankam. Erst eine Woche nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Oktober sagte die Ampel die sogenannte Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses ab. Die war nach dem Richterspruch zuvor nur verschoben worden. Am Zeitplan, den Etat für das kommende Jahr Anfang Dezember im Bundestag zu verabschieden, wollte die Bundesregierung zunächst festhalten.
Davon ist längst keine Rede mehr. Wenn Ampel-Vertreter sich jetzt öffentlich zum Zeitplan der Haushaltsverhandlungen äußern, dann eher verhalten. "Noch ist es möglich, den Haushalt 2024 in diesem Jahr zu beschließen", sagt FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke ntv. "Das ist weiterhin das Ziel der Koalitionsfraktionen."
Intern hat die Ampel dieses Ziel bereits aufgegeben. SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Katja Mast informierte ihre Fraktion, dass es in diesem Jahr keinen Bundestagsbeschluss mehr geben werde, wie ntv aus Koalitionskreisen erfuhr. Zuerst hatte die "Bild"-Zeitung darüber berichtet. Dabei hatte ursprünglich vor allem die SPD Druck gemacht. "Wir wollen, dass der Haushalt jetzt im Jahr 2023 noch verabschiedet wird und dann alle auch zu Weihnachten wissen, wie es nächstes Jahr aussieht", sagte SPD-Chef Lars Klingbeil Ende November bei ntv.
Lindner sagt es schon mal "vorsorglich"
Weniger Eile hatte von Anfang an die FDP. Den Haushalt für 2024 noch in diesem Jahr zu verabschieden, sei "selbstverständlich" noch möglich, sagte Parteichef Christian Lindner kürzlich dem Bayerischen Rundfunk. "Ich sage nur ganz vorsorglich: Nach jeder Bundestagswahl ist es üblich, dass der Haushalt des dann folgenden Jahres erst zu Jahresanfang beschlossen wird und es eine kurze Phase der sogenannten vorläufigen Haushaltsführung gibt."
Einblicke in die Verhandlungen gibt es bislang kaum. Was öffentlich gefordert wird, entspricht weitgehend den bekannten Katalogen der Parteien. Verhandelt wird vor allem zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Lindner. Einen Durchbruch gab es offensichtlich nicht: "Erst mal mussten wir das Urteil analysieren", sagte Habeck am Sonntag bei Anne Will. "Und jetzt versuchen wir, diese Gelder zu kompensieren", fügte er mit Blick auf die fehlenden Milliarden hinzu. "In den Gesprächen, die wir führen, versuchen wir wirklich, in der Tiefe von Haushaltstabellen oder dem Klima- und Transformationsfonds zu identifizieren, was vielleicht später kommen kann, was man vielleicht auch gar nicht mehr machen will oder kann."
Einen Termin hat die Koalition bereits verstreichen lassen: Um den Haushalt 2024 auf einer regulären Kabinettssitzung zu beschließen, hätte die Ampel sich bis zum Nikolaustag einigen müssen. Sollte es jetzt eine Einigung geben, wäre der Beschluss nur noch im sogenannten Umlaufverfahren möglich, was allerdings kein Problem wäre.
"Es dauert so lange wie es dauert"
Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte am Mittwoch, er gehe sicher davon aus, dass der Kabinettsbeschluss noch in diesem Jahr erfolgen werde - das wäre immerhin der erste Schritt. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert dämpfte indessen die Erwartungen: Im "Frühstart" von ntv nannte er eine Lösung der Haushaltskrise noch vor Weihnachten "sinnvoll". Möglich sei es auch. "Aber es dauert so lange, wie es dauert."
Das liegt auch daran, dass ein weiteres von der Union erstrittenes Urteil aus Karlsruhe die Koalition verpflichtet, den Abgeordneten des Bundestags genug Zeit zu geben, um sich in den neuen Etat einzuarbeiten. Denn der Haushalt wird endgültig nicht von der Bundesregierung beschlossen, sondern vom Bundestag. Auf einen Kabinettsbeschluss folgen daher zunächst Beratungen im Haushaltsausschuss, gegebenenfalls auch eine Anhörung von Sachverständigen. Ob es tatsächlich möglich sei, den Haushalt 2024 noch in diesem Jahr zu beschließen, hänge "natürlich zusätzlich davon ab, inwieweit die CDU/CSU eine erneute Anhörung beantragt und noch Lesezeit benötigt, was ihr gutes Recht ist", sagt FDP-Haushälter Fricke. Die Haushälter der Koalition seien jedenfalls "auch weiterhin bereit, zwischen den Feiertagen zu tagen".
Wenn der Haushaltsausschuss seine Arbeit erledigt hat, geht der Etat in die Beratungen im Plenum des Bundestags, danach in den Bundesrat. Die letzte Bundestagswoche in diesem Jahr endet am 15. Dezember, am selben Tag kommt auch der Bundesrat zum letzten Mal in diesem Jahr regulär zusammen. Theoretisch möglich wären Sondersitzungen eine Woche später. Ob es nach einem Kabinettsbeschluss noch klappen wird, "durch die kompletten Bundestags- und Bundesratsgremien zu kommen, hängt davon ab, wie schnell man jetzt fertig wird und wie die Fristen genau aussehen", sagte Regierungssprecher Hebestreit dazu.
Klar ist: Je länger es dauert, bis Scholz, Habeck und Lindner bei ihren Dreigesprächen im Kanzleramt zu einer Einigung kommen, umso unwahrscheinlicher wird eine Verabschiedung des Haushalts in diesem Jahr. Bis zur Neujahrsansprache des Kanzlers sind es noch dreieinhalb Wochen.
Quelle: ntv.de