SPD-Chef im "ntv Frühstart" Klingbeil macht Druck: Haushalt 2024 bis Weihnachten
29.11.2023, 11:38 Uhr Artikel anhören
Die Bundesregierung steht vor einer riesigen Herausforderung und enormen Bewährungsprobe, sagt SPD-Chef Klingbeil. Die Beratungen zum Haushalt 2024 laufen bereits auf Hochtouren. Bis Weihnachten sollen alle wissen, wie es im nächsten Jahr weitergeht.
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil erwartet harte Verhandlungen innerhalb der Koalition über den Haushalt 2024. Das sei eine schwierige Balancierung, aber die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen bräuchten Klarheit, wie es weitergeht mit den Investitionen in den Klimaschutz und in die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dieses Landes, sagte Klingbeil im "Frühstart" von ntv.
Erste Lösungskorridore könnten sich bereits beim Koalitionstreffen heute Abend im Kanzleramt abzeichnen, so Klingbeil. Aber in den nächsten Tagen müsse noch viel in der Regierung gearbeitet werden. "Wir müssen das gründlich machen." Allerdings soll der Etat 2024 noch in diesem Jahr vom Bundestag beschlossen werden: "Wir wollen, dass der Haushalt jetzt im Jahr 2023 noch verabschiedet wird und dann alle auch zu Weihnachten wissen, wie es nächstes Jahr aussieht."
Die ursprünglichen Haushaltsplanungen der Bundesregierung hatten sich mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November erledigt. Die Karlsruher Richter entschieden, dass 60 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds nicht hätten umgewidmet werden dürfen. Das Geld war ursprünglich für die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise gedacht. Für den kommenden Haushalt müssen 16 bis 20 Milliarden Euro eingespart werden.
Einem Sozialabbau, um beim Haushalt zu sparen, erteilte Klingbeil eine Absage. "Da kommen jetzt viele um die Ecke, die eh schon immer ein Problem mit dem Sozialstaat hatten, und versuchen jetzt, diese Krise gerade zu nutzen, um die Angriffe zu eröffnen." Der SPD-Chef will weiterhin Investitionen in die Klimaneutralität und in die Stärkung des Sozialstaats ermöglichen. "Da werden wir nicht zulassen, dass damit aufgehört wird, dass das abgebrochen wird. Und wenn wir uns in dem Korridor bewegen, dann werden wir auch vonseiten der SPD ganz sicher da eine Lösung finden."
Für das laufende Jahr ist ein Aussetzen der Schuldenbremse innerhalb der Koalition bereits beschlossen, für das nächste Jahr lehnt die FDP es jedoch ab, eine Notsituation zu erklären, um den Verschuldungsspielraum krisenbedingt zu erhöhen. Klingbeil sieht hier das letzte Wort noch nicht gesprochen. "Ich nehme den Punkt Aussetzen der Schuldenbremse übrigens nicht vom Tisch." Es gebe aktuell "wahnsinnig viele Herausforderungen". Deshalb gebe es "Gründe, auch für 2024 die Schuldenbremse auszusetzen". Ähnlich hatte bereits Bundeskanzler Olaf Scholz am Dienstag im Bundestag argumentiert - ohne ausdrücklich ein Aussetzen der Schuldenbremse zu fordern.
Mit Blick auf Forderungen der FDP sagte Klingbeil, man werde auch über Priorisierungen reden und schauen, wo vor allem klimaschädliche Subventionen abgebaut werden könnten. "Aber wir werden ganz sicherlich nicht die Axt an Investitionen oder den Sozialstaat anlegen." Jede Ministerin und jeder Minister müsse jetzt gucken, wo im eigenen Ressort gespart werden könne. "Das werden arbeitsreiche Wochen bis Weihnachten."
Von CDU-Chef Friedrich Merz, der Scholz im Bundestag am Dienstag heftig attackiert hatte, erwartet Klingbeil nach eigener Aussage keine Unterstützung. Der SPD-Chef verwies jedoch darauf, dass es in der Union auch andere Positionen gebe. Wie die SPD wirbt etwa Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner für eine Reform der Schuldenbremse. "Also, diese Fundamentalopposition von Friedrich Merz, der einfach nur zugucken will, wie die Regierung jetzt gerade sich um den besten Weg bemüht und der sich völlig aus der Verantwortung rauszieht. Da gibt es Gott sei Dank auch andere Stimmen in der Union."
In der Bundestagsdebatte hatte Merz den Kanzler einen "Klempner der Macht" genannt, offenbar in Anspielung auf die "Physikerin der Macht", als die Merkel gelegentlich bezeichnet worden war. "Ich finde erst mal, dass der Klempner-Beruf einer ist, vor dem ich eine Hochachtung habe", kommentierte Klingbeil. "Das sind Leute, die haben eine unfassbar gute Ausbildung. Die wissen genau, was man macht."
Quelle: ntv.de, tbe