Politik

Nachwirkungen der Saar-Wahl Heimlicher Sieger heißt Oskar

Erst mal ein Pils: Oskar Lafontaine.

Erst mal ein Pils: Oskar Lafontaine.

(Foto: dpa)

Alles wie erwartet im Saarland: Die FDP setzt ihren Untergang, die Piraten ihren Siegeszug fort, die Grünen erhalten einen Denkzettel und Union und SPD bilden eine Regierung. Es gibt jedoch noch einen weiteren Sieger: Oskar Lafontaine. Auch wenn die Linke über fünf Prozent der Stimmen einbüßte, kann dem Star von der Saar das Ergebnis nur recht sein.

Die Saarländer haben gewählt, und es wird so kommen, wie es lange zuvor angekündigt worden war: Es kommt eine Große Koalition mit der CDU-Frau Annegret Kramp-Karrenbauer an der Spitze. Den Steigbügel hält dabei Heiko Maas von der SPD, der sich früh im Wahlkampf für diese Option entschieden hatte. Und das nur aus purer Abneigung gegenüber der Linkspartei.

Annegret Kramp-Karrenbauer gefällt das Ergebnis, Heiko Maas wohl nicht so sehr.

Annegret Kramp-Karrenbauer gefällt das Ergebnis, Heiko Maas wohl nicht so sehr.

(Foto: REUTERS)

Denn rechnerisch wäre freilich auch eine ganz andere Regierung möglich. Es reicht auch für Rot-Rot. Oder für Rot-Rot-Grün, wenn man es denn ein wenig komfortabler haben will. Doch diese Varianten sind, nach allseitigem Bekunden der Sozialdemokraten, nicht drin. Zu wenig sparfreudig sind die Linken, so die offizielle Erklärung. Der eigentliche Grund: Die nicht ganz so Roten haben Angst vor Oskar.

Gemeint ist der Linke-Fraktionschef an der Saar, Oskar Lafontaine. Und der ist bei genauerer Betrachtung der heimliche Gewinner der Landtagswahl im Südwesten. Zwar reichte es mit den 16,1 Prozent nicht mehr zu triumphalen Höhen wie bei der vorangegangenen Saar-Wahl, als noch 21,3 Prozent zu Buche standen. Doch mit dem Ergebnis ist die Linke nach wie vor nirgendwo im Westen so stark wie in Saarbrücken.

Linke bleibt in der Opposition

Das Wahlergebnis selbst ist aber noch nicht einmal der wichtigste Faktor des Lafontaine-Erfolgs. Denn der "Saar-Napoleon" ist nun in einer komfortablen Situation. Lafontaine wird in den kommenden Tagen, in denen CDU und SPD über eine Koalition verhandeln, die Gespräche torpedieren wo nur möglich. Gleich am Wahlabend tönt Lafontaine: "Ich möchte die SPD noch mal auffordern, das zu tun, was sie vor der Wahl gesagt hat. Sie hat gesagt, sie will den gesetzlichen Mindestlohn, das kann sie nur mit uns. Sie hat gesagt, sie will ein echtes Tariftreuegesetz, das kann sie nur mit uns. Sie hat gesagt, sie will eine Vermögensteuer, das kann sie nur mit uns."

Immer wieder wird er den Sozialdemokraten solche unmoralischen Angebote machen – Lockrufe, auf die Maas besser nicht eingehen sollte. Andrea Ypsilanti aus Hessen weiß noch genau, was passiert, wenn man sich trotz gegenteiligem Bekunden mit den Linken einlässt. Gesetzt den Fall, Maas ist also klug genug, dann bleibt die Linkspartei im Saarland Opposition. Das ist auch die beste Variante für die Partei, denn mit ihrer Programmatik des Schuldenmachens und - vor allen Dingen - Nicht-Abbauen-Wollens würden ernüchternde Erfahrungen mit Verfassungsgerichten drohen (Stichwort: Schuldenbremse).

Und Lafontaine selbst? Wenn sich die schwarz-rote Regierung im Saarland erst einmal etabliert hat, dann kann Oskar wieder nach Größerem streben. Denn: Auch wenn es seine Heimat ist und Lafontaine mit 68 Jahren schon zu den Polit-Oldies gehört - seinen politischen Lebensabend in der saarländischen Landespolitik abzusitzen, war wohl ohnehin nie seine Wunschvorstellung.

Familienpartei stärker als die FDP

Und so schielt die Linkspartei ebenso wie Lafontaine selbst schon auf das Jahr 2013, wenn in Deutschland ein neuer Bundestag zu wählen ist. Nebulös antwortet er auf solche Gedankenspiele am Abend der Wahl noch: "Was in Berlin sich in den nächsten Monaten entwickeln wird, muss man abwarten." Heißt im Klartext wohl: Wenn die Partei ruft, bin ich dabei. Und sie wird rufen. Zu schwach ist das politische Führungspersonal in Berlin, zu verlockend die mögliche Zugkraft eines Tandems Lafontaine-Wagenknecht.

Beim Kampf um Stimmen für den Bundestag kann Lafontaine seinen einstigen Genossen dann erneut ziemlich unbequem werden. Wenn das Saarland Blaupause für den Bund wird, könnte es für die SPD schwer werden, die CDU aus der Regierung zu kegeln. Wie schon immer seit es die Linkspartei gibt, schmerzen auch in Saarbrücken die Wähler, die sich gegen die SPD und für Links entschieden haben. Da hilft auch der Zugewinn von 6,1 Prozent im Vergleich zur vorherigen Wahl nicht.

Über den peinlichen Untergang der FDP ist wohl auch noch ein Wort zu verlieren. Die Liberalen rangieren mittlerweile in kaum mehr zählbaren Regionen. Im Saarland haben lediglich 5871 Wähler Gelb gewählt. Das sind nur 267 mehr Wahlberechtigte, als sich für die NPD entschieden haben. Prozentual liegen beide bei 1,2 Prozent. Noch vor der FDP landete damit die weitgehend unbekannte "Familienpartei", die sich für die Belange von Kindererziehenden einsetzt. Die erreichte 1,7 Prozent. Das ist bitter für die FDP.

Merkels Koalition hat erneut verloren

Nun legen die Liberalen ihren Fokus auf die ohnehin ungleich bedeutenderen Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Dort hofft die Partei, dass eintritt, woran sie sich nach dem Ende der Regierung in Düsseldorf festklammert: Der Wähler werde schon honorieren, dass sich die FDP prinzipientreu für eine solide Landeskasse entschieden hat. Trotz des dann drohenden Endes ihrer Zeit im Landtag.

War chancenlos: FDP-Spitzenmann Oliver Luksic.

War chancenlos: FDP-Spitzenmann Oliver Luksic.

(Foto: dapd)

Hinzu kommt: In Kiel und Düsseldorf gehen für die FDP - im Gegensatz zum Saarland - zwei profilierte Liberale an den Start. Christian Lindner und Wolfgang Kubicki sind ein anderes Kaliber als der außerhalb des Saarlands völlig unbekannte Oliver Luksic. Umfragen zufolge geht es für die Liberalen in NRW auch schon bergauf: Von zwei auf vier Prozent Zustimmung konnte Lindner die Partei schon bringen.

Selbst wenn es in Düsseldorf dann reicht, ist die notorische Schwäche der FDP vor allen Dingen ein Problem für die CDU, der der gewohnte Partner von der Stange fällt. Angela Merkel ist daher in einer zwiespältigen Lage: Im Saarland hat ihre Sachwalterin Kramp-Karrenbauer gewonnen. Doch ihre schwarz-gelbe Koalition hat eindeutig verloren.

Grüne müssen Piraten fürchten

Bleiben zwei politische Kräfte, die – auch wenn sie es nicht wahrhaben wollen – in Konkurrenz zueinander stehen: die Piraten und die Grünen. Die Piraten sind mit den sensationellen 7,4 Prozent im Saarland als ernstzunehmender Faktor auch in anderen Bundesländern zu betrachten. Stellt sich die Frage, welche der etablierten Parteien es am schnellsten versteht, sich der neuen Bewegung zu öffnen und strategisch als potenzieller Koalitionspartner bereitzustehen.

Damit graben die Piraten den Grünen das Wasser ab. Denn am ehesten dürfte es die SPD verstehen, sich auf die sozialliberalen Ideen der Piraten einzulassen. Und die Sozialdemokraten waren seit jeher die erste Machtoption für die Grünen. Damit steht die Ökopartei - trotz des Stimmungshoch im Fukushima-Jahr 2011 - vor erheblichen Problemen. Die vergleichsweise klare Lage bei den kommenden Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, wo die Grünen als Juniorpartner der SPD wohl in den Regierungen sein werden, täuscht darüber nur schwach hinweg.

Quelle: ntv.de

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