Wohin mit dem Atommüll? Hendricks besteht auf Atommüll in Bayern
23.06.2015, 09:54 Uhr
Castoren in Baden-Württemberg: Der Bund will sie auch nach Bayern schicken.
(Foto: picture alliance / dpa)
Deutschland will in den kommenden Jahren seinen Atommüll aus dem Ausland zurückholen. Als Lagerstätten hat der Bund auch Bayern gewählt. Doch der Freistaat wehrt sich - zum Unmut Berlins.
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks beharrt darauf, Atommüll auch in Bayern zwischenzulagern. "Bayern hat über Jahrzehnte hinweg von der Atomenergienutzung profitiert, mehr als jedes andere Bundesland", sagte die SPD-Politikerin der "Welt". Sie erwarte daher, "dass Bayern sich nun auch seiner Mitverantwortung für die Lösung dieses Problems stellt". Es sei nicht zu viel verlangt, wenn der Freistaat sich mit neun Castoren an der Zwischenlagerung des Atommülls beteilige. Die ablehnende Reaktion der bayerischen Staatsregierung bezeichnete die SPD-Politikerin als "nicht angemessen".
Hendricks hatte Ende vergangener Woche ein Konzept für die Rückholung von Atommüll aus dem Ausland vorgelegt. Es sieht zugleich Transporte von Castorbehältern auch zum Atomkraft-Standort Isar in Niederbayern vor. Hoch radioaktiver Abfall aus den Wiederaufbereitungsanlagen La Hague in Frankreich und Sellafield in Großbritannien soll zudem nach Brokdorf in Schleswig-Holstein, Philippsburg in Baden-Württemberg und Biblis in Hessen gebracht werden.
Einlagerung auch gegen Länder-Willen möglich
Die Bundesumweltministerin machte deutlich, dass der Atommüll auch gegen den Willen der betreffenden Landesregierungen eingelagert werden könne. "Die erforderlichen Genehmigungsverfahren bezüglich Transport und Einlagerung werden nicht von den Ländern, sondern vom Bundesamt für Strahlenschutz beschieden", sagte Hendricks.
Zwar sei mit ihrem Konzept noch keine Entscheidung über die Standorte der Zwischenlagerung getroffen. Doch soll es den Akw-Betreibern "als Richtschnur dienen, wie sie ihre gesetzlichen Verpflichtungen zur Rückführung und Aufbewahrung der verglasten radioaktiven Abfälle aus der Wiederaufarbeitung erfüllen können", sagte sie. Es sei jetzt Sache der Unternehmen, Anträge für konkrete Standorte zu stellen.
Bayern stellt Zustimmung zur Energiewende infrage
Während die Landesregierungen von Baden-Württemberg (Grün-Rot), Hessen (Schwarz-Grün) und Schleswig-Holstein (Rot-Grün) bereits Zustimmung signalisierten, kamen aus Bayern empörte Reaktionen auf Hendricks' Konzept. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) kündigte laut "Welt" an, dass er die Atommüll-Endlagerung in die Schlussphase des Koalitionspokers über die Energiewende einbeziehen wolle.
Der Chef der bayerischen Staatskanzlei, Marcel Huber (CSU), warnte vergangene Woche, wenn der Bund in der Frage allein entscheiden wolle, stelle "er eine Einigung bei der Energiewende insgesamt in Frage". Einseitige Festlegungen des Bundes seien daher "politisch unklug und dreist".
Um die Zwischenlagerung der Castoren wird seit Jahren gerungen. In Verbindung mit dem nationalen Konsens über ein neues Endlager-Suchverfahren war auch festgelegt worden, dass keine weiteren Castoren mehr in das bisherige Zwischenlager im niedersächsischen Gorleben gehen sollen. Voraussichtlich erst nach dem Jahr 2050 soll ein Endlager für den Atommüll zur Verfügung stehen.
Quelle: ntv.de, jwu/AFP