Aussage vor Untersuchungsausschuss Hirsch vermisst weiterhin Akten
05.04.2001, 19:30 UhrDer frühere Sonderermittler der rot-grünen Bundesregierung, Burkhard Hirsch (FDP), bleibt bei seinem Vorwurf, dass in der Ära von Alt-Kanzler Helmut Kohl im Kanzleramt massiv Akten vernichtet und Daten gelöscht wurden. Vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags zur CDU-Spenden-Affäre sagte Hirsch, seit seinem ersten Bericht vor dem Gremium vor neun Monaten sei "keine Akte aufgetaucht".
Erneut sprach Hirsch von auffälligen Aktenfehlbeständen zu besonders neuralgischen Projekten in der Amtszeit der alten Regierung Kohl. So fehlen laut Hirsch Dokumente zur Privatisierung der Raffinerie Leuna, zum Verkauf der Fuchs-Spürpanzer an Saudi-Arabien sowie der Eisenbahner-Wohnungen.
Hirsch unterstrich auch, dass es nach der für die Union verlorenen Wahl große zentrale Datenlöschungen im Kanzleramt gegeben habe. Er wehrte sich gegen den Vorwurf der Union, er sei "Handlanger" einer Diffamierungskampagne der rot-grünen Koalition gegen die Regierung von Kanzler Helmut Kohl. "Ich bin verpflichtet, die Wahrheit zu sagen, unabhängig, ob es ihnen gefällt oder nicht."
Hirschs Aussagen über die Löschung von Festplatten im Kohl-Kanzleramt stehen im Widerspruch zu den jüngsten Feststellungen der Bonner Staatsanwaltschaft, die im Hinblick auf diese Vorwürfe einen strafrechtlichen Tatverdacht verneint hatte. Das Ermittlungsverfahren gegen zwei Beamte des Kanzleramts soll eingestellt werden.
Die Ausschuss-Mehrheit zweifelte die Art und Weise der Ermittlungen der Behörde an. Er frage sich, ob die Staatsanwaltschaft überhaupt Untersuchungen angestellt habe, sagte der SPD-Obmann im Ausschuss, Frank Hofmann. Hirsch sagte, er sei von den Bonner Ermittlern inhaltlich nicht befragt worden. "Unabhängig davon, ob die Staatsanwaltschaft Bonn die Ermittlungen einstellt oder nicht, bleibt die Tatsache bestehen, dass Akten in großem Umfang verschwunden sind", sagte Hirsch. "Da beißt die Maus keinen Faden ab".
Ex-Kanzleramtschef Friedrich Bohl (CDU) war ebenfalls geladen. Er bestritt energisch, Anordnungen zur Vernichtung von Akten- oder Datenbeständen kurz vor der Regierungsübernahme durch Rot-Grün 1998 gegeben zu haben. Wenn etwas Rechtswidriges gedroht hätte, wäre er sofort dazwischen gegangen, sagte Bohl. "Ich habe nichts zu verbergen", so der einstige enge Vertraute von Ex-Kanzler Kohl.
Quelle: ntv.de