Einsatz am Hindukusch Holbrooke macht Druck
06.01.2010, 08:45 UhrWährend Verteidigungsminister Guttenberg eine massive Aufstockung der deutschen Truppen in Afghanistan erneut ausschließt, stellt Obamas Afghanistan-Beauftragter Richard Holbrooke öffentlich die Frage, ob die Deutschen noch zu ihren Verpflichtungen in Afghanistan stehen.

Seit Anfang 2002 ist die Bundeswehr in Afghanistan präsent.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat eine massive Aufstockung der deutschen Truppen in Afghanistan ausgeschlossen. "Die immer mal wieder genannte Zahl von 2500 zusätzlichen Soldaten ist nicht realistisch", sagte er der "Leipziger Volkszeitung". Der CSU-Politiker spielte damit auf Spekulationen über US-Forderungen nach einer Aufstockung in dieser Höhe an. Der US-Sondergesandte für Afghanistan und Pakistan, Richard Holbrooke, stellte unterdessen offen die Frage, ob die Deutschen noch zu ihren Verpflichtungen in Afghanistan stehen.
Ein Erfolg in Afghanistan sei genauso in deutschem wie in amerikanischem Interesse, sagte Holbrooke der "Zeit". Zugleich fragte er jedoch: "Werden die Deutschen dieses Interesse auch würdigen?" Holbrooke stellte klar, dass die USA nicht den Fehler der Sowjetunion wiederholen und Afghanistan den radikal-islamischen Taliban überlassen würden.
Kanzlerin Angela Merkel zieht das Thema Afghanistan unterdessen enger an sich. Die Bundesregierung habe bereits am 16. Dezember einen Kabinettsausschuss eingesetzt, der die Afghanistan-Politik besser zwischen den betroffenen Ministerien abstimmen solle, hieß es in Regierungskreisen. Dies bedeute jedoch nicht, dass Außenminister Guido Westerwelle Kompetenzen entzogen würden.
Der FDP-Politiker war auch innerhalb der Koalition auf Unverständnis gestoßen, nachdem er mit einem Boykott der Afghanistan-Konferenz am 28. Januar in London gedroht hatte. Merkel zählt zu den Initiatoren der Konferenz, bei der die internationale Gemeinschaft über ihr weiteres Vorgehen in Afghanistan beraten will. Das Land versinkt zunehmend in der Gewalt und steckt zudem in einer Regierungskrise.
Guttenberg braucht "keine Meinungsvorgabe"
Guttenberg betonte, er lasse sich bei den Truppenplanungen weder von seinen Ministerkollegen in der Nato noch von den Wünschen der USA unter Druck setzen. "Ich bin niemand, der sich einem Gruppenzwang unterwirft. Zu meiner Meinungsbildung brauche ich auch keine Vorgabe aus den USA", sagte er. Der alleinige Ruf nach mehr Kampftruppen werde dem bisherigen deutschen Engagement nicht gerecht. "Natürlich kämpfen unsere Truppen auch. Aber wir stehen besonders für mehr und gute Ausbildung von Sicherheitskräften", sagte der Minister.
Die Bundesregierung werde in London nicht nur Vorschläge zur Truppenstärke unterbreiten, erklärte Guttenberg. Entscheidend werde die Konzentration auf zivile Maßnahmen sein. Beschlüsse seien aber noch nicht gefallen. Außenminister Guido Westerwelle hatte bereits vor einigen Wochen zwar nicht mehr Kampftruppen, aber mehr Hilfe bei der Polizeiausbildung in Afghanistan angeboten. Die wird bisher sowohl von deutschen Polizisten als auch von Feldjägern betrieben. Derzeit sind knapp 4300 deutsche Soldaten in Afghanistan im Einsatz. Die Mandatsobergrenze liegt bei 4500 Soldaten.
Nach Einschätzung der Nato-Truppe Isaf steht der Einsatz am Hindukusch am Scheidepunkt. "Ob wir den Krieg gewinnen oder verlieren, wird sich in den nächsten 18 Monaten zeigen", sagte der Sprecher von Isaf-Kommandeur Stanley McChrystal, Konteradmiral Gregory Smith, der "Bild"-Zeitung.
Quelle: ntv.de, rts/dpa