Politik

Gaddafi schickt Luftwaffe Holländische Soldaten inhaftiert

Libyer auf dem Weg nach Brega, wo sie gegen die Gaddafi-Truppen kämpfen wollen.

Libyer auf dem Weg nach Brega, wo sie gegen die Gaddafi-Truppen kämpfen wollen.

(Foto: AP)

Drei niederländische Soldaten befinden sich in der Hand des libyschen Regimes. Sie wurden festgenommen, als sie zwei Europäer außer Landes bringen wollten. Die deutsche Marine will Flüchtlinge von Tunesien nach Ägypten bringen. Die USA befürchten, dass aus Libyen ein "gigantisches Somalia" wird. Der Internationale Strafgerichtshof leitet Ermittlungen gegen Gaddafi ein.

Einheiten des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi haben drei niederländische Soldaten gefangen genommen, als diese zwei Europäer aus dem umkämpften Land in Sicherheit bringen wollten. Bei den Soldaten handelt es sich um Besatzungsmitglieder eines Marine-Hubschraubers. Die Regierung in Den Haag sei intensiv um die Freilassung der Soldaten bemüht, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums.

Flüchtlingslager auf der tunesischen Seite der Grenze zu Libyen.

Flüchtlingslager auf der tunesischen Seite der Grenze zu Libyen.

(Foto: dpa)

Ministerpräsident Mark Rutte bat um Verständnis, dass dazu vorerst keine Einzelheiten mitgeteilt werden. "Uns ist mit totaler Geheimhaltung am besten gedient", sagte Rutte. Den drei Marinefliegern "geht es gut, soweit wir das wissen", sagte Ministeriumssprecher Otto Beeksma.

Den Angaben zufolge flogen die Soldaten am vergangenen Sonntag mit ihrem Lynx-Hubschrauber von der im Mittelmeer kreuzenden niederländischen Fregatte MS Tromp aus zur libyschen Stadt Syrte, um zwei dort festsitzende Landsleute abzuholen. Nach der Landung sei die Hubschrauberbesatzung von einer Gaddafi-Milizgruppe angegriffen und gefangen genommen worden.

Die beiden Niederländer, die von dem Hubschrauber abgeholt werden sollten, seien später an die Haager Botschaft in Tripolis übergeben worden und hätten das Land bereits verlassen, berichtete der niederländische Sender NOS.

Mehr als 180.000 auf der Flucht

Unterdessen ist die Zahl der Flüchtlinge, die Libyen auf dem Landweg verlassen, auf mehr als 180.000 gestiegen. "Und die Zahl steigt weiter", sagte die Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Melissa Fleming.

Rund 80.000 der Flüchtlinge seien nach Ägypten und etwa 3000 nach Tunesien eingereist, die anderen warteten an der Grenze. Am Mittwoch seien 7500 Menschen an der Grenze zu Tunesien angekommen, vornehmlich Menschen aus Bangladesch. Es herrsche Angst und Betroffenheit unter den Menschen, sagte Fleming.

Deutsche Marine bringt Flüchtlinge nach Ägypten

Ein ägypter wartet an der Essensausgabe eines Flüchtlingslagers in Tunesien.

Ein ägypter wartet an der Essensausgabe eines Flüchtlingslagers in Tunesien.

(Foto: REUTERS)

Deutschland beteiligt sich mit Marineschiffen an der internationalen Hilfsaktion für die Libyen-Flüchtlinge in Tunesien. Die deutsche Marine werde mit drei Schiffen insgesamt 4000 Flüchtlinge von Tunesien nach Ägypten bringen, sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle bei einem Besuch in der slowakischen Hauptstadt Bratislava. Überwiegend handelt es sich demnach um ägyptische Gastarbeiter, die in Libyen tätig waren und wegen des Aufstands gegen Gaddafi nach Tunesien geflohen waren. Westerwelle geht davon aus, dass der Einsatz am Freitag beginnen kann.

Die deutsche Botschaft in der libyschen Hauptstadt Tripolis ist aus Sicherheitsgründen geschlossen worden. Das Auswärtige Amt teilte mit, dass die deutschen Staatsangehörigen in Libyen über die bevorstehende Schließung der Vertretung informiert worden seien. Auch seien sie wiederholt dringend aufgefordert worden, noch bestehende Möglichkeiten zu nutzen, das Land zu verlassen.

Ärzte fordern Zugang in umkämpfte Gebiete

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen appellierte an die Konfliktparteien, humanitäre Helfer und Hilfsgüter in die umkämpften Gebiete zu lassen. Die Organisation hat nach eigenen Angaben Anfang März in der Stadt Bengasi den Hilfsappell eines Arztes in der Stadt Misurata erhalten, wo Berichten zufolge Kämpfe zu vielen Verletzten geführt haben. Die Stadt sei, wie auch andere Regionen im Westen, bisher für Mitarbeiter von Hilfsorganisationen aus Sicherheitsgründen nicht zugänglich.

"Der Arzt bat uns um Medikamente und medizinisches Material für die Behandlung von Verwundeten", erklärte die medizinische KoordiNATOrin von Ärzte ohne Grenzen in Bengasi, Anne Châtelain. "Aber wir können das Material nicht liefern. Bewaffnete Männer blockieren den Verkehr und sperren die Straße nach Misurata."

USA befürchten "gigantisches Somalia"

US-Außenministerin Hillary Clinton befürchtet angesichts der blutigen Unruhen in Libyen Verhältnisse wie im krisengeschüttelten Somalia. Zahlreiche Kämpfer des Terrornetzes Al-Kaida in Afghanistan und im Irak stammten aus dem nordafrikanischen Land.

"Eine unserer größten Sorgen ist, dass Libyen im Chaos versinkt und zu einem gigantischen Somalia wird", sagte Clinton. Viele der Al-Kaida-Kämpfer stammten aus dem Osten Libyens, der Hochburg der Opposition.

NATO will gerüstet sein

Anti-Gaddafi-Kämpfer bei Brega.

Anti-Gaddafi-Kämpfer bei Brega.

(Foto: REUTERS)

Die NATO hat mit militärischen Planungen für den Fall begonnen, dass der UN-Sicherheitsrat eine Flugverbotszone für Libyen beschließen sollte. "Innerhalb der NATO planen unsere militärischen Stellen vorsichtig für jeden Eventualfall", sagte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen auf die Frage, wie das Bündnis auf den Ruf von Gaddafi-Gegnern nach Einrichtung einer Flugverbotszone reagiere.

"Ich möchte betonen, dass die NATO keine Absicht hat einzugreifen", sagte Rasmussen. "Aber als eine Verteidigungsallianz und Sicherheitsorganisation machen wir vorsichtige Planungen für alle Eventualfälle." Diese Planung finde "im Rahmen der Resolutionen des UN-Sicherheitsrates statt". Rasmussen sagte: "Wir verfolgen und beobachten die Lage genau. Und wir nehmen zur Kenntnis, dass die Resolution des UN-Sicherheitsrates den Einsatz von Streitkräften nicht vorsieht."

In der NATO gibt es starke Vorbehalte gegen ein militärisches Eingreifen, auch bei den mit Vetorecht ausgestatteten ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates. Clinton sagte, die Einrichtung einer Flugverbotszone in der nahen Zukunft sei unwahrscheinlich.

Gaddafi schickt Kampfflugzeuge

Während eines Luftangriffs hält sich ein Aufständischer die Ohren zu.

Während eines Luftangriffs hält sich ein Aufständischer die Ohren zu.

(Foto: REUTERS)

Nach der Niederlage seiner Truppen in der Stadt Brega hat Diktator Gaddafi Kampfflugzeuge in das Rebellengebiet geschickt. Ein Polizeikommandeur in Bengasi, der inoffiziellen Hauptstadt des "befreiten Ost-Libyens", sagte, Gaddafis Truppen hätten mehrere Ziele in Brega bombardiert.

Eine Bombe sei über einem Gebiet zwischen der Erdölraffinerie und einem Wohnviertel abgeworfen worden, sagte ein ranghoher Mitarbeiter des städtischen Krankenhauses, Fattah el Moghrabi. Opfer habe es offenbar nicht gegeben. Unterdessen begaben sich weitere Rebellen nach Brega, um die dortigen Regierungsgegner zu verstärken.

Moghrabi sagte, am Mittwoch habe es bei Kämpfen in Brega zwischen regierungstreuen Einheiten und Aufständischen zwölf Tote gegeben - neun Regierungsgegner und drei Gaddafi-Kämpfer. Am Mittwoch hatten Gaddafi-Gegner von zehn Toten gesprochen.

In der weiter östlichen gelegenen Stadt Tobruk habe sich eine Einheit der Marine den Aufständischen angeschlossen, meldete der Nachrichtensender Al-Arabija. Nach Informationen des TV-Senders Al-Dschasira wird inzwischen auch die südliche Oasenstadt Al-Kufra von den Aufständischen kontrolliert.

IStGH will Ermittlungen aufnehmen

Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) leitete Ermittlungen gegen Gaddafi ein. Gaddafi sowie weiteren Vertretern seines Regimes würden Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen, teilte Ankläger Luis Moreno-Ocampo in Den Haag mit. Der UN-Sicherheitsrat hatte den Strafgerichtshof am Samstag beauftragt, wegen der gewaltsamen Unterdrückung der Proteste durch die Sicherheitskräfte von Gaddafi zu ermitteln.

Arabische Liga berät über "Friedensplan"

Ein von Venezuela vorgeschlagener Friedensplan für Libyen wird nach Angaben der Arabischen Liga derzeit beraten. Über den Plan sei aber noch keine Einigung erzielt worden, sagte der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa. Zuvor hatte der Fernsehsender Al-Dschasira berichtet, Gaddafi und sein Verbündeter, der venezolanische Präsident Hugo Chávez, hätten sich bereits auf den Plan für ein Ende der Gewalt in dem nordafrikanischen Land verständigt. Der Vorsitzende des libyschen Nationalrats der Rebellen, Mustafa Abdel Dschalil, hat jegliche Gespräche mit Gaddafi allerdings bereits abgelehnt.

Quelle: ntv.de, hvo/dpa/rts/AFP

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