Merkel zum Atomausstieg "Ich bin vertragstreu"
10.01.2007, 08:55 UhrBundeskanzlerin Angela Merkel will an dem unter Rot-Grün beschlossenen Ausstieg aus der Atomenergie in Deutschland nicht rütteln. Zwar gebe es in der großen Koalition unterschiedliche Haltungen zu diesem Thema, sagte Merkel nach einer Sitzung des Bundeskabinetts. Union und SPD arbeiteten aber auf Grundlage einer Koalitionsvereinbarung, die den Ausstieg aus der Atomkraft nicht in Frage stelle. Die CSU pocht dagegen weiterhin auf längere Laufzeiten für die deutschen Atommeiler.
Der seit Monaten immer wieder aufflammende Konflikt in der großen Koalition um die Zukunft der Kernenergie hat durch die neuen Sorgen um Öllieferungen aus Russland Auftrieb bekommen. Russland hatte die Ölleitung "Druschba" durch Weißrussland geschlossen und damit die Versorgung Deutschlands und anderer europäischer Länder beschnitten. Vor diesem Hintergrund hatte Merkel in einem Interview die Debatte wieder angeheizt und erklärt, es müsse auch bedacht werden, welche Folgen der Ausstieg aus der Atomenergie habe.
Für eine Koalition sei es wichtig, dass man vertragstreu bleibe und nicht jeden Tag neue Positionen beziehe, sagte Merkel nun. "Ich bin vertragstreu an dieser Stelle." Zugleich sei ihre persönliche kritische Haltung zum Ausstieg aus der Nutzung der Atomkraft auch bekannt.
Christsoziale wollen Atomkraft
CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer bekräftigte zum Abschluss der Klausur der CSU-Bundestagsabgeordneten in Wildbad Kreuth die Forderung nach einer Streckung des Atomausstiegs, der um das Jahr 2020 die Abschaltung des letzten Kernkraftwerks in Deutschland vorsieht. "Ich sehe im Koalitionsvertrag nicht ein unüberwindbares Hindernis, um zu flexibleren Regelungen zu kommen." Deutschland dürfe nicht immer stärker in die Abhängigkeit von Ölimporten geraten.
Dagegen betonte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, Öl und Strom hätten nichts miteinander zu tun. Atomkraft sei enorm risikobehaftet. Er verwies darauf, dass 17 von 27 EU-Mitgliedsstaaten einen Verzicht auf Atomkraftwerke verfügt hätten oder die Kernenergie gar nicht zur Stromherstellung nutzten. Ein Verzicht auf die Kernkraft führe keinesfalls zu Versorgungsengpässen.
Barroso hält sich bedeckt
Zuvor hatte EU-Kommissionspräsident Jos Manuel Barroso bei der Vorstellung der EU-Energiestrategie betont, Entscheidungen zur Atomenergie seien Sache der Mitgliedsländer. Er habe in der Debatte nichts zu sagen. Im Vorfeld dieser Äußerung war berichtet worden, Barroso wolle sich massiv für einen Ausbau der Atomenergie stark machen.
"Es ist Sache der Mitgliedstaaten, zu entscheiden, ob sie die Atomenergie wollen oder nicht. Es ist nicht Aufgabe der Kommission, den Staaten zu sagen, ob sie mehr oder weniger oder gar kein Atom in ihrem Energie-Mix haben sollen", sagte Barroso. Der Energiemix ist nach EU-Recht eine nationale Angelegenheit.
Quelle: ntv.de