Krieg reißt seelische Wunden Immer mehr Soldaten krank
16.12.2010, 19:42 UhrIn Deutschland sind so viele Bundeswehr-Soldaten traumatisiert wie noch nie seit Beginn der Auslandseinsätze. An der Seele verwundete Soldaten kommen vor allem aus Afghanistan zurück. Die Soldaten müssen nicht nur den Tod von Kameraden verkraften, sondern auch das "Selber-Töten-Müssen".
Seit Beginn der Auslandseinsätze der Bundeswehr sind noch nie so viele Soldaten mit seelischen Wunden zurückgekehrt wie in diesem Jahr. Bis Ende November wurden nach Angaben der Bundeswehr 655 Soldaten wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) behandelt - das sind 200 mehr als im Vorjahr und mehr als zehnmal so viele wie 2006. Die Betroffenen meldeten sich aber nicht nur wegen posttraumatischer Störungen. Weitere 333 Soldaten hätten in diesem Jahr andere psychische Beschwerden wie Depressionen oder Suchtverhalten nach Auslandseinsätzen an sich festgestellt. Die meisten Patienten seien Afghanistan-Rückkehrer
Als Grund für die steigenden PTBS-Zahlen sieht der Leiter der Psychiatrie im Bundeswehrkrankenhaus Berlin, Peter Zimmermann, zwei Gründe: "Die Schwere der Einsätze und die Menge der Leute, die dort unten sind, führt automatisch zu mehr Fällen." Gleichzeitig mache sich eine gestiegene Behandlungs-Akzeptanz bemerkbar: Immer mehr Soldaten trauten sich, wegen seelischer Probleme in ein Krankenhaus zu gehen.
Viele melden sich erst nach Jahren
Steigende Zahlen erwartet Zimmermann auch nach dem geplanten Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan, der Ende 2011 bereits beginnen soll. "Viele Leute, die jetzt traumatisiert werden, melden sich erst nach Jahren", sagte der Oberfeldarzt. Studien hätten ergeben, dass bei Betroffenen drei und mehr Jahre vergehen können vom ersten Schreiben einer anonymen E-Mail bis zum Aufsuchen eines Arztes.
Am Hindukusch sind derzeit 4600 deutsche Soldaten im Einsatz. Die NATO hatte bei ihrem Gipfel in Lissabon beschlossen, den Kampfeinsatz in Afghanistan Ende 2014 zu beenden, falls es die Sicherheitslage zulasse. Bundesaußenminister Guido Westerwelle legte sich im Bundestag auf einen Abzug der ersten deutschen Truppen aus Afghanistan Ende kommenden Jahres fest.
Quelle: ntv.de, rts