Politik

Krawall oder Schmusekurs? In der SPD-Troika knirscht es

SPD-Chef Gabriel, Fraktionschef Steinmeier, Ex-Finanzminister Steinbrück (v.l.) - einer von ihnen dürfte Kanzlerkandidat werden. Doch wird der dann auch Kanzler?

SPD-Chef Gabriel, Fraktionschef Steinmeier, Ex-Finanzminister Steinbrück (v.l.) - einer von ihnen dürfte Kanzlerkandidat werden. Doch wird der dann auch Kanzler?

(Foto: picture alliance / dpa)

SPD-Chef Gabriel will dem Fiskalpakt nur zustimmen, wenn die Bundesregierung im Gegenzug für eine Einführung der Finanzmarktsteuer sorgt, SPD-Fraktionschef Steinmeier lehnt ein solches Junktim ab. Oder anders gesagt: Gabriel lehnt Steinmeiers Schmusekurs mit der Kanzlerin ab. Er will mehr Krawall.

Wenn Sozialdemokraten eine "Troika" bilden, kann man davon ausgehen, dass die drei keine engen Freunde sind. Das zumindest lehrt ein Blick in die Geschichte: Helmut Schmidt, Willy Brandt und Herbert Wehner waren einander in herzlicher Abneigung verbunden, und auch zwischen Rudolf Scharping, Oskar Lafontaine und Gerhard Schröder knirschte es bekanntlich kräftig.

So kommt es nicht gerade überraschend, dass die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, die Harmonie zwischen Sigmar Gabriel, Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier sei gestört. Vorhersehbar war natürlich auch das Dementi.

Aber von Anfang an. Verantwortlich für die gestörte Harmonie in der aktuellen Troika der SPD soll SPD-Chef Gabriel sein. Am 5. März sei ein kleinerer Kreis von SPD-Spitzenpolitikern Zeuge einer als "recht handfest" beschriebenen Auseinandersetzung zwischen Gabriel und Steinmeier geworden, schreibt die SZ. Anlass sei eine SMS Gabriels zum Thema Fiskalpakt.

Zwei Tage zuvor war bekannt geworden, dass die Bundesregierung in Bundestag und Bundesrat für den Fiskalpakt eine Zweidrittelmehrheit braucht - Bundeskanzlerin Angela Merkel ist folglich auf die Zustimmung der SPD angewiesen. Nach Darstellung der SZ erhielten am frühen Vormittag des 5. März zwei Dutzend SPD-Politiker aus der zweiten Reihe eine SMS des Parteichefs mit der Bitte, öffentlich zu erklären, dass eine Zustimmung der SPD zum Fiskalpakt ohne Beteiligung der Finanzmärkte und Spekulanten nicht zu erwarten sei.

Gabriel wollte Ja zum Fiskalpakt an Finanzsteuer binden

SPD-Fraktionschef Steinmeier hatte bereits am 3. März deutlich gemacht, dass die SPD ihre Zustimmung an Bedingungen knüpfen werde. Ihm ging es um "begleitende wachstumsfördernde Maßnahmen", Gabriel indes ging es um die Einführung einer Finanzmarktsteuer - die von der FDP strikt abgelehnt wird.

Laut SZ erfuhr Steinmeier von der SMS, fühlte sich hintergangen und war wütend. Er soll Gabriel vorgeworfen haben, heimlich Unterstützer für die Idee zu sammeln, die Zustimmung zum Fiskalpakt an die Durchsetzung der Finanzmarktsteuer zu knüpfen. Grundsätzlich geht es um die Frage, wie stark die SPD auf Oppositionskurs geht.

Gabriel selbst hatte am 5. März morgens im Deutschlandfunk gesagt, er könne die Kanzlerin "nur auffordern, endlich in ihrer Regierung für Ordnung zu sorgen, dass die sich nicht gegen die Besteuerung der Finanzmärkte wehren". Und tatsächlich signalisierte Regierungssprecher Steffen Seibert daraufhin die Bereitschaft der Bundesregierung, über diese Forderung zu sprechen. Gabriels Strategie scheint also aufgegangen zu sein.

Antwort auf K-Frage schon im Mai?

Dennoch wird dem SPD-Vorsitzenden die Kanzlerkandidatur in der Partei offenbar nicht zugetraut. Offizielle Sprachregelung der SPD ist, dass die Kanzlerkandidatur erst Ende 2012 oder Anfang 2013 geklärt wird. Nach ungeschriebenem Gesetz hat der Parteichef dabei das erste Zugriffsrecht. Allerdings wird in der SPD bereits erwogen, die K-Frage möglicherweise schon früher zu beantworten - nach der Wahl in NRW, die am 13. Mai stattfindet.

Entsprechend äußerte sich unlängst Steinmeier. "Für mich gilt: Wenn die Zeit dafür reif ist, habe ich kein Problem mit schnellen Entscheidungen", sagte der Fraktionschef der "Bild"-Zeitung. Zugleich ließ er durchblicken, er sehe sich erneut im Rennen. Die Situation sei wesentlich aussichtsreicher als 2009, als er bereits Kanzlerkandidat war und die SPD auf ein Rekordtief sank. "Wir mussten damals Wahlkampf als Junior-Partner in einer Großen Koalition führen und hatten keine echte Machtoption. Das ist diesmal anders."

In Umfragen liegen allerdings alle drei Mitglieder der "Troika" im direkten Vergleich regelmäßig weit hinter Merkel, wobei Gabriel die schlechtesten Werte erzielt. "Wenn er es will, wird er es, aber dann wird er die Wahl verlieren", zitiert die SZ einen "namhaften Genossen". Da auch Ex-Finanzminister Steinbrück in der Partei auf Vorbehalte stößt und die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, die als vierte mögliche Kandidatin im Gespräch ist, abgewunken hat, scheint alles auf Steinmeier hinauszulaufen.

Abgeordnete finden Steinmeier zu nachgiebig

Allerdings weht auch Steinmeier der Wind ein wenig ins Gesicht. Eine wachsende Zahl von SPD-Abgeordneten ist der Ansicht, dass der Fraktionschef im Umgang mit der Kanzlerin beim Euro-Thema zu nachgiebig agiert. Als der SPD-Parlamentarier Klaus Barthel dies in einer Fraktionssitzung vor kurzem offen ansprach, reagierte Steinmeier nach Ansicht von Teilnehmern äußerst gereizt.

Gabriel wies inzwischen zurück, dass es Spannungen über das Abstimmungsverhalten zum Fiskalpakt gebe. Der SPD-Parteivorstand habe dazu einstimmig einen Beschluss gefasst, dem auch Steinmeier zugestimmt habe, sagte er.

Bislang ist die Abstimmung über den Fiskalpakt für Mai geplant. Einig sind Steinmeier und Gabriel darin, dass die Entscheidung verschoben werden könnte. Fraglich ist, ob Merkel aus dem Streit der Spitzen-Sozis Profit für die Abstimmung schlagen kann. SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann warnte bereits, die Kanzlerin mache einen großen Fehler, wenn sie glaube, die SPD-Zustimmung "zum Nulltarif" zu bekommen.

Im Übrigen, sagte Oppermann, sei das Verhältnis in der SPD-Troika "besser als beschrieben".

Quelle: ntv.de, hvo/dpa

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