Fragen und Antworten Integrations-Gipfel seit 2006
31.01.2012, 14:50 Uhr
In Deutschland leben rund 16 Millionen Zuwanderer.
(Foto: dapd)
Mit der Integration von Zuwanderern geht es voran - aber nur langsam. Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft wollen nun konkrete Ziele beschließen. Kritikern geht das nicht weit genug.
, vor allem aus der Türkei und Italien. Die Politik glaubte, die "Gäste" würden irgendwann in ihre Heimat zurückgehen. Deutschland verstand sich nicht als Einwanderungsland - Integration war deshalb lange kein Thema. Heute leben in Deutschland rund 16 Millionen Zuwanderer und ihre Kinder. Und die Politik versucht nun, bei der Integration das aufzuholen, was lange versäumt wurde. Wie entstand der Integrationsgipfel?
2006 lud Kanzlerin Angela Merkel zum ersten Integrationsgipfel ein. Ziel des Treffens war es zunächst, Zuwanderer mit Vertretern von Politik, Wirtschaft und Kirchen zusammenzubringen. Die Bundesregierung erklärte, Defizite bei der Eingliederung abbauen zu wollen. Dazu zählten aus ihrer Sicht vor allem mangelnde Deutschkenntnisse von Migranten, Schwächen in Bildung und Ausbildung sowie eine fehlende Akzeptanz von Grundregeln des Zusammenlebens. Was brachten die folgenden Integrationsgipfel?
Ein "Nationaler Aktionsplan"
Beim zweiten Gipfel 2007 fehlten aus Protest gegen das zuvor verschärfte Zuwanderungsrecht vier türkische Verbände. Ohne sie wurde ein "Nationaler Integrationsplan" mit insgesamt mehr als 400 Selbstverpflichtungen beschlossen. Er bündelt die Initiativen von Bund, Ländern, Kommunen, Wirtschaft und Verbänden. 2008 wurde beim dritten Gipfel Zwischenbilanz gezogen. Die Bundesregierung sah die Integrationsanstrengungen insgesamt "gut vorangekommen" - ein Zwischenfazit, das nicht alle teilten. Beim vierten Gipfel 2010 wurde vereinbart, einen "Nationalen Aktionsplan" zu erarbeiten. Das Ziel: Bei den Themen Bildung, Deutschkenntnissen, Ausbildung und Arbeitsmarkt sollen klare Zielvorgaben gemacht werden. Wie weit ist die Integration von Zuwanderern heute?
Die Integrationsbeauftragte Maria Böhmer von der CDU stellte Mitte Januar einen Bericht vor, aus dem hervorgeht, dass es langsam Fortschritte bei der Integration gibt, aber noch viel zu tun ist. Migranten tun sich in vielen Bereichen weiterhin deutlich schwerer als Einheimische. Beispiel: Unter den 15- bis 65-jährigen Zuwanderern waren im Jahr 2010 fast 12 Prozent erwerbslos - im Vergleich zu rund 18 Prozent im Jahr 2005. Jedoch ist die Quote bei den Menschen, die nicht zugewandert sind, mit 6,1 Prozent (2010) deutlich niedriger. Welche konkreten Projekte zur besseren Integration gibt es?
Angebote zum Spracherwerb
Spezielle Integrationskurse sollen die Eingliederung erleichtern. Und seit dem Frühjahr 2011 läuft in 18 Regionen ein Modellprojekt mit Integrationsvereinbarungen. Darin wird konkret festgehalten, mit welchen Voraussetzungen Zuwanderer nach Deutschland kommen und welche Hilfen sie zum Beispiel beim Deutschlernen, bei der Ausbildung oder der Kinderbetreuung benötigen. Umgekehrt sollen die Zuwanderer unterstützt werden, indem ihnen Angebote zum Spracherwerb vermittelt oder Hilfen bei der Anerkennung von Abschlüssen gegeben werden. In diesem April tritt ein Gesetz in Kraft, das die Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsabschlüssen vorantreiben soll. Was sagen Kritiker zur Integrationspolitik der Regierung?
Kritiker halten die Integrationsgipfel für Schauveranstaltungen. Ziele seien zu schwammig formuliert. Statt einen Plan nach dem anderen zu machen, müssten konkrete Schritte folgen. Vieles liege in der Kompetenz von Ländern und Kommunen - der Bund habe auf sie wenig Einfluss. Die Opposition hält der schwarz-gelben Bundesregierung vor, die Integration von Zuwanderern sogar zu behindern, weil sie zum Beispiel einen Doppelpass nicht zur Regel machen will. So müssen sich in Deutschland aufgewachsene Kinder ausländischer Eltern zwischen dem 18. und dem 23. Lebensjahr entscheiden, ob sie Deutsche bleiben und damit die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern abgeben wollen. Wenn sie diese behalten wollen, verlieren sie den deutschen Pass.
Quelle: ntv.de, Bettina Grachtrup, dpa