Anschlag auf Atom-Forscher Iran beschuldigt USA und Israel
12.01.2010, 16:40 UhrDer bei einem Anschlag in Teheran getötete Atom-Forscher soll ein Anhänger der iranischen Opposition gewesen sein. Staatliche Medien bezeichnen ihn allerdings als regimetreu - und die iranische Regierung beschuldigt die USA und Israel, hinter dem Anschlag zu stecken.
Die Ermordung eines iranischen Atomwissenschaftlers schürt die Spannungen zwischen der Islamischen Republik und dem Westen. Die Regierung in Teheran beschuldigte die USA und Israel, hinter dem Bombenanschlag auf Massud Ali-Mohammadi zu stecken. "Der Terroranschlag deutet auf das Dreieck der Bösartigkeit aus dem Zionistenregime, Amerika und ihren gekauften Agenten", erklärte das Außenministerium in Teheran. Die Vorwürfe seien absurd, sagte ein Vertreter des US-Außenministeriums, der namentlich nicht genannt werden wollte.
Die iranische Führung verurteilte den Bombenanschlag und beschuldigte "Söldner der Weltmächte" als Täter. Mit dieser Formulierung werden meist Angehörige der Volksmudschaheddin umschrieben. Die iranischen Volksmudschaheddin dementierten aber jede Verantwortung. In einer Erklärung hieß es, der "im Iran regierende Faschismus" verfolge seine eigenen politischen Ziele und versuche "nicht zum ersten Mal", dem Widerstand die Verantwortung in die Schuhe zu schieben. Die Volksmudschaheddin hätten mit diesem Mord "nichts zu tun".
Kein Bezug zum Atomprogramm
Der Hochschullehrer wurde im staatlichen Fernsehen als glühender Anhänger der Islamischen Revolution, auf einer regierungskritischen Internet-Seite der Opposition jedoch als Gefolgsmann von Oppositionsführer Mirhossein Mussawi beschrieben. Unklar blieb, ob er am Atomprogramm der Islamischen Republik beteiligt war. Im Internet ist ein Forscher gleichen Namens aufgeführt, der sich mit "dunkler Energie", einem hochtheoretischen Teilgebiet der Kosmologie beschäftigt. Press TV beschrieb den 50-jährigen Ali-Mohammadi als Neutronenphysiker.
In seinen Publikationen befasste er sich nach Angaben von westlichen Experten überwiegend mit Kosmologie, Hochenergie-Physik und Quantenphysik. Diese Arbeiten zeigen keinen direkten Zusammenhang mit dem iranischen Atomprogramm. Die internationale Atomenergiebehörde IAEA in Wien wollte sich zu dem Mord nicht äußern.
Der englischsprachige Sender meldete, die Bombe sei in einem Motorrad versteckt gewesen. Der ferngezündete Sprengsatz sei in der Nähe der Wohnung Ali-Mohammadis im Norden der iranischen Hauptstadt explodiert.
Widersprüchliche Meldungen
Der Anschlag auf Ali-Mohammadi ist in einer Phase erhöhter innenpolitischer Spannungen im Iran verübt worden. Die Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Opposition spielen sich vor allem an den Universitäten ab, die Studenten bilden das Rückgrat der Reformbewegung. Laut der halbamtlichen Nachrichtenagentur Fars hat Ali-Mohammadi bis 2003 mit den regimetreuen Revolutionsgarden zusammengearbeitet. Zudem habe er an zwei Hochschulen unterrichtet, die den Garden nahe gestanden hätten.
Dagegen berichtete die oppositionelle Internet-Seite Jaras, Ali-Mohammadi habe zusammen mit hunderten anderer Kollegen einen Wahlaufruf für Mussawi unterschrieben. Fars meldete unter Berufung auf eine im Ausland tätige Gruppe, eine monarchistische Organisation habe sich zu dem Anschlag auf Ali-Mohammadi bekannt.
Der Atomexperte Mark Fitzpatrick vom Internationalen Institut für Strategische Studien in London bezeichnete es als höchst unwahrscheinlich, dass die USA oder Israel im Atomstreit mit dem Iran zum Mittel der gezielten Tötung von Wissenschaftlern greifen würden. Dazu sei die Zahl der qualifizierten Forscher und Ingenieure mittlerweile zu groß. Allerdings habe Israel in der Vergangenheit Atomwissenschaftler getötet, deren Arbeit der Staat als gefährlich eingestuft habe.
Atomstreit ohne Lösung
Im Juni war der am iranischen Atomprogramm beteiligte Wissenschaftler Schahram Amiri während einer Pilgerfahrt nach Mekka verschwunden. Die Führung in Teheran warf Saudi-Arabien im Dezember vor, den Forscher an die USA ausgeliefert zu haben.
Im Atomstreit mit der Staatengemeinschaft drohen dem Iran indes neue Sanktionen. Darüber wollen Diplomaten zufolge am Wochenende die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats und Deutschland beraten. Zwischen den USA und China ist allerdings strittig, ob die Zeit für neue Strafmaßnahmen reif sei.
Quelle: ntv.de, rts/dpa