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Öffentliche Kleidungkontrollen Iran schickt die Sittenpolizei wieder auf die Straße

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Im Iran werden die Kleidungsverschriften wieder streng kontrolliert.

Im Iran werden die Kleidungsverschriften wieder streng kontrolliert.

(Foto: picture alliance/dpa)

Im Iran festigt das Regime wieder seinen Zugriff auf die Gesellschaft. Die Kleiderordnung werde erneut rigoros kontrolliert und Verstöße bestraft, teilt das Regime mit. Im Zuge der Proteste war die Auflösung der zuständigen Einheit verkündet worden. Nun zeigt sich, dass dies wie vermutet eine politische Finte war.

Im Iran ist die Sittenpolizei zurück: "Ab heute wird die Polizei mit Streifenfahrten und zu Fuß Menschen warnen und bestrafen, die - leider - Befehlen nicht Folge leisten und weiterhin gegen die Kleiderordnung verstoßen", sagte Polizeisprecher Said Montaserolmahdi laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Tasnim. In Onlinenetzwerken veröffentlichte Fotos und Videos zeigten bereits in den vergangenen Tagen Polizistinnen im Tschador, einem bodenlangen schwarzen Umhang mit Kopftuch, die Frauen ermahnen und festnehmen, die das im Iran vorgeschriebene islamisch Kopftuch, den Hidschab, nicht tragen. Die Bilder konnten bislang allerdings nicht unabhängig verifiziert werden.

Laut einem Bericht der reformorientierten Tageszeitung "Schargh" wurden vier Frauen kürzlich dazu verurteilt, "psychologische Lehrgänge zu belegen" und "Krankenhäuser zu reinigen". Außerdem verhängten die Behörden dem Bericht zufolge ein "zweijähriges Fahrverbot" gegen die Frauen.

Sittenpolizei angeblich aufgelöst

Mitglieder der Sittenpolizei in Irans Hauptstadt Teheran hatten die junge Kurdin Mahsa Amini am 13. September wegen eines angeblich nicht ordnungsgemäß getragenen Kopftuchs festgenommen. Drei Tage später starb Amini, während sie sich noch im Polizeigewahrsam befand. Ihr Tod löste im Ende 2022 landesweite Proteste aus, die mittlerweile jedoch wieder abflauten. Dabei wurden mehrere Hundert Menschen, darunter auch Mitglieder der Sicherheitskräfte, getötet und Tausende festgenommen. Sieben Männer wurden wegen ihrer Beteiligung an der Protestbewegung hingerichtet.

Im Dezember wurde die gefürchtete Sittenpolizei, die seit 2006 die Einhaltung der Kopftuchpflicht für Frauen und andere der strikten Bekleidungsvorschriften der strengen Kleiderordnung kontrolliert hatte, nach Justizangaben aufgelöst und verschwand weitgehend aus dem Straßenbild. Immer mehr Frauen gingen seitdem ohne Kopftuch aus dem Haus, vor allem in Teheran und anderen Großstädten.

Gesetzesverschärfung geplant

Doch seit Jahresbeginn verfolgen die Behörden Verstöße gegen die Kleidervorschriften wieder zunehmend strenger mit einer Reihe von repressiven Maßnahmen, darunter Kameraüberwachung im öffentlichen Raum mit Gesichtserkennung und die Schließung von mehr als 150 Geschäften als Strafe.

Im Mai präsentierten Justiz und Regierung einen Gesetzentwurf zur "Stärkung der Hidschab-Kultur und der Keuschheit". Im Text, der eine lebhafte Debatte ausgelöst hat, wird vorgeschlagen, Geldstrafen und andere Sanktionen gegen alle Frauen zu verschärfen, "die ihr Kopftuch in der Öffentlichkeit oder im Internet abnehmen".

Das Gesetz sieht neue und harte Strafen bei Verstößen gegen die Kopftuchpflicht vor - zunächst mehrfache Verwarnungen, etwa per SMS. Dann drohen Geldbußen, Berufsverbote und in Extremfällen sogar Gefängnis. Zur Kontrolle soll vor allem Überwachungstechnik zum Einsatz kommen. Auch online veröffentlichte Fotos, auf denen Frauen ohne Kopftuch zu sehen sind, sollen Konsequenzen haben. Restaurants, Museen oder Einkaufspassagen müssen mit Schließung rechnen, wenn dort gegen die Pflicht zum Verhüllen der Haare verstoßen wird.

Einflussreiche Konservative fordern noch härtere Strafen. Islamische Kleidungsregeln seien eine religiöse Pflicht und Verstöße dagegen keine Ordnungswidrigkeit. Politiker aus dem Reformlager hingegen forderten Lockerungen als Antwort auf die gesellschaftlichen Umbrüche.

Quelle: ntv.de, jwu/AFP/dpa

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