Offene Rechnungen in Indien Iran will Öl-Embargo auskontern
07.02.2012, 18:32 Uhr
Ein Wandgemälde in Teheran zeigt Ayatollah Khomeini.
(Foto: AP)
Iran will, noch vor Inkrafttreten des geplanten Embargos, den Handel mit der EU stoppen. Das Ergebnis ist dasselbe: Bald wird der Iran kein Öl mehr an EU-Staaten verkaufen. Das wird Teheran schwerer treffen, als es die politische Führung zugibt. Schon jetzt hat das Regime Schwierigkeiten, seine Rechnungen zu begleichen.
Der Iran will dem von der EU im Atomstreit beschlossenen Öl-Importembargo mit einem umfassenden Handelsverbot zuvorkommen. Parlamentarier kündigten an, ein Gesetz vorzuziehen, das die Öl-Ausfuhren in die EU bereits vor Inkrafttreten der EU-Sanktionen im Sommer stoppen soll. Die jüngste Verschärfung der US-Finanzsanktionen prangerte die Regierung in Teheran als "psychologische Kriegsführung" an, die jedoch wirkungslos bleiben werde. Möglicherweise haben die Sanktionen des Westens jedoch bereits ernste Folgen für das Land: Der Iran blieb Indien das Geld für 200.000 Tonnen Reis schuldig.
Unter Verweis auf den iranischen Erzfeind Israel sagte der Abgeordnete Mohammed Dschawad Karimi-Koddusi der halbamtlichen Agentur Fars zufolge: "Als Vergeltung für die von den Zionisten unterstützten Schritte europäischer Länder zum Verbot iranischen Öls sind wir bereit, Öl-Exporte in einige EU-Länder zu unterbinden." Ein entsprechender Gesetzentwurf sei fast abgeschlossen. "Dieser wird die Regierung dazu veranlassen, Öl-Exporte in die EU sofort zu stoppen. Das Gesetz wird außerdem die Importe aller Güter aus der EU verbieten", sagte der Abgeordnete Parwis Sarwari. Die Initiative verfüge über eine Mehrheit im Parlament, fügte er hinzu, ohne jedoch ein Datum für die Abstimmung zu nennen.
Das EU-Ölembargo soll im Juli in Kraft treten. Der Iran hatte bereits nach den entsprechenden EU-Beschlüssen am 23. Januar Gegenmaßnahmen in Form von Exportverboten angekündigt. Eine für Ende Januar anberaumte Parlamentsdebatte über das Thema wurde jedoch verschoben.
Iran übt sich in Gelassenheit
Den USA warf der Iran wegen der jüngsten Verschärfung der Sanktionen ein "antagonistisches" Verhalten vor. "Dies ist nichts Neues, das geht bereits seit über 30 Jahren so", erklärte ein Sprecher des Außenministeriums und bezog sich dabei auf die seit mehr als drei Jahrzehnten anhaltenden Spannungen zwischen den beiden Ländern.
Die USA hatten kurz zuvor ihre Sanktionen gegen den Iran verschärft. Dem US-Finanzministerium zufolge können nun die Vermögenswerte aller iranischen Ministerien und staatlicher Einrichtungen eingefroren werden. Betroffen sei auch die Notenbank, die für die Einkünfte aus den Ölgeschäften des Landes zuständig ist. Mit den Sanktionen wollen die USA den Iran zwingen, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und eine diplomatische Lösung des Atomstreits zu suchen. Der Iran bestreitet den Verdacht der Staatengemeinschaft, Atomwaffen zu entwickeln. Es weigert sich aber beharrlich, sein gesamtes Atomprogramm offenzulegen.
Reishändler befürchten weitere Ausfälle
Ungeachtet der iranischen Haltung könnte die Bevölkerung des Landes die Sanktionen schon bald zu spüren bekommen: Der Iran konnte seinem wichtigsten Reislieferanten Indien nach Angaben von Exporteuren zuletzt mit 200.000 Tonnen Reis ein Sechstel seiner jährlichen Gesamteinfuhren nicht bezahlen. Die indischen Händler hätten deshalb in den Monaten Oktober und November 2011 Zahlungsausfälle von 144 Millionen Dollar erlitten, sagten Betroffene.
"Das ist eine ernste Angelegenheit, und wir schließen weitere Ausfälle aus dem Iran nicht aus", sagte der Chef des Verbands der Reisexporteure, Vijay Setia. Seine Organisation habe die indische Regierung um Hilfe gebeten. Der Iran bezieht rund 70 Prozent seines jährlichen Bedarfs von bis zu 1,2 Millionen Tonnen Reis aus dem südasiatischen Schwellenland.
Quelle: ntv.de, rts