Referendum über EU-Reform Iren bestimmen Europas Zukunft
02.10.2009, 07:50 Uhr
Plakate säumen die Straßen Dublins.
(Foto: AP)
Die EU zittert noch vor dem Urteil der Iren beim Referendum über den Vertrag von Lissabon - doch wenn es nach den Buchmachern geht, können sich die EU-Befürworter entspannen: Denn demnach wird die große Mehrheit der Iren den Reformvertrag befürworten. Beim Wettanbieter William Hill standen am Freitag die meisten Wetten dafür, dass 60 bis 65 Prozent der Iren für den Vertrag stimmen. "Es sieht so aus, als hätte die Ja-Seite beim zweiten Mal Glück", sagte der Irland-Sprecher von William Hill, Tony Kenny, in Dublin.
Wiederholung ausgeschlossen
Irland stimmt zum zweiten Mal innerhalb von 16 Monaten über den Vertrag von Lissabon ab. Bei dem Referendum sind gut drei Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, über das EU-Reformwerk und damit über die Zukunft der Europäischen Union zu entscheiden. Sollten die Iren nach der Ablehnung vom Juni 2008 erneut mehrheitlich mit Nein stimmen, gilt die EU-Reform als gescheitert. Ein drittes Referendum schließt die irische Regierung aus. Für das Inkrafttreten des Vertrags ist die Zustimmung aller 27 Mitgliedsstaaten erforderlich. Die Stimmen werden erst am Samstag ausgezählt.

Ministerpräsident Cohen unterstützte das Ja-Lager.
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Letzte Umfragen sahen einen Vorsprung für die Befürworter des Vertrags, der von allen großen Parteien und Wirtschaftsvertretern unterstützt worden war. Da jedoch zahlreiche Iren noch bis zuletzt unentschlossen waren, gilt ihr Sieg nicht als sicher. Ministerpräsident Brian Cowen warb bis zuletzt um Zustimmung: "Es sind harte Zeiten und Irland braucht ein Europa, das besser arbeitet, um uns zu helfen."Das Ja-Lager warnte davor, dass ein neuerliches Nein irische Arbeitsplätze zerstören würde. Die Vertrags-Gegner warnten vor einem EU-Superstaat und dem Verlust von politischer Eigenständigkeit.
Kaczynski will nachziehen
Der polnische Präsident Lech Kaczynski will im Falle eines positiven Ausgangs des Referendums in Irland den EU-Reformvertrag nicht länger blockieren. Das kündigte Präsidentensprecher Pawel Wypych in der Zeitung "Dziennik Gazeta Prawna" an. Er könne kein genaues Datum nennen, der Präsident werde das aber "unverzüglich" nach Bekanntgabe offizieller Ergebnisse tun, sagte Wypych. Unverzüglich bedeute "in der kommenden Woche", erläuterte der Minister in der Präsidentenkanzlei.
Wypych betonte, Polen sei mit dem ausgehandelten Kompromiss über das Reformwerk zufrieden. Mit der Verschiebung seiner Entscheidung wollte Kaczynski nur betonen, dass es in Europa keine "wichtigeren und weniger wichtigen" Länder gebe. "In der EU sind alle Nationen gleich und es kann nicht sein, dass ein kleines aber heldenhaftes Volk, dessen Schicksal dem polnischen ähnelt, unter Druck gesetzt wird", so Wypych.

Polens Präsident Kaczynski ist offenbar bereit, seine Blockadehaltung aufzugeben.
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Beide Kammern des polnischen Parlaments hatten den EU-Reformvertrag bereits im vergangenen Jahr bestätigt. Trotz zahlreicher Appelle aus Polen und dem Ausland verweigerte Kaczynski bisher seine Unterschrift. Polen ist neben Irland und Tschechien das einzige EU-Land, wo das Ratifizierungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist.
Der Lissabon-Vertrag soll die EU zu schnelleren Entscheidungen fähig machen, den nationalen Parlamenten und dem Europaparlament mehr Rechte geben und die Union zu einem wichtigen außenpolitischen Akteur machen. Im Juni 2008 hatten die Iren bei einer ersten Volksabstimmung den EU-Vertrag durchfallen lassen. Damals stimmten 53,4 Prozent mit Nein und 46,6 Prozent mit Ja.
Quelle: ntv.de, dpa/rts