Rumpfregierung bringt Sparetat durch Irland kurz vor Neuwahlen
26.01.2011, 20:45 Uhr
Eine gute Zeit wird kommen, auch wenn sie noch weit entfernt ist, sagt das Schild.
(Foto: REUTERS)
In Irland stehen die Zeichen schon seit Wochen auf Neuwahlen. Derzeit fallen die letzten Entscheidungen im Parlament, Ministerpräsident Cowen arbeitet mit einer Rumpf-Regierung auf Abruf. Seine Partei Fianna Fáil sortiert sich bereits neu.
Der irische Ministerpräsident Brian Cowen steht mit dem Rücken zur Wand. Bei Abstimmungen im Parlament ist er auf unabhängige Abgeordnete angewiesen, seine politische Karriere ist beendet, und tritt nur noch einer seiner Minister zurück, entspricht das, was von seiner Regierung übriggeblieben ist, nicht mehr den Vorgaben der irischen Verfassung - sieben Minister muss ein Kabinett mindestens umfassen. Genau so viele sind ihm geblieben.
Dennoch gewann die Regierung eine entscheidende Abstimmung über ihren Sparhaushalt. Zwei unabhängige Abgeordnete sicherten Cowen die Mehrheit. Wäre die Abstimmung verloren gegangen, hätte es sofort Neuwahlen geben müssen.
Auch die Grünen, die kürzlich die Koalition verlassen hatten, stimmten für den hoch umstrittenen Haushalt. Er bringt Rekord-Einsparungen in Höhe von 15 Milliarden Euro und ist eine Voraussetzung für Hilfen von Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds. Die Opposition aus der christdemokratischen Fine Gael, der sozialdemokratischen Labour-Partei und der links-republikanischen Sinn Féin lehnten den Haushalt ab.
Neuwahlen wahrscheinlich am 25. Februar
Cowen und seine Partei Fianna Fáil werden für die irische Immobilienkrise und die immense Verschuldung des Landes verantwortlich gemacht. Der Ministerpräsident hatte die Auflösung seiner Regierung zugesagt, sobald der Haushaltsplan von beiden Kammern des Parlaments abgesegnet ist. Die Abstimmung im Senat soll am Samstag stattfinden. Damit wäre der Weg frei für Neuwahlen am 25. Februar.
Für Fianna Fáil dürfte diese Wahl den Abschied von der Macht bringen. Die Partei regiert in Irland seit 1932 mit nur wenigen Unterbrechungen. Die Partei sieht sich selbst als politische Mitte. Ihre Abgeordneten im EU-Parlament gehörten bis 2009 zur nationalkonservativen "Union für ein Europa der Nationen". Heute sind die drei Abgeordneten von Fianna Fáil Teil der Fraktion der Liberalen.
Fianna Fáil hat neuen Chef
In den Wahlkampf geht Fianna Fáil mit einem neuen Vorsitzenden: Ex-Außenminister Micheál Martin, der noch vor gut einer Woche mit dem Versuch gescheitert war, Cowen mit Hilfe einer parteiinternen Vertrauensabstimmung aus dem Amt zu drängen. Danach startete der Ministerpräsident eine Kabinettsumbildung, die missglückte. Nach zahlreichen Ministerrücktritten gab Cowen sein Amt als Parteivorsitzender auf. Martin deutete bereits an, dass er seine Partei reformieren und ihr ein neues Image verpassen will. Beides wird Fianna Fáil auch dringend brauchen: In Umfragen liegt die Partei nur noch bei 8 Prozent.
Als Favoriten für die Bildung einer neuen Regierung gehen Fine Gael und Labour ins Rennen. Eine Gruppe von Unabhängigen versucht derzeit, eine starke Gruppierung im Parlament zu bilden, um den Fine-Gael-Vorsitzenden Enda Kenny zum Chef einer wirtschaftsfreundlichen Regierung zu machen.
Quelle: ntv.de, hvo/AFP/dpa