Politik

Ausschreitungen in Ägypten Islamist stirbt vor Parteizentrale

Bei massiven Protesten in Ägypten stirbt ein junger Islamist. Grund für die schweren Zusammenstöße zwischen Anhängern und Gegnern von Mohammed Mursi sind Dekrete, die den Präsidenten über die Justiz stellen. Zum Ausräumen der "Unstimmigkeiten" will sich Mursi jetzt mit Justizvertretern treffen.

In Ägypten treffen Anhänger und Gegner von Präsident Mohammed Mursi in massiven Tumulten aufeinander.

In Ägypten treffen Anhänger und Gegner von Präsident Mohammed Mursi in massiven Tumulten aufeinander.

(Foto: REUTERS)

Ägyptens Präsident Mohammed Mursi will sich am Montag mit Vertretern des Obersten Gerichtsrats treffen, um Unstimmigkeiten über seinen umstrittenen Machtausbau aus dem Weg zu räumen. Das berichteten staatliche Medien. Das Präsidialamt hatte am Sonntag nach den massiven Protesten gegen Mursis Dekrete bekräftigt, diese seien nur vorübergehend gültig. Gewünscht sei zudem ein Dialog mit allen politischen Kräften.

Der Oberste Gerichtsrat, der gegen Mursis Anordnungen Sturm gelaufen war, signalisierte Gesprächsbereitschaft. Die oberste Justizbehörde des Landes appellierte zudem an die in ihrem Zorn über Mursis jüngsten Schritt streikwilligen Richter, ihre Arbeit fortzusetzen. Sowohl Anhänger als auch Gegner von Mursi haben für Dienstag zu großen Demonstrationen aufgerufen.

Das Treffen folgt auf schwere Zusammenstöße zwischen Anhängern und Gegnern Mursis vor der Zentrale der islamistischen Muslimbruderschaft am Sonntagabend. Nach Angaben eines führenden Vertreters der Muslimbrüder, Dschamal Hischmat, wurde ein junger Islamist dabei getötet. Die Zentrale liegt in der Stadt Damanhour südlich von Alexandria. Augenzeugen berichteten, Gegner Mursis hätten sie zu stürmen versucht. Beide Seiten hätten sich mit Steinen, Schlagstöcken und Molotowcocktails bekämpft. Dutzende Anhänger beider Lager wurden nach Krankenhausangaben verletzt.

Unterstützung erhält Präsident Mohammed Mursi von der Muslimbruderschaft sowie radikalislamischen Salafisten.

Unterstützung erhält Präsident Mohammed Mursi von der Muslimbruderschaft sowie radikalislamischen Salafisten.

(Foto: Reuters)

Der aus der Muslimbruderschaft hervorgegangene Präsident hatte sich am Donnerstag selbst weitreichende Vollmachten erteilt. Unter anderem stellte er sich über die Justiz und bestimmte, dass die von Islamisten dominierte verfassunggebende Versammlung und das Oberhaus gerichtlich nicht aufgelöst werden dürfen. Seitdem droht dem Land die Spaltung: Zahlreiche Richter traten in den Streik, auch die Journalistengewerkschaft rief zum Generalstreik auf. Die Journalisten wollen mit der Arbeitsniederlegung gegen die fehlenden Garantien der Pressefreiheit im aktuellen Entwurf der neuen ägyptischen Verfassung demonstrieren.

Die von Islamisten dominierte Verfassungsversammlung sieht sich scharfer Kritik ausgesetzt, weil sie die Einführung einer strikten Form der Scharia durchsetzen will, wichtige Grundrechte in ihrem Entwurf hingegen ignoriert. Gegen die Kommission sind mehrere Klagen bis hin zum Verfassungsgericht anhängig, doch hatte Präsident Mohammed Mursi am Donnerstag per Verfassungserklärung bestimmt, dass die Verfassungsversammlung gerichtlich nicht mehr aufgelöst werden darf.

Gleichzeitig entzog Mursi seine gesamten Entscheidungen und Maßnahmen der Überprüfung durch die Justiz. Die neue Machtfülle des islamistischen Präsidenten spaltet das Land, sowohl Gegner wie auch Anhänger Mursis riefen zu Kundgebungen auf. Auch während der Sitzung der Journalistengewerkschaft kam es zwischen Anhängern beider Lager zu Handgreiflichkeiten.

Die Anhänger des Präsidenten argumentieren, Mursi habe die derzeitige Lähmung des verfassunggebenden Prozesses beenden wollen, damit das Land so rasch wie möglich eine neue Verfassung und ein neues Parlament bekommen werde. Die alte Verfassung aus der Ära des früheren Machthabers Husni Mubarak gilt nicht mehr, das von den Islamisten dominierte Parlament wurde im Juni vom damaligen Obersten Militärrat aufgelöst. Der bisherige Zeitplan sieht nach einem Referendum über den neuen Verfassungsentwurf die Neuwahl des Parlaments vor. Nach Verabschiedung der neuen Verfassung sollen auch Mursis Dekrete ihre Gültigkeit verlieren.

Angesichts der Tumulte bemühte sich Mursi am Sonntag um eine Entschärfung der Situation. In einer Erklärung bekräftigte der Präsident, dass die umstrittenen Dekrete nur vorübergehend gültig seien. Sie seien notwendig gewesen, um das Ende zweier "demokratisch gewählter Institutionen" zu verhindern und endeten mit der Wahl eines neuen Parlaments. Gleichzeitig rief Mursi alle politischen Kräfte zu einem "demokratischen Dialog" auf, um einen "nationalen Konsens" zur künftigen Verfassung zu finden.

Quelle: ntv.de, ida/AFP/dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen