Opfer der Finanzkrise Islands Regierung am Ende
26.01.2009, 15:03 UhrAls erste Regierung weltweit ist die isländische Regierung an den Folgen der Finanzkrise zerbrochen. Nach Krisengesprächen wollte Ministerpräsident Geir Haarde noch am Montag seinen Rücktritt bei Präsidenten Olafur Ragnar Grimsson einreichen. Gemäß der Verfassung muss dieser nun eine Regierung mit einer Mehrheit im Parlament finden.
Ein Mandat zur Regierungsbildung werde er aber frühestens am Dienstag einer Partei übertragen, sagte Grimsson. Erst wollte er sich noch mit allen Parteichefs treffen. Die politische Lage zeigte sich aber noch unübersichtlich. Alle Parteien versuchten sich, für die Nachfolge Haardes in Stellung zu bringen.
Monatelange Proteste
Der Inselstaat musste vor wenigen Wochen wegen der Finanzkrise mit internationaler Hilfe vor einem Staatsbankrott gerettet werden. Seit Oktober kam es regelmäßig zu Protesten gegen die Regierung. Vereinzelt gab es dabei auch gewaltsame Auseinandersetzungen. Vergangene Woche setzte die isländische Polizei dabei erstmals seit 1949 Tränengas ein.
Nach mehreren ergebnislosen Treffen am Wochenende hatten sich beide Koalitionspartner - Haardes konservative Unabhängigkeitspartei und die Sozialdemokratische Allianz - zu getrennten Gesprächen getroffen. Er hätte eine Fortsetzung der Koalition für die beste Lösung gehalten, sagte Haarde zu Journalisten. Dies sei aber nicht möglich.
Gisladottir nimmt Auszeit
Außenministerin Ingibjorg Gisladottir, die als aussichtsreichste Kandidatin für die Nachfolge Haardes auf den Posten des Regierungschefs galt, kündigte an, dass sie nicht nach dem Amt strebe. Die Chefin der Sozialdemokraten wollte sich nach eigenen Angaben erst einmal eine Auszeit von ein oder zwei Monaten nehmen. Sie musste sich in der vergangenen Woche in Schweden wegen eines Gehirn-Tumors behandeln lassen. Gisladottir schlug stattdessen am Montag Sozialministerin Johanna Sigurdardottir vor.
Dies brachte nach den Worten Haardes das Fass zum Überlaufen. Er kündigte an, sich bei der Opposition über die Möglichkeit der Bildung einer nationalen Einheitsregierung zu erkundigen, die - wie er hoffte - von einem Mitglied seiner Partei geführt werden könnte. Der Politiker hatte zuvor Parlamentswahlen für den 9. Mai vorgeschlagen. Bis dahin wollte er das Land weiter führen. Wegen einer Krebserkrankung will er aber nicht mehr antreten.
Linksruck wahrscheinlich
Seine Unabhängigkeitspartei ist seit dem Ausbruch der Finanzkrise in Meinungsumfragen abgestürzt. Experten erwarten, dass es bei Wahlen zu einem Linksruck kommen wird und die oppositionellen linken, grünen und progressiven Parteien zulegen werden. Die Unabhängigkeitspartei regiert das Land mit verschiedenen Koalitionspartnern seit 17 Jahren.
Island wurde besonders hart von der Finanzkrise getroffen, da die Banken des Landes in großem Umfang risikoreiche Geschäfte eingegangen waren. Die nationale Währung verlor an Wert, das Finanzsystem brach zusammen und die Regierung verstaatlichte die größten Banken. Auf der rund 300.000 Einwohner zählenden Insel im Nordatlantik lasten Milliarden-Schulden.
Quelle: ntv.de